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Der zwölfte Mann

Der zwölfte Mann

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Was der Sepp Herberger sagt, ist Gesetz. „Das nächste Spiel ist immer das schwerste“ ist nur ein Beispiel. Über einen seiner engsten Mitarbeiter sagte Herberger einst: „Er ist der zwölfte Mann!“ Erich Deuser, der langjährige Masseur der Nationalmannschaft, starb vor 15 Jahren an einem Krebsleiden.

Da wären die Bücher, die Erich Deuser geschrieben hat. Da sind die Erinnerungen, die Erich Deuser an 31 Jahre Nationalmannschaft hat. Und da ist sein Vermächtnis an die Sportlerwelt: das Deuser-Band. Ein Leben voller Fitness, ein Leben voller Gesundheit, ein ganzes Leben Sport.

1910 herrscht noch Kaiser Wilhelm II. in Deutschland, als Erich Deuser geboren wird. Deusers Heimatstadt ist Düsseldorf, schon früh tummelt er sich auf den Sportplätzen der Stadt. Gymnastik, Turnen – später Fußball und Leichtathletik bei TuRU Düsseldorf; so ganz entscheiden kann er sich nicht für eine Sportart. Später findet Erich Deuser auch Handball noch ganz toll – und wechselt zum VfB Eintracht Düsseldorf. 1931, mit 21, sucht er einen passenden Beruf. Er besucht die Massageschule und besteht das Examen mit der Note „sehr gut“. 1935 ist er 25,findet er einen passenden Arbeitgeber: Bei Fortuna Düsseldorf wird er Sportmasseur. Seine Karriere in der Sportmedizin endet vorerst mit Beginn des Zweiten Weltkrieges. Erich Deuser erlebt den Krieg als Soldat an der Ostfront. Er erkrankt in Russland schwer, ist 13 Monate gelähmt und widmet sich ausschließlich seinem Beruf. Er beschäftigt sich mit Verbesserungsmöglichkeiten in der Rehabilitation, alternativen, neuen Methoden.

Und findet sie. Der Krieg geht zu Ende, Deuser kehrt nach Düsseldorf zurück und eröffnet ein Kurbad mit Sauna. 1951 trifft er den Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger. Der holt Erich Deuser sofort zur Nationalmannschaft – da ist Deuser 41. Der Masseur aus Düsseldorf ahnt noch nicht, dass er bis ins Rentenalter bei Fußballprofis bleibt. Dass unter seinen Händen Toni Turek, Uwe Seeler, Gerd Müller, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus entspannen und gesunden. Fußball(er)-Generationen. 1954 und 1974 darf sich auch Deuser „Fußball-Weltmeister“ nennen. Bei 303 Länderspielen und acht Weltmeisterschaften steht er stets einsatzbereit an der Seitenlinie. Er ist fleißig, stets freundlich und hilfsbereit, er ist der „Mann mit dem Koffer“.

Doch nicht nur mit Hilfe seines Koffers hilft Deuser den Profis. 1954 setzt er die Unterwassermassage ein, 1966 bei einer Oberschenkelverletzung von Horst-Dieter Höttges einen Fahrradschlauch. Aus dieser Idee entwickelt er das berühmte „Deuser-Band“ – ein aus Kautschuk hergestelltes, ringförmig geschlossenes, dickes Band. Zweck: Training der Muskulatur, geeignet zu Dehnungszwecken, im Ausdauertraining und bei der Rehagymnastik und der Physiotherapie. Inzwischen ist das Deuserband in der 2.0-, 3.0- und 4.0-Version erhältlich. Es gibt verschiedene Widerstandsstufen, unterschiedliche Farben, Bänder mit Handgriffen, bücherweise Übungen für alle Muskelgruppen.

Die Zugstärke verdoppelt sich, wenn das Band doppelt gefasst wird – undsoweiter. Einige Hersteller bieten Bänder von der Rolle an. Die Länge kann vom Kunden selbst bestimmt werden. Neuartige Latexbänder sind auch zwei bis drei Meter lang und nicht geschlossen. „Kleinstes Fitnessstudio der Welt“ werden diese Bänder genannt. Ein Übungsbeispiel: In die Hocke gehen und die Knie auseinanderdrücken. Ganz einfach? Aber nicht mit einem Band, das um die Schenkel gewickelt ist. 2006 war das vor der WM eine Übung der deutschen Fußball-Elf.

Erich Deuser erlebte das nicht mehr mit. Er starb 1993 im Alter von 83 Jahren an Krebs. Deuser hinterließ außer dem Band mehrere Bücher, zum Beispiel „Die Gesundheitsfibel“, „Schnell wieder fit“, „Das Deuser-Buch für gesunde und verletzte Sportler“. Grund genug für eine große Stadt in NRW, eine neue Straße „Erich-Deuser-Straße“ zu nennen.

Diese Stadt ist Düsseldorf, denken Sie? Falsch gedacht. Es ist Köln.