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Mit dem Elektroauto lautlos durch den Schwarzwald fahren

Mit dem Elektroauto lautlos durch den Schwarzwald

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Mit 700 PS durch den Wald flitzen, ohne Lärm zu verbreiten? Was beinahe absurd erscheint, ist mit den Elektroautos einer Eventagentur kein Problem.

Böblingen. 

Eine Fußgängerin bummelt entspannt durch Wildbad auf dem Weg zum Palais Thermal. Normalerweise hätte sie längst gehört, dass ein Auto hinter ihr brummt. Hätte sich umgedreht, wäre zur Seite getreten. Doch vom Wagen ist nichts zu vernehmen, bis auf ein leises Rollen der Reifen auf der Straße – und auch das nur, wenn man wirklich genau hinhört. Dennoch zieht es die Blicke auf sich.

Der rote Tesla S Performance ist eine sportliche Limousine, deren Reiz vor allem in dem liegt, was sie unter ihrer Motorhaube verbirgt. Denn da ist – nichts. Stattdessen versteckt sich die Batterie im Wagenboden und treibt über Elektromotoren an der Achse das Auto an. Und zwar laut Hersteller von Null auf Hundert in 5,6 Sekunden. Außerdem hat das Fahrzeug eine vergleichsweise hohe Reichweite: rund 450 Kilometer beträgt sie – je nach Fahrstil, versteht sich.

Beschleunigung der Kategorie „Wahnsinn“

Die Agentur für Automobilevents „drive in motion“ aus Freiberg hat die exklusive Rundfahrt organisiert, die Einzelreisende und Gruppen als ein- oder mehrtägige Tour buchen können. Auch die Schwarzwald Tourismus GmbH ist beteiligt, die damit zahlungskräftigen Gästen eine weitere Möglichkeit bieten will, umweltfreundlich mobil zu sein. In diesem Fall auf rasante Weise, denn zur Flotte gehört neben dem roten Modell auch der noch schnellere Tesla S P85D mit sage und schreibe 700 PS. Der Chef des Elektroautoherstellers, Elon Musk, hat sein Vermögen mit dem Online-Bezahlsystem Paypal gemacht. Heute betreibt er ein Raumfahrtunternehmen, baut Elektrofahrzeuge und will nun einen Batteriespeicher verkaufen, der Solarenergie in Haushalten hortet und sie vom Energieversorger unabhängig macht – mit derselben Batterie, die in den Fahrzeugen steckt.

Startpunkt der Tour ist die „Motorworld“ in Böblingen, ein Oldtimerzentrum mit Themenhotel und Läden. Hier setzen sich die Teilnehmer der Tour zum ersten Mal ans Steuer und stellen fest, dass es nur zwei Hebel gibt für Scheibenwischer, Licht und Tempomat. Das meiste steuert der Fahrer über ein großes Display: Hier navigiert er, öffnet das Schiebedach, surft im Internet, stellt die Klimaanlage ein und auch die Beschleunigung – das Spitzenmodell bietet hier sogar die Kategorie „Wahnsinn“. Was sich beim ersten Tritt aufs Gaspedal bestätigt und um den Führerschein bangen lässt. Mit dem Tourbuch machen sich die Fahrer auf den Weg. Der führt über die Klosterruine Hirsau und Wildbad weiter in den Nordschwarzwald hinein bis nach Gernsbach im Tal der Murg. Auf einem schmalen Weg gleitet der Wagen flüsternd zum Schloss Eberstein hinauf, durchs offene Schiebedach hört man die Vögel zwitschern. Der Radfahrer, der mit der Steigung kämpft, hört ebenso wie die Fußgängerin zuvor in Wildbad nichts von dem Auto hinter sich. Eine Gefahrenquelle, die sich der Neuling hinterm Elektrosteuer bewusst machen muss.

Die Ohren nehmen doch ein Geräusch wahr: den Fahrtwind

Oben auf Schloss Eberstein kocht Bernd Werner auch auf Sterneniveau. Und versäumt es nicht darauf hinzuweisen, dass man insgesamt zehn Michelin-Sterne sammeln könnte, wenn man dem Murgtal weiter folgen würde. Auf der Terrasse liegt es den Gästen beim Mittagessen zu Füßen. Direkt unter ihnen bilden am steilen Hang die Reben der Lage Schlossberg erste Trauben aus. Efeu rankt sich an dicken Mauerquadern hinauf. Eine beliebte Kulisse für Märchenhochzeiten: Schritte knirschen, Gläser klirren und aus dem Tal sind Glockenklänge zu hören. Zeit, aufzubrechen.

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Das Tourbuch weist den Weg über die Schwarzwaldhochstraße. Die Kurven sind hier nicht mehr so eng wie zuvor und bei der höheren Geschwindigkeit vernehmen die inzwischen verwöhnten Ohren im Innern doch ein Geräusch: den Fahrtwind. Weiter geht es vorbei am Mummelsee, hinunter zur weitaus ruhigeren Klosterruine in Allerheiligen und durch hübsch herausgeputzte und üppig mit Blumen dekorierte Weindörfer der Ortenau bis nach Durbach. Dort werden die Wagen in die Garage des Hotels Ritter an Starkstromkabel angeschlossen und für den zweiten Reisetag aufgeladen. Sie stehen in bester Gesellschaft: neben den Oldtimern des Hausherrn und Autofans Dominic Müller, der diese für Spritztouren vermietet. Derweil ziehen die Gäste hinauf zum Schloss Staufenberg und blicken über die grünen, runden Hügel, auf denen lange Rebenreihen Muster in den Hang zeichnen. Beim Spaziergang durch die von der Abendsonne beschienenen Weinberge ist nur eines störend: das laute Aufheulen der Autos und Motoren, die im Tal beschleunigen.