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An NRW-Kliniken drohen Personalabbau und Gehaltskürzungen

An NRW-Kliniken drohen Personalabbau und Gehaltskürzungen

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Rudolf Mintrop wurde bei einer PK im Klinikum Dortmunder als neuer Geschäftsführer vorgestellt. Beim Pressegespräch mit anwesend waren OB Ullrich Sierau, Ortwin Schäfer,Arbeitsdirektor und Prof. Dr. Michael Schwarz. Foto: Ralf Rottmann / WAZ FotoPool
In NRW geraten immer mehr Krankenhäuser in finanzielle Schieflage. Die Konsequenzen sind zum Teil drastisch. So kündigte das Klinikum Dortmund an, rund 130 Stellen abbauen zu müssen. Das St.-Marien-Hospital in Lünen bereitet 1300 Mitarbeiter auf mögliche Gehaltskürzungen vor.

Berlin/Essen. 

„2013 wird voraussichtlich jedes zweite Krankenhaus in NRW rote Zahlen schreiben“, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink. Damit würden 200 der 401 Hospitäler an Rhein und Ruhr Verluste einfahren. „Wir brauchen so schnell wie möglich Hilfen von der Bundesregierung“, sagte Brink weiter. Andernfalls sei der Personalabbau „unabwendbar“.

Für die 420 Mitarbeiter im St. Christophorus-Krankenhaus hatte die Geschäftsführung vor kurzem eine böse Überraschung in petto. Sie sollen 2013 auf drei Prozent ihres Lohnes verzichten, damit das Haus nicht in die roten Zahlen rutscht. Sollte das dennoch passieren, wäre die Klinik in Werne kein Einzelfall. „2013 wird voraussichtlich jedes zweite Krankenhaus in NRW rote Zahlen schreiben“, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink.

Besonders schlimm erwischt es gerade die Mitarbeiter der Städtischen Kliniken in Dortmund. Der hoch verschuldete Betrieb wird wohl über 130 Stellen abbauen, wie der neue Geschäftsführer Rudolf Mintrop jüngst ankündigte. In einer Lüner Klinik sollen Mitarbeiter auf einen Teil ihrer Gehälter verzichten. Im Marien-Krankenhaus in Wimbern bei Menden verloren 220 Mitarbeiter ihren Job. Die Klinik existiert nicht mehr. Inzwischen sind dort Asylbewerber untergebracht.

Koalition in Berlin will sich „noch im März“ auf Hilfe einigen

Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) sind die Personal- und Sachkosten seit 2006 um knapp 16 Prozent gestiegen. Zeitgleich seien die Vergütungen für Klinikleistungen um nur 8,7 Prozent gestiegen. Allein dadurch sei den Häusern bei den Löhnen ein Finanzloch von 3,6 Milliarden Euro entstanden. Hinzu kommen 2013 und 2014 weitere Kürzungen von 750 Millionen Euro.

Kurz vor der Wahl will die Koalition nun den Krankenhäusern helfen. „Im März muss es eine Entscheidung geben“, sagte Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) mit Blick auf das Ende der Legislaturperiode. So möchte die CSU 2013 und 2014 eine Milliarde Euro in die Kliniken pumpen. Davon sollen Krankenhäuser in ländlichen Regionen besonders profitieren – und zwar durch eine Ausweitung der Sicherstellungszuschläge für Kliniken auf dem Land. Außerdem wollen die Christsozialen die Neuauflage eines Förderprogramms für mehr Pflegepersonal und zusätzliches Geld, das Kliniken speziell in die Ausbildung von Hygienefachkräften investieren können.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte unlängst an, dass er gegen „falsche Anreize“ bei der Mengenregelung vorgehen will. Das Problem: Wenn eine Klinik etwa mehr Operationen abrechnet als im Vorjahr, dann sinkt in der Folge die Vergütung für andere Häuser, obwohl sie dieselbe Anzahl an Leistungen erbringen wie bisher. Dies trifft vor allem Kliniken im ländlichen Gebiet, die nicht einfach ihre Mengen ausweiten können. Doch selbst wenn ein großes Haus mehr operiert als vorgesehen, lohnt sich dies nur bedingt, weil es zusätzliche Leistun-gen nicht voll erstattet bekommt.

Außerdem sieht Bahr die Kliniken unter einem „enormen Druck“ stehen, weil sich die Länder immer mehr aus der Investitionsförderung zurückzögen. Sie ist nach Angaben der Krankenhausgesellschaft von umgerechnet 3,6 Milliarden in 1991 auf nunmehr 2,8 Milliarden Euro gesunken. „Die Kliniken müssen immer häufiger Modernisierungen aus den Vergütungen für die Behandlungen finanzieren“, sagte Bahr unlängst den Kieler Nachrichten.

NRW-Gesundheitsministerin Steffens sieht den Bund in der Pflicht

Aus Sicht von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) betreibt Bahr hier „mehr ein Schwarzer-Peter-Spiel“, als dass er Lösungen anbiete. „Für Nordrhein-Westfalen ist klar, dass trotz schwieriger Finanzlage nicht bei der Investitionsfinanzierung für die Krankenhäuser gekürzt werden kann“, sagte Steffens.

Sie forderte für Kliniken einen Ausgleich für nicht beeinflussbare Steigerungen bei den laufenden Betriebskosten. „Höhere Tarifabschlüsse, Energiekosten und Versicherungsprämien können nicht ohne Kompensation oder ohne massiven Qualitätsverlust getragen werden. Hier ist eindeutig der Bund gefordert“, sagte Steffens. Es dürfe nicht sein, dass Krankenhäuser Lohnsteigerungen über Mehrleistungen finanzieren müssten.

Das hört man beim Krankenkassen-Spitzenverband nicht gerne. Die Kliniken bräuchten nicht insgesamt mehr Geld als bereits zugesagt, sondern eine Modernisierung ihrer Strukturen, sagte der Vize-Vorsitzende Johann Magnus von Stackelberg. „Nicht jede Wald- und Wiesen-Klinik muss jede Spezialoperation machen können.“

Nicht alle Kliniken kränkeln

Übrigens gibt es auch in NRW Krankenhäuser, die wirtschaftlich kerngesund sind. Die Städtischen Kliniken Mönchengladbach meldeten gerade erst einen Rekordgewinn von 4,5 Millionen Euro. Der Gewinn macht den Neubau eines riesigen Parkdecks möglich, dennoch bleibt noch genug Geld in der Kasse. Die Patientenzahlen dort steigen stetig, die Kliniken konnten auch mehr Ärzte einstellen.