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Boris Pistorius: Nach Lobeshymne – Minister macht IHN zum Sprecher

Nachdem ein ARD-Journalist überschwänglich den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius lobt, macht ihn Letzterer nun zu seinem Sprecher.

Pistorius
© IMAGO / NurPhoto

Boris Pistorius wird Verteidigungsminister

Etliche Namen wurden in den letzten Tagen für die Nachfolge von Verteidigungsministerin Lambrecht genannt. Am Ende wird es keiner von ihnen. Die Entscheidung von Kanzler Scholz ist eine Überraschung.

Wenn das mal kein Geschmäckle hat. Da singt ein ARD-Journalist in einem Kommentar geradezu eine Lobeshymne auf den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius und nur wenige Tage später macht ihn dieser zu seinem Sprecher.

Michael Stempfle, Hauptstadt-Korrespondent für die ARD, veröffentlicht am 17. Januar einen Kommentar, der die Überschrift „Ein Vollblutpolitiker, der anpackt“ trägt. Schon da ahnt man, dass hier ein Bewunderer schreibt.

Boris Pistorius – ein „Politiker-Typus, der anpackt“

Bei der Lektüre des Kommentars wird die Ahnung bestätigt. Während Stempfle auf der einen Seite das Bild eines in der Mottenkiste der 90er Jahre kramenden Friedrich Merz zeichnet, stilisiert er auf der anderen den ehemaligen niedersächsischen Innenminister Pistorius geradezu zu einer Lichtgestalt. „Pistorius ist nicht nur schlagfertig. Vermutlich steckt noch immer der Oberbürgermeister aus Osnabrück in ihm: Ein Politiker-Typus also, der anpackt – mit einem sicheren Gespür für Themen und für pragmatische Lösungen.“

Pistorius‘ Stimme habe Gewicht. Er sei „selbstbewusst und ehrgeizig“. „Dass Pistorius inhaltlich mit den großen Themen in der Hauptstadt nicht vertraut wäre, wäre jedoch ein Trugschluss“. „Wenn es um die Sache geht, ist Pistorius hartnäckig“. Und eine Warnung an die Pistorius-Gegner hat er auch noch parat: Obacht! „Wer sich mit dem designierten Verteidigungsminister Pistorius anlegt, sollte mit schlagkräftiger Gegenwehr rechnen. Der Niedersachse ist Vollblutpolitiker und was er tut, hat er sich gut überlegt“.

Ob Stempfle in seinem Kommentar auch Kritik an Pistorius äußert? Nein! Weit und breit ist kein kritisches Wort zu lesen. Lediglich die Größe der Herausforderungen des Verteidigungsministers wird hervorgehoben. Auf Neudeutsch würde man Stempfle wohl einen „Fanboy“ nennen müssen.

Seine Lobeshymne scheint dem Adressaten Pistorius jedenfalls gefallen zu haben. Nur sechs Tage nach Veröffentlichung des Kommentars wird öffentlich, dass Michael Stempfle Sprecher im Verteidigungsministerium wird.

Matthias Hauer, Bundestagsabgeordneter der CDU, hat Fragen. Auf Twitter schreibt er: „Kürzlich noch überschwänglich Boris Pistorius bejubelt und schon wird Michael Stempfle sein Sprecher im Bundesverteidigungsministerium. Sicherlich klärt uns Stempfle auf, ob das Jobangebot aus dem BMVg zum Zeitpunkt des Kommentars schon vorlag!?“



Auf Nachfrage unserer Redaktion antwortet die ARD: „Michael Stempfle hat heute, am 23.1.23, den SWR über die Beendigung seines Arbeitsvertrages informiert. Hierüber gab es zuvor keine Information. Der Artikel bei tagesschau.de von Michael Stempfle bekommt aus Transparenzgründen einen Zusatz, der erklärt, dass er zu diesem Zeitpunkt noch Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio war.“