Wer einen schlechten Ruf hat, braucht gute PR. Weißrusslands Despot Aleksander Lukaschenko setzt auf den siebenjährigen Kolja. Der niedliche Junge muss für seinen Vater Imagewerbung machen. Zieht da jemand seinen Nachfolger heran?
Grodno.
Grundschüler tummeln sich im Stadtpark von Grodno. Die einen verstecken sich, andere haben Wasserpistolen. Am nahen Lenindenkmal flanieren junge Eltern mit Kinderwagen vorbei. Ein Junge steuert ein ferngesteuertes Auto um die Passanten. Solches Kinderspiel genießt der siebenjährige Kolja selten.
Erst vorige Woche legte ihm dafür Venezuelas Staatschef Hugo Chavez väterlich die Hand auf die Schulter. Daneben stand der schnauzbärtige Aleksander Lukaschenko mit einem stolzen Lächeln. Wenige Tage später saß Kolja bereits beim EM-Finale in Kiew. Auch dorthin hatte ihn sein Vater in Mini-Anzug, Hemd und Schlips mitgenommen.
Vor vier Jahren hatte Kolja mit einer Militärparade seine Karriere an der Seite seines Vaters, des umstrittenen weißrussischen Präsidenten, begonnen. Kolja lasse sich nur von ihm füttern und anziehen und folge ihm auf Schritt und Tritt begründete Lukaschenko damals die seltsame Begleiterwahl.
Als Vierjähriger auf seiner ersten Auslandmission
Wenige Wochen danach hatte der Vierjährige seine erste Auslandmission bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking. So ging es bald in einem fort. Und da für Lukaschenko wegen der brutal aufgelösten Wahlfälschungsproteste eine EU-Reisesperre gilt, fiel das bisher nicht groß auf.
Doch in Caracas ging Lukaschenko einen Schritt zu weit. Zuerst soll Kolja auf dem Hinflug eine Stewardess gebissen und ihr mit der Erschießung gedroht haben. Das muss seinen Vater überzeugt haben. „Das ist mein Sohn Nikolaj“, stellte er laut Zeitung „Moskowskije Nowosti“ Chavez den kleinen Staatsgast vor. „Es gibt also jemanden, der den Staffelstab in 20 bis 25 Jahren übernehmen kann“, fügte er an. Das Erbfolgegerücht war im Umlauf.
Ehefrau wurde schon lange nicht mehr gesehen
Im post-sowjetischen Raum hatte zuletzt der aserbaidschanische Herrscher Hajdar Alijew die Regentschaft an seinen Sohn abgegeben. Ähnliche Pläne werden Lukaschenko schon lange nachgesagt. Vor Kolja wurde über Lukaschenkos Sohn aus erster Ehe, Wiktor, als möglicher Nachfolger spekuliert. Der 36-jährige kletterte rasant die Karriereleiter hoch und ist heute Sicherheitsberater im Minsker Präsidentenpalast. Beobachter in Minsk sagen ihm viel Einfluss nach, Lukaschenko aber soll geäußert haben, er würde sich wohl „nicht ganz“ zum Präsidenten eignen. Daneben gibt es noch Dimitrij, laut Vater Lukaschenko ein durchweg ungeeigneter Präsident. Auch Lukaschenkos erste Ehefrau Galina wurde schon lange nicht mehr gesehen.
Der uneheliche Kolja soll einer Beziehung Lukaschenkos mit seiner Leibärztin entstammen. Auch sie ist nie in der Öffentlichkeit zugegen. Wer sich tatsächlich um den kleinen Kolja kümmert, ist unbekannt. In der offiziellen Berichterstattung taucht auch Kolja kaum auf. Eine ausführliche Reportage in der Präsidentenzeitung „Sowjetisches Weißrussland heute“ hebt einzig Vizepremier Wladimir Semaschko als Delegationsmitglied hervor, Kolja erwähnt der Reporter mit keinem Wort. Auch Lukaschenkos Hoffotograf hatte sich bemüht, nur gestandene Männer vor die Linse zu bekommen.
Höchste Amt wird nicht vererbt
Unter den Weißrussen ist Kolja dennoch in aller Munde. Eine Umfrage von „Radia Svaboda“ in den Straßen von Grodno förderte erstaunlich offene Kritik zutage. Der Präsident mache sich doch lächerlich, er sollte besser seine Minister ins Ausland mitnehmen, hieß es etwa. Allerdings fehlte es nicht an Verständnis. Solche Reisen bildeten ein Kind, meinte eine Frau. „Das ist sein Sohn, der Präsident kann mit ihm machen, was er will“, sagte gar einer.
In Weißrussland werde das höchste Amt nicht geerbt, dementierte Lukaschenko kürzlich die Gerüchte. Ein paar Tage danach warf ein geheimnisvolles Kleinflugzeug Teddybären über Weißrussland ab. Ob auch für Kolja einer darunter war, ist fraglich.