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Michael Dregger war Bote des Bankräubers

Michael Dregger war Geisel in Unterhose

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Foto: WR

Lüdenscheid. 

Es war d a s Pressefoto vom Lüdenscheider Geiseldrama: Ein bis auf die Unterhosen nackter Mann betritt unter dem beleuchteten Firmenlogo die Commerzbank. Nur enge Freunde wussten bisher, dass das Schwarz-Weiß-Foto vom 8. November 1991 den Lüdenscheider Michael Dregger zeigt, damals frischgebackener Angestellter der Co-Bank, heute Vorsitzender von Rot-Weiß Lüdenscheid und sachkundiger Bürger der CDU.

Der 22 Jahre alte Bankkaufmann im ersten Berufsjahr war an diesem Freitag gegen 16 Uhr in der Schalterhalle damit beschäftigt, Kreditunterlagen abzuheften, als der Geiselgangster die Bank betrat, maskiert und bewaffnet. 20 Personen, Kunden und Angestellte, mussten sich in der Mitte Halle auf den Boden legen: So begann das Drama, das 21 Stunden später mit der Erschießung des Geiselnehmers Roland Henschel und der Befreiung der Geiseln endet.

Rechts und links in Pistolenläufe geblickt

Der Bankräuber, der sich auf Hafturlaub befand, wählte den jungen Bankangestellten als Boten. Mehrmals verließ Dregger barfuß und nur mit der Unterhose bekleidet die Bank – und kehrte wieder zurück, zum Beispiel mit Handschellen, mit denen Henschel die Geiseln fesselte. „Es war November, es war dunkel und kalt und es regnete. Als ich das erste Mal rausging, war da eine johlende Menge. Und rechts und links blickte ich in Pistolenläufe“, erinnert sich Dregger an einzelne Szenen.

Drinnen musste er die Überwachungskameras von der Decke reißen und dem Bankräuber ein Radio besorgen – Henschel wollte damit kontrollieren, ob die von ihm geforderte Nachrichtensperre eingehalten wurde. Beim dritten oder vierten Botengang, so genau weiß er das heute nicht mehr, ließ die Einsatzleitung den jungen Mann nicht in die Bank zurückkehren. Er sei mit einem Zusammenbruch ins Krankenhaus gebracht worden, so die Erklärung für den Gangster, dass sein Bote plötzlich nicht zurückkam.

Schlimme Stunden gut verarbeitet 

Dregger verfolgte das Geschehen fortan in der Einsatzzentrale, wo er gegen Mitternacht vom Einsatzleiter gefragt wurde, ob er doch noch einmal als Bote in die Bank ginge. „Da habe ich Nein gesagt“, erinnert sich Dregger. Per Funk war er dann live dabei, als am Samstagmittag die Geiseln befreit werden konnten. Es habe danach viele Anfragen nach Exklusiv-Interviews von Zeitungen und Fernsehsendern gegeben. „Die haben auch Geld geboten.“ Er habe aber alle Interview-Anfragen abgelehnt, sagt Dregger, der die schlimmen Stunden des Überfalls persönlich gut verarbeitet hat.

Natürlich habe er sich erschreckt, als er aus den Augenwinkeln den maskierten Mann bemerkt habe. Und noch heute könne er es nicht haben, wenn ein Motorradfahrer mit dem Helm auf dem Kopf den Bankschalter betritt. Die Zeitungen, die vor 20 Jahren über den Überfall berichteten, hat er noch. Und er erinnert sich auch gerne an die Woche Sonderurlaub und die Einladung zum Essen mit dem Bankvorstand in Düsseldorf. Aber sonst ist Michael Dregger fertig mit der Geschichte.