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Schule in NRW: Ex-Lehrer mit harten Worten – „Da ist der Burnout vorprogrammiert“

Das Wichtigste an den Schulen in NRW sind die Lehrer. Doch warum geht man mit ihnen so schlecht um, möchte ein Ex-Beamter wissen.

Schule in NRW Schüler gebeugt überm Tisch
© IMAGO / Westend61

In Duisburg herrscht Lehrermangel - Junge Lehrer sagen uns, was das Besondere an Duisburg ist

An den Duisburger Schulen gibt es viele Kinder mit Migrationshintergrund. Das schreckt viele junge Lehrer ab hier zu unterrichten. Wir fragten, warum es gar nicht so schlimm in Duisburg ist.

Warum fehlen so viele Lehrer an den Schulen in NRW? Liegt es am Job, an der Ausbildung oder an der Stellenverfügbarkeit?

Markus L., ehemaliger Lehrer an einer Berufsschule in NRW, kennt die Antwort: Es ist alles zusammen. Doch es fange schon im Studium an und ziehe sich dann weiter ins Referendariat. „Auf dem Weg gehen sehr viele Leute verloren“, weiß er aus Erfahrung, wie er im Gespräch mit DER WESTEN berichtet. Und wie viele da tatsächlich gingen, würde gar nicht zur Sprache gebracht (mehr dazu hier).

Schule in NRW: „Die Betreuung schmilzt dahin“

Es ginge schon damit los, dass die Fachlehrer in der Ausbildung wenig Zeit für ihre Schüler hätten. Sei reisen herum von Standort zu Standort und müssen immer größere Gruppen unterrichten. „Die sind schon überfordert“, schlussfolgert der 36-jährige Ex-Lehrer. „Die Betreuung schmilzt dahin.“

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Und dann gäbe es immer Einzelfälle von älteren Ausbildern mit altmodischen Ansichten. Da fällt ihm gleich ein Beispiel von einem ehemaligen Kollegen ein, der in jungen Jahren schon wegen seines starken Akzentes quasi rausgemobbt wurde. „Der kann kein Lehrer werden“, hatte der Ausbilder damals gesagt.

Nach dem Studium geht es weiter ins Referendariat. In der Schule herrsche ein hohes Anspruchsniveau im Sinne „du bist studiert und damit fertig ausgebildet“. Referendare würden ins kalte Wasser geworfen, die Belastungssituation und der psychische Druck würde dadurch stark ansteigen.

„Unwürdige Behandlung im Referendariat“

„Man arbeitet direkt in Vollzeit und muss sich pädagogische Skills aneignen, die schon im Lehramt Mangelware sind“, urteilt Markus L. „Da ist der Burnout vorprogrammiert.“ Es fehlte definitiv eine gewisse Regenerationszeit. „Viele scheiden auch aufgrund der willkürlichen und unwürdigen Behandlung im Referendariat aus. Es gibt in dem Ausbildungsabschnitt keine relevante Möglichkeit, Missstände zu melden.“

Im Job selbst sei man als Lehrer dann auch gleich mit dem Lehrermangel konfrontiert. Der Druck und die Belastung würden dann noch weiter ansteigen. Schon junge Lehrer seien gefrustet, überlastet und würden aussteigen. Besonders wer Fächer wie Mathe oder Informatik unterrichtet, sucht sich dann – weil begehrt – lieber einen anderen Job.

Schule in NRW: SIE gelten als Lehrer 2. Klasse

Doch am schwierigsten sei es für Quer- und Seiteneinsteiger, stellt der ehemalige Berufsschullehrer klar. „Sie gelten als Lehrer zweiter Klasse. Die meisten gehen davon aus, dass sie eh nicht lange an der Schule bleiben.“ Über die Ansage der Philologenverbände, Quereinsteiger müssten ordentlich qualifiziert werden, kann Markus L. nur lachen. „Die übrigen Lehrer sollen die dann noch einarbeiten. Die sind doch selber schon gestresst.“


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Das Ganze käme eine „Eskalationsspirale“ gleich. Immer mehr Auszubildende, Studenten, Referendare und ausgebildete Lehrer würden den Rücktritt wagen. „Wenn man da einmal raus ist, dann ist der Unterschied zwischen den Arbeitsbedingungen in der freien Wirtschaft und dem Lehramt so groß, dass man sich das nicht mehr antun will. Man geht da einfach nicht mehr zurück“, spricht der Ex-Lehrer aus eigener Erfahrung.