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Unbekannte Mischungen: Warum Party-Pillen so gefährlich sind

Unbekannte Mischungen: Warum Party-Pillen so gefährlich sind

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PK BKA - Ecstasy Foto: dpa
Nach dem Tod eines 27-Jährigen in Essen warnen Suchtberater vor den Gefahren von Party-Pillen – und sprechen sich für das „Drug-Checking“ aus.

Essen. 

Sie sind lila, blau, orange, pink, grün, sie haben die Form eines Halloween-Kürbis‘ oder einer Hello-Kitty-Katze, sind rund mit Smiley- oder Herzchen-Symbolen: Party-Pillen gibt es in hundertfacher Ausführung. Sie werden auf Amphetamin-Basis gemischt, „und das Problem ist, dass Konsumenten nicht wissen, welche Substanzen zusätzlich verwendet wurden“, sagt Bärbel Marrziniak, Geschäftsführerin der Suchthilfe Direkt in Essen.

„Drug-Checking“ ist in Deutschland nicht erlaubt

Nach dem Drogen-Tod eines 27-Jährigen in der Essener Diskothek „Frohnatur“ hat die Polizei bislang noch keine Angaben zu der Zusammensetzung des von ihm genommenen Ecstasy gemacht. Man wolle Käufer von anders aussehenden Pillen nicht in Sicherheit wiegen.

Beim „Drug-Checking“ gehen Suchtberater auf einschlägige Partys, ermöglichen den Konsumenten, ihre Pillen überprüfen zu lassen, und informieren über Gefahren. In Deutschland ist das allerdings nicht erlaubt, anders als beispielsweise in Belgien oder den Niederlanden. Marrziniak plädiert für die Legalisierung des „Drug-Checkings“ hierzulande: „Wir könnten Kontakte knüpfen und unsichere Personen eventuell von den Drogen abhalten.“ Wer die Pillen trotzdem konsumieren wolle, könne dies risikoarm tun.

Ecstasy-Tabletten unterdrücken alle körperlichen Warnsymptome

Das Problem beim Konsum von Party-Pillen sei, dass die Drogen alle körperlichen Warnsignale ausschalten, warnt Jürgen Lamm, Mitarbeiter der Fachstelle Suchtprävention der Suchthilfe Direkt. „Konsumenten spüren keine Müdigkeit, keinen Durst“, erklärt Lamm, „der Körper geht dann über seine Leistungsgrenze hinaus“. Amphetamine wirken leistungssteigernd, hinzu kämen in der Zusammensetzung oft schmerzhemmende Mittel. Symptome wie Überhitzung, Herzrasen und erhöhter Blutdruck würden von den Konsumenten oft nicht bemerkt. Lamm kann nur wie die Essener Polizei darauf verweisen, auf seinen Körper zu hören: „Fühlt sich die Wirkung so an wie immer?“

Party-Pillen sind vor allem in der Altersgruppe der 18 bis 25-Jährigen verbreitet. Laut Drogenaffinitätsstudie aus dem Jahr 2015 haben jeweils vier Prozent der jungen Erwachsenen Erfahrungen mit Ecstasy oder Amphetaminen gemacht – wobei die Grenze schwimmend ist, denn Amphetamine sind in der Regel Bestandteil von Ecstasy. „Bei unserer Arbeit in Jugendarrestanstalten geben 80 Prozent der Insassen an, schon mindestens einmal synthetische Drogen probiert zu haben“, sagt Marrziniak.

Pillensuche und Pillenwarnungen im Internet

Auch wenn das „Drug-Checking“ auf Partys nicht erlaubt ist, haben Konsumenten die Möglichkeit, ihre gekauften Pillen zu überprüfen. Die Internetseite Drugscout.de warnt vor hoch oder extrem hoch dosierten Ecstasy-Tabletten, die im Umlauf sind. Mindzone.info bietet eine Pillensuche an, mit der Käufer nach Farbe und Form gefiltert Inhaltsstoffe herausfinden können – auch in einer Smartphone-App. Während zu Zeiten der Loveparade Raver noch für solche Informationsplattformen geworben hätten, „sind diese nun völlig aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden“, kritisiert Lamm, „aber da sollten die Konsumenten draufgucken“. Es sei zwar auch möglich, aber völlig realitätsfern, dass Konsumenten eine Apotheke aufsuchen und ihre Tabletten dort untersuchen ließen.