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Ex-Obdachlose erklärt: Warum es für Frauen auf der Straße besonders schwer ist

Ex-Obdachlose erklärt: Warum es für Frauen auf der Straße besonders schwer ist

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Foto: dpa/Archivbild
Zwischen den Jahren starb eine Obdachlose in Düsseldorf in der Kälte. Frauen haben es auf der Straße besonders schwer. Die größten Probleme: Angst vor Gewalt und Hygiene.

Düsseldorf/Köln. 

Die Düsseldorfer Obdachlose Elli (48) starb zwischen den Jahren einsam an ihrem Stammplatz an einer Mauer in der Altstadt. Die Trauer ist groß.

Elli war beliebt in der Szene, ihr Leid dokumentierte sie in einem öffentlich zugänglichen Buch in einer gegenüberliegenden Kirche.

Der Tod der 48-Jährigen Tod lenkt die Aufmerksamkeit auf ein Thema, über das wenig berichtet wird: obdachlose Frauen.

Sie sind im Stadtbild meist nicht sichtbar. Mit gutem Grund: „Frauen werden oft angemacht und angesprochen. Männer versuchen, sie auf den Strich zu schicken oder sie auszunutzen“, sagt Melissa Linda Rennings.

Die „kölsche Linda“, wie sie alle nennen, hat es selbst erlebt. Sie lebte in Köln viele Jahre auf der Straße. Heute hat sie wieder eine Wohnung – und engagiert sie sich für obdachlose Frauen.

Linda sagt: „Frauen fürchten Gewalt ganz besonders.“ Frauen sind meist schwächer und fühlen sich dadurch schwächer.

Hygiene ist ein großes Problem

Es gibt aber auch andere Probleme, mit denen Frauen besonders kämpfen müssen. Das wichtigste: Hygiene. „Für die Nutzung von Toiletten – auch in Cafés – werden meist 50 Cent verlangt. Obdachlose können sich das nur schwer leisten“, sagt die „kölsche Linda“. Für Frauen sei das besonders problematisch, vor allem wenn sie ihre Regel hätten.

Wieviele Frauen leben auf der Straße?

Genaue Zahlen gibt es nicht. Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe liegt der Anteil von Frauen unter Obdachlosen in Deutschland bei 28 Prozent – also bei knapp einem Drittel. 2014 lebten etwa 86.000 Frauen in Deutschland auf der Straße. Aktuellere Zahlen gibt es nicht.

Die „kölsche Linda“ fordert mehr Notschlafstellen und Hilfen für obdachlose Frauen. Denn: „Frauen haben in den Notschlafunterkünften oft Angst.“ Dabei geht es auch um die anderen Obdachlosen. „Du weißt nie: Hat da jemand getrunken? Oder ist auf Drogen? Gerade für Frauen mit Gewalterfahrungen ist das schwer auszuhalten.“

Und: Viele obdachlose Frauen haben einen Hund, um sich zu schützen. Hunde sind in den meisten Unterkünften aber verboten.

Die meisten Städte haben spezielle Angebote für Frauen, auch Köln, Düsseldorf oder Essen. Der „kölschen Linda“ geht das nicht weit genug: „Es müsste viel mehr getan werden.“

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(mto)