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Mutter wird Hartz IV gestrichen – die Begründung macht sie fassungslos

Mutter wird Hartz IV gestrichen – die Begründung macht sie fassungslos

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Berlin Wedding, Jobcenter, Arbeitsamt Müllerstraße Berlin Wedding *** Berlin Wedding Jobcenter Labor Office Müllerstraße Berlin Wedding Foto: imago/Jürgen Ritter
  • Eine zweifache Mutter aus Berlin hat Streit mit dem Jobcenter
  • Ihr wurde Hartz IV gestrichen, weil sie angeblich nicht in der vom Staat bezahlten Wohnung lebt
  • Dass dafür ein Beamter durch ihr Fenster spionierte, macht sie fassungslos.

Berlin. 

Kim K. aus Berlin ist wütend – und auch ein bisschen verängstigt. Der 27-jährigen zweifachen Mutter wurde Hartz IV gestrichen, weil sie angeblich nicht oft genug in der vom Staat bezahlten Wohnung wohnt.

Nun liegt sie mit dem Jobcenter im Streit. Weil sie der Meinung ist, dass die Begründung nicht haltbar ist – und weil sie sich unwürdig behandelt und in ihrer Privatsphäre verletzt fühlt. Denn um die Wohnsituation zu kontrollieren, spionierte ein Prüfer des Jobcenters durch ein Fenster ihrer Erdgeschosswohnung.

In dem Fall, über den unter anderem die „B.Z.“ berichtet, steht nun Aussage gegen Aussage. Das Jobcenter behauptet, man habe mehr als 30 Mal erfolglos versucht, die Frau in der Wohnung im Stadtteil Charlottenburg anzutreffen. Kim K., die gerade ihren Schulabschluss nachholt und deswegen keiner Arbeit nachgeht, hält dagegen, dass sie mit den Kindern oft ihre Mutter besuche, viel unterwegs sei und auch nicht immer öffne, wenn geklingelt wird.

Jobcenter streicht 938 Euro im Monat

Wie das Sat.1-Frühstücksfernsehen berichtet, fehlen der Mutter nun 938 Euro im Monat – 550 Euro für Miete und 388 Euro Regelsatz. Nur mit Kindergeld und Unterhaltszahlungen des getrennt von der Familie lebenden Vaters halte sie sich über Wasser – also mit 670 Euro im Monat.

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Laut Kim hätten die Blicke durchs Fenster nicht nur in ihre Privatsphäre eingegriffen, sondern auch keine Argumente liefern können – schließlich sei durch das betreffende Fenster nur ein kleiner Teil der Wohnung zu sehen.

Die „B.Z.“ war bei einem Prüftermin des Jobcenters im Juli dabei und schildert, wie ein Beamter kontrolliert, ob Essen im Kühlschrank, Kleidung in den Schränken und Zahnbürsten im Bad zu finden sind. Außer der Bad-Ausstattung habe alles normal ausgesehen. Die Mutter habe argumentiert, dass die Zahnbürsten als Ersatz in der Kita herhalten müssen.

Kim K. bangt um ihre Wohnung

Eine Sprecherin des Jobcenters sagte der Zeitung: „Die Überprüfungen entsprechen der Rechtsprechung.“ Kim will das dennoch nicht auf sich sitzen lassen – vor allem nicht die Kontrollen vor der Wohnung: „Es geht um meine Würde und den Schutz meiner Privatsphäre.“

Laut Sat.1-Bericht hat die Mutter nun Widerspruch eingelegt und beantragt, alle Zeiten, zu denen das Jobcenter vorgibt kontrolliert zu haben, nachprüfen zu dürfen. Wer im Recht ist – schwer zu sagen. Klar ist aber: Einfach ist die Situation für Kim K. sicherlich nicht.

Vorerst muss sie um ihre Wohnung bangen. Die Wohnung in der Straße, in der ihr Sohn bald zur Schule geht, in der sie sich nach und nach häuslich eingerichtet hat. „In der heutigen Wohnsituation würde ich hier keine Wohnung mehr bekommen“, ist sich Kim sicher. „Das wäre ein Drama.“

(ba)