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Service für Senioren – mit der Rikscha zum Lieblingsort

Radeln ohne Alter – mit der Rikscha zum Lieblingsort

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In Berlin fährt Calle Overweg von der dortigen Initiative „Radeln ohne Alter“ als ehrenamtlicher Rikscha-Fahrer Senioren durch ihren Stadtteil. Ein ähnliches Projekt starten hier die Stadt Essen und die Diakonie im Frühjahr 2016. Foto: picture alliance / dpa
Senioren, die nur schwer oder gar nicht mehr gehen können, werden bald in Essen auf einer Rikscha-Fahrt zu Orten gebracht, die sie besonders mögen.

Essen. 

Ole Kassow war es, der mit seiner Rikscha etwas ins Rollen brachte, was er sich damals nie hätte vorstellen können. Vor zwei Jahren bot der Däne der Pflegerin eines Kopenhagener Altenheimes an, Bewohner, die nur schwer oder gar nicht mehr gehen können, kostenlos zu einer Stadtrundfahrt in seiner Rikscha mitzunehmen. Die Alten waren begeistert.

Sie erzählten auf der Tour von ihrem Leben, von ihren Erinnerungen, sie sahen die schönen Plätze, wo sie sich früher immer trafen. Sie waren mitten in der Stadt, sie fühlten sich wie mitten im Leben. Aus dieser Initiative wurde eine regelrechte Bewegung mit dem Titel „Radeln ohne Alter“ , an der inzwischen zahlreiche Städte und Gemeinden in Dänemark, aber auch in anderen Ländern teilnehmen und auch bereits in Berlin Freiwillige für die Senioren in die Pedale treten. Und jetzt kommt in Essen Schwung in die Sache.

Mit E-Rikschas können Senioren künftig durch Essen fahren

In wenigen Monaten will die Stadt gemeinsam mit der Diakonie hier das NRW-weit erste Rikscha-Projekt für mobilitätsbehinderte Senioren starten – am Niederfeldsee, direkt an der Fahrradtrasse Rheinische Bahn.

Die Idee dafür hatte Matthias Sinn, Leiter des Essener Umweltamtes. Als er im Finale um die Grüne Hauptstadt Europas 2016 im Sommer 2014 nach Kopenhagen kam (damals errang Essen den zweiten Platz), ließ er sich von Ole Kassow und seiner Rikscha-Offerte sofort inspirieren. „Ich war begeistert. Ich wollte das auch für Essen. Da klebt mein Herzblut dran“, sagt er. Er will hier Senioren, die kaum noch aus dem Haus oder dem Heim kommen, die Möglichkeit geben, „wieder Orte zu sehen, die sie sonst in ihrem Leben nicht mehr sehen würden.“ Beliebte Plätze in deren Stadtteil, Parks, Sehenswürdigkeiten, Orte, die die Alten mögen und die mit der Rikscha zu erreichen sind. „Auf so einer Fahrt werden soziale Kontakte geknüpft und viele Geschichten erzählt“, glaubt Sinn, der das Motto der dänischen Initiative übernommen hat und auf das Recht für Hochbetagte pocht, „den Wind in den Haaren spüren zu dürfen.“

Nun ist Essen nicht so flach wie Kopenhagen. „Unsere Topographie ist ein Problem“, weiß Sinn. Mit normalen Rikschas kommt man hier nicht jeden Hang hoch. Deshalb macht die städtische Klimawerkstadt aus dieser Idee ein Projekt für die Elektromobilität und will E-Rikschas mit elektrischem Antrieb (Stückkosten 5000-6000 Euro) anschaffen. Gemeinsam mit der „Neuen Arbeit“ der Diakonie wird das auch ein einmaliges soziales Projekt, in dem Langzeitarbeitslose als Rikscha-Fahrer eingesetzt werden. Unterstützer, Sponsoren und Spender wurden bereits gefunden. Mit der Ankündigung von Allbau, eine Immobilie am Niederfeldsee für die E-Rikscha-Station (und zudem für einen E-Bike-Verleih) anzubieten, ist die Stadt auf der Zielgeraden angelangt. Und deshalb ist jetzt offiziell: „Wir wollen im Frühjahr starten“, kündigt Sinn an. Bis dahin ist auch geklärt, wie die Kontakte zu interessierten Senioren und Einrichtungen geknüpft werden.