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Islamist aus Dortmund droht mit Glaubenskrieg

Islamist aus Dortmund droht mit Glaubenskrieg

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Foto: WAZ
Ein Terrorist aus Dortmund wird zum nationalen Sicherheitsrisiko: Der ehemalige Linksextremist Bernhard Falk nimmt Deutschland nach 13 Jahren Haft neu ins Fadenkreuz – diesmal als Islamist. Falk droht mit einem Glaubenskrieg. Nach Recherchen der WAZ hat er bereits ein potenzielles Anschlagsziel ins Auge gefasst: den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein.

Dortmund/Berlin/Bonn. 

Ein Terrorist aus Dortmund wird zum nationalen Sicherheitsrisiko: Der ehemalige Linksextremist Bernhard Falk nimmt Deutschland nach 13 Jahren Haft neu ins Fadenkreuz – diesmal als Islamist. Falk droht mit einem Glaubenskrieg. Nach Recherchen der WAZ hat er bereits ein potenzielles Anschlagsziel ins Auge gefasst: den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Verfassungsschutz und Landeskriminalamt (LKA) sind alarmiert. Das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern in Berlin ist eingeschaltet.

Ein Terrorist aus der Ära der Antiimperialistischen Zellen meldet sich zurück. Bernhard Falk, 44, saß 13 Jahre in Haft, wegen vierfachen Mordversuchs, diverser Bomben- und Brandanschläge. Hinter Gittern konvertierte er zum Islam. Jetzt lebt er in Dortmund und droht erneut mit Gewalt. Falk stellt ultimative Forderungen. Sicherheitsexperten sind aufgeschreckt. Die Behörden sind spät dran, denn der Extremist wirbt nach Recherchen der WAZ schon seit Monaten für Anschläge.

US-Base Ramstein bei einem „Osterspaziergang“ inspiziert

„Denk-Anstoß 10“ heißt die Propaganda-Schrift, die Sicherheitsdienste beunruhigt. Falk verfasste den Anstoß vor zwei Monaten und stellte ihn ins Internet. Der Autor sagt, was er will: „die Errichtung eines internationalen Kalifat-Staates“. Falks Pamphlet kommt daher wie ein ideologischer Marschflugkörper, nur subtiler. Das programmierte Ziel: „die Imperialisten der USA/BRD“. „Mehr als 2300 tote Muslime“ durch US-Drohnen gingen auf das Konto „des sogenannten Friedensnobelpreisträgers Barack Obama und des bekennenden Kreuzzüglers George W. Bush“, schreibt Falk – und lenkt den Blick auf Rheinland-Pfalz. Dort lägen nicht nur „die US-Atombomben, über welche die deutschen Imperialisten verfügen“. Dort liege eben auch Ramstein, die Basis, die „mit Hilfe der BRD zum weltweit größten Stützpunkt der US Air Force außerhalb der USA entwickelt worden ist“. Das LKA Rheinland-Pfalz hat nach Informationen der WAZ die Ermittlungen aufgenommen.

Falk nimmt das Wort Anschlag nicht in den Mund, macht aber Glaubensbrüdern den Mund wässrig: „ca. 40.000 Handlanger des Imperialismus (Soldaten/Zivilisten)“ seien auf der Basis angesiedelt. Bei einem „Osterspaziergang“ habe er das Militärgelände schon inspiziert.

Als Ermittler im LKA Rheinland-Pfalz das Dokument fanden, schlugen sie Alarm. Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) des Bundes und der Länder in Berlin wurde über den Dortmunder informiert. „Falk ist kurz davor, als Gefährder eingestuft zu werden“, sagt ein Ermittler. Gefährder sind potenzielle Attentäter, denen die Bundesregierung jederzeit einen Anschlag zutraut.

Sprengstoffanschläge auf Parteibüros in NRW und Niedersachsen

Falk ist ein Fachmann für Anschläge. Und der Staat ist sein Feind. In den 1990er-Jahren hat er ihn mehrfach angegriffen, von links, mit Bomben, Schusswaffen, Brandsätzen. Damals sah sich Falk als legitimer Nachfolger von Christian Klar, einem Vormann der Roten Armee Fraktion (RAF). Falk war Kopf der Antiimperialistischen Zelle (AIZ), einer militanten Nachfolgegruppe der RAF. Sein Einser-Abitur und das Physik-Studium halfen ihm bei seinen Terrorplänen. Falk bastelte Bomben. Von 1992 bis 1996 jagte er mit einem Komplizen deutsche Politiker. In Erkrath, Siegen und Wolfsburg legten sie CDU-Bundestagsabgeordneten Sprengsätze vor die Tür. Parteizentralen von CDU und FDP, auch Teile des peruanischen Honorarkonsulates in Düsseldorf der Reihenweise flogen in die Luft.

