Heute war ein Freund von mir zu Besuch. Nachdem ihr diese Kolumnen gelesen habt, kennt ihr ihn, aber ich will nicht sagen, wer es ist.
Vielleicht wäre es ihm nämlich ein wenig peinlich, denn als er ging, hinterließ er eine offene Seite auf meinem Netbook: „Sex-Expertin Alexandra Gentara (36) erklärt: „Warum fallen Frauen auf Mistkerle rein“. Überflüssig zu erwähnen, dass dieser seriöse Leitfaden auf Bild.de erschien. Ich hab gelesen, was Alexandra G. (HiHi, G-Punkt) zu sagen hatte. Leider hat es mir nicht geholfen. Weder bin ich ein Mistkerl, noch tendieren Frauen dazu, auf mich reinzufallen. Was schade ist. Egal. Jedenfalls sehe ich in letzter Zeit ständig irgendwelche Ratgeber. Beziehungen, Job, Diät, Muskeln, Geld, Pimmelgröße. Überall melden sich Experten mit Rat zu Wort. Man kann ja wirklich den Eindruck gewinnen, jeder Zweite leide an sonderbaren Komplexen. Ich glaube, das ist so ein Selbsterhaltungstrieb der Medien. Erst wird den Leuten suggeriert, sie wären nicht perfekt genug. Das passiert, weil dürre Photoshop-Models auf den Covers das Schönheitsideal vorgeben. Die dann wiederum nur mit Doofköpfen wie Christiano Ronaldo halb nackt auf Jachten fotografiert werden. Und dann, wenn man das Gefühl hat, genetische Ausschussware zu sein, holen die Medien ihre Experten aus dem Hut. Die erklären einem dann, wie man seine Komplexe wieder los wird. Deshalb liest man den Kram.
Ich könnte ja jetzt so tun, als wäre ich empört. Bin ich aber nicht. Das ist nämlich eine saugeile Idee! Wie immer, wenn jemand mit einer Idee steinreich wird, ärgere ich mich, wieso nicht ich diese Idee hatte. „Social Network“ könnte die Geschichte des Nils Bomhoff sein. Oder „Youporn“. Deshalb nehme ich einfach mit dem Zweitbesten vorlieb: Die Idee klauen.
Zuerst: der Komplex
In diesem Fall heißt das: ich ratgebe. Erst muss ich einen Komplex aufbauen. Das ist ganz einfach. Denn seien wir mal ehrlich: Wir sind doch alle Nerds. Wir kennen hundert Internetadressen, aber nicht unsere eigene Postleitzahl. Wir hängen den halben Tag im Chat, aber wenn wir mit Fremden reden sollen, stirbt das Gespräch den plötzlichen Kindstod. Wir denken, Videospiele sind cool. Bis wir zum ersten Mal mit einer echten Frau plaudern. Dann schämen wir uns. Man muss ganz ehrlich bilanzieren: Die Evolution hat sich in uns geirrt.
So, der Komplex sollte jetzt vollständig ausgeprägt sein. Kommen wir zum Ratgeber. Dazu schreibt mir bitte ein E-Mail mit dem Betreff: „Hilfe Nils, du bist meine letzte Hoffnung und ich finde dich außerdem sehr attraktiv“. Für lächerliche 9,98 Euro bekommt ihr eine immens wertvolle Antwort. Nicht nur für euch selbst. Sie ist auch übertragbar und hat damit einen hohen Wiederverkaufswert! Haha! Scherz! Natürlich kostet der Rat mal rein gar nichts. Er ist absolut umsonst. Ich mache mal schnell einen Absatz.
Toll, so ein Absatz. Ich glaub ich mache noch einen!
Weiter im Text. Ihr seid jetzt also ein komplexbeladener Nerd. Ihr lernt eine Frau oder einen Mann kennen. Fragt mich nicht wie, jedenfalls nicht im Internet. Im Internetcafé vielleicht. Das würde gehen. Ihr seid in der Kennenlernphase. Die Frau kommt zum ersten Mal zu euch nach Hause. Sie entdeckt eure Videospielsammlung. Sie ist ein wenig besorgt über diesen Fund. Aber sie mag euch ja eigentlich und deshalb fragt sie nach: „Oh, du stehst auf Computerspiele?“ und ignoriert dabei, dass es Konsolenspiele sind, die sie gefunden hat. Wenn die Frau Potenzial hat, will sie jetzt was gezeigt bekommen. Und nun kommt der entscheidende Moment! Das erste Spiel ist immer das Wichtigste. Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck! Ihr müsst unter allen Umständen einen Titel auswählen, für den die Frau sich begeistern lässt. Dabei kommt es nicht darauf an, welches Game ihr gerade zockt. Oder was euer All-Time-Favorit ist. Es muss der Frau gefallen! Jemand, der nie zockt, ist mit den Mechanismen eines Spiels nicht vertraut. Die Gesetzmäßigkeiten, die wir intuitiv verstehen und auf neue Titel anwenden können, sind der Frau völlig unbekannt.
Einfach Eyecandy
Es gibt nur zwei Kategorien, die als Erstkontakt infrage kommen: einfach und Eyecandy. Einfach sind Spiele wie Singstar oder fast alles auf der Wii. Leicht zu lernen, leicht zu meistern. Ohne Tiefgang aber mit Instant-Spaß. Wo die Frau direkt mitmachen kann und nicht das Gefühl bekommt, überfordert zu sein. So kann man sie einbinden und begeistern.
Die andere Möglichkeit ist Eyecandy. Dazu zählen Games, deren Grafik so beeindruckend ist, dass die Frau von der schieren Pracht in den Bann gezogen wird. Im Idealfall benötigt man noch ein leicht zugängliches Setting, in dem die Frau Verknüpfungen zu ihrer Wirklichkeit herstellen kann. Rockstar-Spiele sind dafür perfekt. GTA4 oder Red Dead Redemption etwa.
Hat sie Videospiele im Allgemeinen erstmal akzeptiert, muss man das Pensum langsam steigern und zu anspruchsvolleren Titeln übergehen. Aber nichts überstürzen. Einen Schritt nach dem Nächsten! Sonst verschreckt ihr eure Eroberung. Wenn ihr es richtig macht, wird die Frau, ohne es recht zu merken, bald selbst zum Nerd. Und euer zweiter Controller kommt endlich mal zum Einsatz. Denn die Frau sitzt neben euch und spielt mit!
Ja, ihr könnt euch jetzt ruhig bei mir bedanken. Oder vielleicht auch bei Simon, ohne den … Shit, ich wollte ja den Namen nicht … egal. Jedenfalls: Bitte schön und auf Wiedersehen!
Weitere Themen:
- Warum in die Ferne schweifen?
- Gehirn-Gespräch – Heute: Starcraft 2
- GameOne-Website