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Pampers nach rüdem Erziehungstipp zur „Auszeit“ im Shitstorm

Pampers nach rüdem Erziehungstipp zur „Auszeit“ im Shitstorm

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pampers~b499182f-4829-4acd-b18b-09c5003bb6b0.jpg Foto: Screenshot Pampers.de
Der Windelhersteller Pampers versucht sich als Kindererzieher – mit drastischen Methoden. Der Shitstorm in Internet ist gewaltig.

Berlin. 

Auf der Homepage pampers.de finden sich – neben jeder Menge Werbung für die Windeln – allgemeine Ratschläge für Eltern und für jene, die es werden wollen. Da geht es um „Entspannungsübungen für die Geburtswehen“ oder „das erste Füttern von Neugeborenen“. Unentschlossene erfahren hier, welche die beliebtesten Vornamen und Jungs und Mädchen sind. Alles ganz bunt, alles ganz harmlos. Aber dann kommt es.

Unter der Rubrik „Kinder/Entwicklung“ empfiehlt der Winderhersteller seinen Kunden, eine Erziehungsmethode, die im Internet inzwischen für scharfe Kritik und Empörung sorgt. Unter der Überschrift „Kinder richtig bestrafen: Auszeiten“ wird es konkret, was den Umgang mit ungehorsamen Kindern betrifft.

„Die Auszeit ist als eine abgeschwächte Form von Isolation zu verstehen“, heißt es da. „Damit bringen Sie zum Ausdruck: ,Wenn du das tust, gehörst du nicht dazu.’“ Für die Auszeit, so die Pampers-Empfehlung, solle man das Kind auf „einen Stuhl an einem neutralen, aber sicheren Ort“ setzen, der keine Ablenkung biete.

Und weiter: „Kündigen Sie nach zwei Warnungen über das verbotene Verhalten an: ,Es ist Zeit für eine Auszeit.’ Nicht mehr. Heben Sie das Kind hoch und setzen Sie es auf den Stuhl für die Auszeit. Wenn das Kind aufsteht, setzen Sie es einfach in den Stuhl zurück und stellen Sie den Timer zurück. Sagen Sie nichts und geben Sie nicht nach.“ Dazu ein Foto, das ein kleines Mädchen zeigt: traurig auf einem Hocker sitzend, mit dem Gesicht zur Wand.

Mutter vergleicht Tipps mit Legehennenbatterien

„Die Dauer der Auszeit sollte ca. eine Minute pro Lebensjahr des Kindes betragen“, heißt es weiter. Die Methode sei für „Kinder im Alter von etwa 18-24 Monaten bis ca. fünf Jahren sinnvoll“.

Viele Eltern sehen das allerdings ganz anders, wie die Reaktionen auf Facebook und bei Twitter zeigen. „Unfassbar“, „schlimm“ oder „unglaublich“ lauteten die Kommentare. Eine Frau aus Kiel zog einen drastischen Vergleich mit Legehennenbatterien.

Auf der Internetseite „elternmorphose.de“ empörte sich eine Autorin über den Pampers-Artikel: „Ich bin stark erschüttert, denn Sie legitimieren damit massivste psychische Gewalt gegenüber kleinen Kindern durch Isolation und durch Ausschluss der Familie.“ Insgesamt sei der Auszeit-Tipp „eine Botschaft, welche an Grausamkeit kaum zu überbieten ist“.

Selbst eine Hebamme, die als „Pampers Expertin“ bei Facebook Müttern Geburtstipps gibt, distanzierte sich von dem Artikel, als sie von einer Userin darauf angesprochen wurde. Sie finde die vermeintlichen Tipps „furchtbar“.

Ansichts der Kritik und des Shitstorms reagierte man bei Pampers – und nahm den „Auszeit“-Artikel von der Homepage. Auf Facebook gab nahm das Unternehmen „zu Widerspruch und Irritation“ im Netz Stellung und entschuldigte sich.

Anstelle des kritisierten Artikels findet sich nun bei pampers.de unter der Überschrift „Auszeit und mehr“ der Hinweis an junge Eltern: „Einigen Studien zufolge ist eine Auszeit eine der effizientesten Erziehungsmethoden – es sollte jedoch nicht das einzige Werkzeug in Ihrem Erziehungsrepertoire sein. Je älter Kinder werden, umso mehr verliert es an Effektivität. Glücklicherweise funktionieren andere Erziehungsmethoden sehr gut bei älteren Kindern.“

Und das Foto von dem traurigen Mädchen in der Strafecke ist auch verschwunden. Stattdessen gibt es nun das Bild einer Mutter, die ihren trotzigen blonden Jungen verständnisvoll betreut.