Die AIZ ließ keinen Zweifel an ihrer Mordlust: Bombenanschläge wurden ausdrücklich als „potentiell tödliche Aktionen“ annonciert. Tote oder Verletzte forderten sie auf wundersame Weise nicht. Unmittelbar vor einem geplanten Anschlag auf den SPD-Bundestagsabgeordneten Freimut Duve flog die AIZ auf. Falk kam 13 Jahre, sein Komplize saß acht Jahre in Haft. Das Oberlandesgericht Düsseldorf attestierte beiden „eine feindselige und hasserfüllte Einstellung gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat und seinen Repräsentanten“.

Bei Falk hat sich daran offenbar nichts geändert. Er hat das extremistische Lager gewechselt, seinen Wohnsitz und seinen Namen, aber nicht das Gewand der Gewalt. Der gebürtige Hamburger lebt seit einem Jahr in Dortmund, nennt sich bürgerlich Bernhard Uzun. Er sieht anders aus als früher. Statt der gefönten Kurzhaarfrisur trägt er einen langen Salafisten-Bart. Im Gefängnis habe er „die wahre Religion gefunden“, sagt der zum Islam übergetretene Linksterrorist.

Zweite Extremisten-Karriere als Islam-Vorbeter

Seit seiner Freilassung 2008 forciert er eine zweite Extremisten-Karriere: als Vorbeter eines radikalen Islamismus. Ein Droh-Video, mit dem Islamisten im Internet werben, bestätigt das. Der Film zeigt Falk bei der Pro NRW-Demo am 5. Mai in Bonn, bei der später zwei Polizisten von einem islamistischen Messerstecher schwer verletzt werden. Das Video liefert groteske Bilder: Falk hat es bis in den Sicherheitsgürtel geschafft, den die Einsatzkräfte bilden. Polizisten umgeben ihn. Falk gibt ein Interview unter dem Namen Muntasir bi-llah. Er prangert die BRD als Aggressor an. „Deutschland muss aufhören, die Nationen weltweit zu unterdrücken.“ Er stellt ultimative Forderungen. Nur wenn Berlin seine Truppen aus Afghanistan abziehe, sich von den USA und Israel abwende, nur dann „ist der Koran keine Gefahr für Deutschland“. Die Botschaft: Der Staat soll kuschen, sonst… – O-Ton: „Wenn sie sich friedlich verhalten und keinen unterdrücken, wird kein Mensch Deutschland angreifen.“

Das LKA und der Verfassungsschutz in NRW haben nach WAZ-Informationen spät auf diese Drohung reagiert. Warnende Hinweise auf Falk seien „auf dem Weg nach oben verhallt“, sagt ein Fahnder. Belege für Falks extremistische Aktivitäten seien weitgehend ignoriert worden – bis die Beamten in Rheinland-Pfalz die Spur aufnahmen.

Dabei ist Falks zweiter Terror-Frühling seit Monaten im Internet zu verfolgen. Auf seiner Facebook-Seite schmückt er sich mit namhaften islamistischen Kontakten. Einer, den Falk gerne zitiert, ist Aiman al-Zawahiri, nach dem Tode Osama Bin Ladens der neue Chef von Al-Qaida. Ein neuer Freund kam erst Mittwochnacht dazu: Abu Usama al-Gharib. Das ist der Kampfname des verurteilten österreichischen Terroristen Mohamed Mahmoud. Er wurde nach einem kurzen Gastspiel als Imam der salafistischen Millatu-Ibrahim-Moschee in Solingen aus Deutschland ausgewiesen.

Das Innenministerium in Düsseldorf tut sich schwer mit dem Fall Falk. Innenminister Ralf Jäger (SPD) äußerte sich bisher nicht dazu. Ein Sprecher verwies auf die Dortmunder Polizei. Die sagt, die Person sei „uns bekannt und im Visier“. Inzwischen habe man „entsprechende polizeiliche Maßnahmen getroffen“.

Falk selbst reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf eine schriftliche Anfrage.