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Niederrhein – ist schön, macht satt

Niederrhein – ist schön, macht satt

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Foto: NRZ
Für die Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen spielt die Region eine wichtige Rolle. Es gibt aber auch Sorgen und Konflikte.

Am Niederrhein. 

Kühe auf den Weiden am Deich, Bauern bei der Ernte, Einkaufen im Hofladen: Niederrhein und Landwirtschaft gehören zusammen. Die Bauern (und der Fluss) haben die Region geprägt. „Der Niederrhein ist schön und macht satt“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer. Aber, natürlich: Nicht alles ist Idylle; es gibt auch Konflikte, Sorgen. Passend zum Niederrhein-Forum heute in Wesel noch mal eine Auswahl von Wissenswertem rund die Landwirtschaft am Niederrhein (kein Anspruch auf Vollständigkeit!).

Vielseitige Bauern

„Die Landwirtschaft am Niederrhein ist sehr vielseitig“, erklärt Rüb. Das habe geologische Gründe, von kargem Sand bis zu wertvollem Lößboden ist alles dabei. Sogar die anspruchsvolle Rübe gedeiht am Niederrhein – aber längst nicht überall. Neben Ackerbau und Obst gibt es Kühe, Schweine, Geflügel. So viele Milchkühe wie im Kreis Kleve (zuletzt 56 412) gibt es nirgends sonst in NRW.

Kleve ist auch der Landkreis mit der höchsten bäuerlichen Brutto-Wertschöpfung NRW-weit. Zuletzt wurden hier landwirtschaftliche Güter im Wert von 284 Millionen Euro produziert. Ein klarer landwirtschaftlicher Schwerpunkt ist auch der Gartenbau, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus den Niederlanden rüberkam. Der Niederrhein gilt als stärkste Gartenbau-Region Deutschlands.

Es wird enger

Neue Baugebiete, neue Straßen: Flächenfraß bedrängt die Landwirtschaft allerorten, auch am Niederrhein. NRW-weit gingen in den vergangenen zehn Jahren 551 Quadratkilometer verloren – eine Fläche so groß wie 77 000 Fußballfelder. Besonders betroffen: der Regierungsbezirk Düsseldorf, zu dem der Niederrhein gehört. Desto enger es wird, desto größer wird die Flächenkonkurrenz – auch mit dem Naturschutz.

Strukturwandel

Strukturwandel gibt es nicht nur im Ruhrgebiet – auch in der Landwirtschaft am Niederrhein. Ganz allgemein hat sich die Zahl der flächengrößeren Betriebe in gut 25 Jahren etwa vervierfacht, viele kleinere geben auf. Die letzten Zahlen auf Kreisebene stammen aus dem Jahr 2010. Da bewirtschafteten im Kreis Kleve 1875 Betriebe insgesamt 72 610 Hektar (1994: 3047 Betriebe, 90 923 Hektar). Im Kreis Wesel waren es 1158 Betriebe mit 49 875 Hektar (1994: 2288 Betriebe, 70 434 Hektar) und im Kreis Viersen 748 Betriebe mit 27 702 Hektar (1994: 1338 Betriebe mit 41 019 Hektar). Mag die Zahl der Betriebe insgesamt auch abnehmen: Die Ausbildung zum Landwirt genießt einen guten Ruf , scheint bei jungen Leuten durchaus „sexy“ zu sein. Wie die Kammer berichtet, steigt die Zahl der Landwirt-Azubis seit dem Jahr 2009 stetig an (zuletzt: 1556).

Immer mehr Landwirte entdecken die Direktvermarktung. Das Portal „Landservice.de“ weist für den Niederrhein etwa 60 Hofläden aus. Zudem listet es auch 26 Bauernhof-Cafés und mehr als zwei Dutzend Übernachtungsmöglichkeiten in der Region auf.

Ärger um XXL-Ställe

Um den Bau immer größerer Ställe wird heftig gestritten – durchaus auch vor Gericht. Anwohner und Naturschützer kritisieren Emissionen, aber auch die Massentierhaltung an sich. Wegen des Genehmigungsverfahrens für eine Kuhstallerweiterung in Kleve-Griethausen von 444 auf 790 Tiere sogar vor das Oberverwaltungsgericht in Münster – und bekam Recht. Es geht aber auch um Schweine und vor allem um Geflügel, denn: Der Niederrhein ist auch das Zentrum der Putenmast in NRW. 34 Betriebe mit insgesamt 647 000 Mastplätzen hat der BUND zuletzt allein im Kreis Kleve gezählt. „Kleve steht beispielhaft für die Konzentration in der Branche“, sagt Ralf Bilke.

Der Agrarexperte des BUND prangert die Haltungsbedingungen in der Putenmast an (z. B. Platzverhältnisse, Schnäbelkürzen). Das NRW-Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium kritisiert die Antibiotika-Gaben in der Intensivtierhaltung. Eine Studie des Landesumweltamtes ergab im November 2014: Neun von zehn Mast- und Zuchtdurchgängen in der Putenhaltung werden in NRW mit Antibiotika behandelt. Antibiotika ist also die Regel, nicht die Ausnahme.

Naturschutz per Vertrag

Bei allem Zoff: Landwirtschaft und Naturschutz ziehen auch an einem Strang. Der Niederrhein gilt als „Wiege des Vertragsnaturschutzes“. Mit dem „Feuchtwiesenprogramm“ war die Region vor 30 Jahren Vorreiter. Das Prinzip: Landwirte sind nett zu Feuchtwiesen, bekommen dafür Geld vom Staat. Ähnlich bei den Winter-Wildgänsen: Bauern erhalten da einen Ausgleich für Fraßschäden.