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Wasserbüffel sollen ein ehemaliges Militärgelände renaturieren

Wasserbüffel sollen ehemaliges Militärgelände renaturieren

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Wasserbüffel pflegen hessische Sümpfe Foto: dpa
Wasserbüffel sollen in Hessen dabei helfen, Sumpfgebiete auf ehemals militärisch genutztem Gelände zurückzuholen. Eine Bundesbehörde hat sie eigens bei einem Bio-Bauern gemietet. Grund für den ungewöhnlichen Einsatz: Die Wasserbüffel können bis zum Bauch im Wasser stehen und Schilf kleinhalten. So können sich Sümpfe entwickeln.

Büdingen. 

Es sind die letzten Tage unter freiem Himmel. Schwarze Rinder stehen im Regen auf der Weide bei Ortenberg-Gelnhaar im Wetteraukreis und rupfen Gras. Wenn es kälter wird, treibt Siegfried Leinberger seine 80-köpfige Herde in den Laufstall. Alltag auf dem Land, könnte man meinen – wenn da nicht die seltsamen Hörner wären. Sie sind leicht geriffelt und biegen sich von den Schläfen der massigen Tiere halbmondförmig nach hinten. Siegfried Leinberger (52) und sein 21-jähriger Sohn Veit besitzen nach eigenen Angaben die größte Wasserbüffel-Herde in Hessen.

Die in Asien heimischen Tiere sind in Deutschland selten. Rund 2400 Kühe, Bullen und Kälber listet der Deutsche Büffelverband im Internet auf. Die meisten Herden grasen in Sachsen und Niedersachsen.

Sie sind ruhig und robust und gehen nicht durch

„Wir hatten früher ganz normale Rinder“, sagt Veit Leinberger. „Aber sie waren sehr nervös. Wir brauchen Tiere, die ruhig und robust sind und auf der Weide nicht durchgehen.“ Versuchsweise habe man deshalb drei Wasserbüffel auf die eigenen Weiden am Rande des Vogelsberges gestellt. Inzwischen grasen bei den Leinbergers nur noch 20 Fleischrinder der Rasse Blonde d’Aquitaine, aber viermal so viele Wasserbüffel. In diesem Jahr wurden 20 Kälber geboren.

Warum Wasserbüffel? Sie geben kaum Milch, und die Fleisch-Nachfrage hält sich in Grenzen. Familie Leinberger muss ihr Bio-Büffelfleisch über die Grenzen von Hessen hinaus vermarkten. In Langendiebach (Main-Kinzig-Kreis) verkauft Metzgermeister Dieter Wellert Büffel-Steaks und Braten von Tieren aus der Leinberger-Herde. „Die Kunden sind noch ein bisschen skeptisch“, sagt er. Dabei sei das Kilo nur zwei oder drei Euro teurer als herkömmliches Rindfleisch. „Büffelfleisch ist ein bisschen dunkler und hat weniger Cholesterin. Es hat einen Hauch Wildgeschmack.“

Im Alter von zwei Jahren und bei einem Gewicht von 250 Kilo lassen die Büffel im Schlachthof ihr Leben – wenn sie nicht an einen Züchter verkauft werden. Oder als Leitkühe eine Herde anführen, die neue Feuchtbiotope schafft.

Früher war hier der Flugplatz einer US-Garnison

Im kommenden April sollen fünf Büffel aus Gelnhaar so einen Dienst in der Wetterau antreten. Der Bund mietet sie von Bauer Leinberger. Zwei Kilometer vor Büdingen haben die Förster der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) den früheren Flugplatz der US-Garnison renaturiert. Von 1958 an betrieben die Amerikaner dort eine 610 Meter lange und 23 Meter breite Piste mit Hangars und Werkstätten für Kampfhubschrauber. 2007 zogen die letzten Soldaten aus Büdingen ab.

Seither investiert der Bund Millionen, um den ursprünglichen Seemenbach-Sumpf zurückzuholen. Die Spundwände am Bach wurden beseitigt, die Wasserpumpen abgeschaltet. Schilf und Seggengras haben sich schon ausgebreitet. Nur Wasserbüffel können bis zum Bauch in den Tümpeln stehen und diese schwer verdauliche Kost fressen. Sie sollen dafür sorgen, dass hier kein Wald wächst, sagt der BImA-Projektleiter Dominique Meyer beim Ortstermin. Die nassen Trittspuren der Büffel im offenen Gelände seien ein guter Lebensraum für Insekten, Eidechsen und Gelbbauchunken. „Wir prüfen gerade, ob wir hier auch Sumpfschildkröten ansiedeln.“

50 neue Vogelarten folgten den Büffeln

Die längste Erfahrung mit Wasserbüffeln als Biotop-Pfleger hat der Hanauer Förster Günter Hunold. Seit 2011 lässt er 14 Büffel in einem Naturschutzgebiet an der Kinzig bei Erlensee grasen. „Inzwischen haben wir hier über 50 neue Vogelarten gesichtet“, schwärmt Hunold. Er ist sicher, dass bald auch Knoblauchkröten und Grasfrösche auftauchen. Die zehn Hektar große, mit einem Elektrozaun gesicherte Wildweide liegt neben dem Fernradweg 3. Weil die Büffel sich durch den Zaun sogar streicheln lassen, haben sie laut Hunold eine richtige Fangemeinde: „Beim Abtrieb im Oktober waren hundert Leute da.“ Die Büffelkuh Emily hat sogar eine eigene Facebook-Seite. (dpa)