Die Top-Klubs der europäischen Ligen fühlen sich bei der Planung eines neuen Terminkalenders vom Weltverband übergangen. Ein Gespräch mit Wolfgang Brenscheidt, Generalsekretär des Deutschen Basketball Bundes, über ein Reizthema.
Hagen.
Weltverband gegen Top-Klubs: Auf welcher Seite stehen Sie?Wolfgang Brenscheidt: Ich stehe auf der Seite des Basketballs. Was der Weltverband beabsichtigt, beruht auf weltweiten Analysen im Bereich von Public Relations und Marketing. Es geht darum, den Basketball weltweit besser zu positionieren, um Wachstum zu erzeugen.
Wie soll das geschehen?
Brenscheidt: Es gibt im Basketball keinen weltweiten Wettkampfkalender wie in anderen Sportarten. Beim Fußball ist klar: Am Wochenende spielt die Bundesliga, am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag finden zumeist die Spiele in europäischen Wettbewerben statt. Es geht darum, das Termin-Chaos zu beseitigen und Planungssicherheit für Spieler, Teams, Zuschauer und Fernsehsender zu gewährleisten.
Warum gibt es diese bislang nicht?
Brenscheidt: Alle wollen wachsen, aber jeder für sich.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Brenscheidt: Die Euroleague, die europäische Königsklasse, wird immer größer und hat immer mehr Spiele. Sie drängt mit ihren Spielterminen extrem Richtung Wochenende, weil sie sich mehr Zuschauer in der Halle und höhere Fernseheinnahmen verspricht. Damit nimmt sie aber immer mehr Einfluss auf nationale Spielbetriebe, weil dort die angesetzten Spiele wieder verlegt werden müssen.
Warum darf die Euroleague das?
Brenscheidt: Wir, also der Deutsche Basketball-Bund, sind Mitglied des europäischen Verbandes und des Weltverbandes. Auf der Basis dessen wird der Wettkampfbetrieb geregelt mit allen Rechten und Pflichten. Es gibt aber keine vertragliche Vereinbarung zwischen der Euroleague und den großen internationalen Verbänden.
Ziel dieses koordinierten internationalen Spielplans ist auch, weitere Zeitfenster für die Nationalmannschaft zu generieren. Bislang gibt es eines im Spätsommer zwischen den Saisons, zukünftig sollen EM- und WM-Qualifikationsspiele nicht nur im Juni und September stattfinden, sondern zusätzlich im November und März.
Brenscheidt: Es herrscht eine große Sorge der Vereine, dass Nationalmannschaftstermine unverhältnismäßig aufgebläht werden, dass Terminfenster eingeführt werden, in denen Vereine ihre Spieler für zweieinhalb Wochen abstellen müssen. Das ist nicht der Plan.
Sondern?
Brenscheidt: Es geht um zwei zusätzliche Unterbrechungen in der Saison für jeweils etwa neun Tagen. Das würde zwei weitere Wochenenden des nationalen Spielbetriebs betreffen. Mit dem entsprechenden Willen aller Beteiligten sollte sich das umsetzen lassen. Von 198 Verbänden haben 198 dafür gestimmt. Der Basketball ist die einzige Sportart, die sich bislang den Luxus leistet, seine Nationalmannschaft zehn Monate lang unter Verschluss zu halten. Das ist unsinnig.
Können Sie die Vereine verstehen, die dagegen aufbegehren?
Brenscheidt: Mit der Liga sind wir im ständigen Austausch. Sie wäre gern früher in die Planungen mit einbezogen worden, aber das ist schwierig bei einem globalen Projekt wie diesem. Da kann man nicht vom ersten Moment an jede nationale Liga mit ins Boot holen. Europa ist ohnehin die größte Herausforderung: 52 Länder, die nationale Spielbetriebe unterhalten und drei gut funktionierende europäische Wettbewerbe aufweisen. Das ist eine Fülle an Wettbewerben.
In die dann noch Länderspiele gepresst werden sollen…
Brenscheidt: Wir sind auf diese weltweite Systematik angewiesen, um den Basketball weltweit besser zu positionieren. Dass das in einzelnen Märkten zu Schwierigkeiten führen kann, ist klar. Aber wir alle haben eine Verantwortung für die Sportart und jeder sollte versuchen, das Gute zu sehen. Der Deutsche Basketball Bund hat kein Interesse daran, das Ziel der Liga, bis 2020 die stärkste Liga Europas zu sein, zu gefährden. Wir wollen unsere Spitzenklubs in den europäischen Wettbewerben schützen und verhindern, dass sie 24 Stunden nach einem Freitagsspiel in der Euroleague schon wieder irgendwo Bundesliga spielen müssen. Wir wollen lediglich die Nationalmannschaft als zusätzlichen Motor benutzen, um in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu gelangen.
Es gab auch schon die Androhung eines Boykotts der Vereine. Wie realistisch ist das?
Brenscheidt: Ausschließen will ich das nicht, aber was hilft das der Sportart? Ob es wert ist, solche Szenarien einzugehen, bezweifle ich. Wir sollten im Dialog bleiben. Es ist ein schwierige Prozess, in dem wir das große Ganze im Auge behalten sollten.