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Warum Frauen Mode so lieben – drei Generationen erzählen

Warum Frauen Mode so lieben – drei Generationen erzählen

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Foto: kai kitschenberg
Die Stockhorst-Bodensteins aus Neukirchen-Vluyn haben ihre Kleiderschränke aufgemacht.

Neukirchen-Vluyn. 

„Man sieht nur mit dem Herzen gut…“ heißt es in der Geschichte vom „kleinen Prinzen“. Aber was würde das Herz wohl sagen, wenn der Märchenprinz in Jogginghosen zum ersten Date kommt? Sabine Stockhorst-Bodenstein (41) schüttelt energisch den Kopf: „Das wäre nicht gegangen!“ Bei Ehemann Frank Stockhorst brauchte sie sich keine Sorgen zu machen („Jogginghosen? Nur auf dem Weg in die Sauna!“), Sohn Niklas (17) allerdings trägt die schwarze Bequemhose zu T-Shirt und Marken-Sweater unbeeindruckt von Mutters Meinung. Womit wir beim Thema wären – bei der NRZ-Familie Stockhorst-Bodenstein aus Neukirchen-Vluyn geht es diesmal um: Mode!

Das Thema passt zum Frühling, denn im Frühling steigt das Shopping-Fieber mit jedem frisch dekorierten Schaufenster. Wir wollten aber mehr wissen: über Lieblingsstücke, Modesünden, Aufreger. Und vor allem die Mädels der NRZ-Familie haben sich mit viel Spaß vorbereitet, haben im Neukirchen-Vluyner Wohnzimmer Kleider, Blusen, Schals und Schuhe aufgehängt und ausgestellt. Neben Sabine und Tochter Lilly hat auch Oma Ulrike Bodenstein (66) in Kleiderschränken und Schubladen nachgeschaut und ist mit Tasche und Hutschachtel angerückt. Und auf dem Tisch liegt zwischen Cappuccino und Kuchen, eingeschlagen in Rosa, das Buch: „Eine Bluse macht noch keinen Sommer“ des von allen Damen des Hauses verehrten TV-Designers Guido Maria Kretschmer, den man insgeheim gerne dabei gehabt hätte.

Aber zunächst kommen die Männer zu Wort, die diesmal nur Zaungäste sind. Stimmt es, dass Männer „nur“ einkaufen, während Frauen leidenschaftlich shoppen? Niklas bestätigt: „Ich mag bestimmte Marken, Jack & Jones zum Beispiel. Ich weiß, wo es das gibt, geh dahin, kauf ein T-Shirt und geh wieder raus. Fertig.“

Das ist auch bei Frank Stockhorst nicht so viel anders. Er mag modische Jeans, T-Shirts und trägt auch mal was Ausgefallenes, beispielsweise einen sündroten Herrenschuh. Aber um lange in Geschäften zu stöbern, dazu fehlt ihm die Geduld. Er setzt auf seine Frau: „Farbe, Größe, Stil. Was sie für mich mitbringt, passt.“ Manchmal fischt Sabine heraus, „was mir im Leben nicht aufgefallen wäre“. Wie jenes Männerhemd – mit lila-blau-grünem Rankenmuster!

Minirock und Hippielook

Modisch sei ihr Mann Günter „eher konservativ“, sagt Ulrike Bodenstein: „Ich habe immer alles für ihn gekauft, von der Jacke bis zu den Socken.“ Wenn man schon als Kinder im Sandkasten zusammen gespielt hätte, „dann guckt man zuerst ja nicht, wie der sich so kleidet.“ Aber als er als junger Mann Motorrad gefahren sei, da habe ihr sein Outfit gut gefallen.

Mit Oma Ulrike sind wir flugs bei der Generation Minirock und Hippielook angekommen. Ulrike Bodenstein kennt den guten alten Faltenrock noch und seinen heißen Nachfolger. „Mini hab ich getragen“, sagt sie. „Aber dann kamen diese dünnen Maxiröcke bis zum Boden mit den weiten Pullis drüber, das sah klasse aus!“ Gibt es eine Modesünde? „Ich hatte rote Sandalen mit einer so dicken Plateausohle, dass ich nicht darin laufen konnte. Haben 100 Mark gekostet.“

Mutter Ulrike beneidet Tochter Sabine um ihren selbstbewussten und eleganten Stil und sieht dabei selbst in roter Lederjacke, gemustertem Loop-Schal, schwarzer Hose und Shirt jung und lässig aus. Sie kann auch elegant – setzt den schwarzen Hut auf, den sie zum 60. getragen hat, und präsentiert sich im dunkelrot-glänzenden Blazer.

Tochter Sabine erinnert sich fröstelnd an eine Jugend mit Dauerwelle, Karo-Pullunder und einem Faible für die Blümchenmarke Oilily. Heute weiß sie, was ihr steht, kauft stilsicher in bestimmten Läden – gerne Holland, gerne kleine Boutiquen – Tuniken und Kleider im Lagenlook, kombiniert Shirts mit edlen Blazern oder Pullis aus Bändchengarn, liebt Spitze, Leinen, Schwarz-weiß, Pastelltöne, üppigen Silberschmuck, feine Schals und ausgefallene, aber nicht zu ausgefallene Schuhe. Edel und lässig. Eines ihrer Lieblingsstücke allerdings fällt aus dem Rahmen: Sabine besitzt ein pinkfarbenes Dirndl für das Xantener Oktoberfest. „Das mag ich sehr“, sagt sie, und Guido Maria Kretschmer würde gewiss applaudieren.

Dazwischen wechselt Lilly (7) Hüte, Schuhe und Kleider schneller als Germany’s next Topmodel. Lillys Lieblingskleid ist elfenbeinfarben mit einem rosa Fahrrad drauf. Sie steht gerade auf rosa und lila, aber das kann sich ändern. „Lilly hat mit drei schon gewusst, was sie anziehen will“, sagt ihre Mutter. Sie legt sich eine komplette Montur abends selbst zurecht und guckt, ob Socken und Stiefel zum T-Shirt, wahlweise zum Fahrrad oder zur Schultasche, passen. Lilly ist Eisprinzessin, Diskoqueen oder ganz cool in Mint.

Finn (8) ist nicht da. Während des langweiligen Modegedöns hat sich Lillys Bruder in sein Zimmer verzogen. „Wenn ich Finn unterschiedliche Socken hinlegen würde, würde er sie auch anziehen!“ sagt Sabine. „Ihm ist völlig egal, was er trägt!“

Manchmal ist der kleine Unterschied eben riesengroß.