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Bürgergeld-Empfänger aus NRW nach verschärften Sanktionen sicher: „Totalverweigerer sind zu clever“

Bürgergeld-Empfänger könnten bald harte Sanktionen drohen. Ein Betroffener aus NRW ist sich sicher, dass Totalverweigerer diese Maßnahmen wenig weh tun werden.

© Chaleen Goehrke/ DER WESTEN/ IMAGO / mix1

Bürgergeld erklärt: Wer hat Anspruch?

Die Bundesregierung hat sich am Donnerstag (9. Oktober) auf verschärfte Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger geeinigt, die ihre Termine beim Jobcenter nicht wahrnehmen. Wiederholte Versäumnisse sollen zur Kürzung und im schlimmsten Fall sogar zur Streichung von Leistungen führen (hier weitere Einzelheiten).

Von der Opposition gab es bereits Gegenwind, und auch Bürgergeld-Aktivist Thomas Wasilewski aus NRW äußert sich gegenüber DER WESTEN entsetzt über die neuen Maßnahmen. Der 61-Jährige aus Mönchengladbach bezieht selbst seit seiner Herzoperation im Jahr 2012 Bürgergeld und engagiert sich seitdem ehrenamtlich für andere Betroffene, die an der Armutsgrenze leben. Aus seiner Sicht würden die Maßnahmen die Falschen treffen.

Treffen Bürgergeld-Sanktionen die Falschen?

Bei einmal Schwänzen gibt es einen neuen Termin beim Amt. Beim zweiten Mal Schwänzen werden 30 Prozent vom Bürgergeld gekürzt. Und wer sich beim dritten Termin nicht blicken lässt, dem werden die Leistungen komplett gestrichen – auch für die Miete. „Diejenigen, die gar nicht mitwirken, die sich noch nicht einmal melden beim Jobcenter, von denen müssen wir doch davon ausgehen, dass sie die Hilfe des Staates, des Sozialstaates, nicht brauchen“, verteidigte Bundeskanzler Friedrich Merz die verschärften Sanktionen.

++ Bürgergeld-Empfänger freut sich über Geld – dann folgt die bittere Wahrheit ++

Doch Thomas Wasilewski arbeitete vor seinem Schicksalsschlag viele Jahre in der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen und glaubt deshalb, die wahren Gründe für versäumte Termine zu kennen. „Ich halte von den neuen Maßnahmen sehr wenig, weil ich ich weiß, dass viele der Langzeitarbeitslose Analphabeten sind oder unsere Sprache nicht sprechen und die können einen Brief vom Amt oftmals noch nicht einmal lesen. Was auch häufig vorkommt, ist, dass die Post nicht rechtzeitig zugestellt wird, sondern drei Tage nach dem Gesprächstermin – das habe ich selbst schon erlebt“, schildert er gegenüber DER WESTEN seine Erfahrungen.

Wasilewski befürchtet harte Zeiten für Bürgergeld-Empfänger

Stattdessen werde es „die Falschen treffen“. Menschen, denen Thomas Wasilewski regelmäßig bei den mobilen „Suppentanten“ direkt hinter dem Bahnhof in Mönchengladbach begegne und die kaum genug Geld für Nahrung und Kleidung hätten. Totalverweigerer, die die Sanktionen in erster Linie treffen soll, werde man nicht weh tun können. „Die sind zu clever. Die wissen, wie die das System umgehen können und nehmen sich zur Not einen Rechtsbeistand“, so seine Einschätzung.


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Und auch bei der Wohnungssuche kämen auf Bürgergeld-Empfänger – oder Bezieher von Grundsicherung, wie es zukünftig heißen soll – noch härtere Zeiten zu. „Jeder Vermieter weiß jetzt, wenn du Probleme mit einem Bürgergeld-Empfänger hast, kann es passieren, dass du deine Miete nicht mehr bekommst. Viele haben jetzt schon Probleme Wohnungen zu bekommen und damit wird es noch schwieriger“, ist sich Wasilewski sicher. Seiner Meinung nach sollte eher Geld in die Förderung und Ausbildung von Fachkräften gesteckt werden, um so auch Arbeitslose wieder in den Markt einzugliedern.