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Mordfall Peggy (†9): Polizei nimmt Verdächtigen fest – dieses winzige Detail überführte ihn

Mordfall Peggy (†9): Polizei nimmt Verdächtigen fest – dieses winzige Detail überführte ihn

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ARCHIV - 25.04.2013, Bayern, Nordhalben: Ein Gedenkstein mit dem Porträt des Mädchens Peggy auf dem Friedhof. Auch ein abschließendes Gutachten zu einer DNA-Verbindung zwischen dem Mordfall Peggy und dem NSU-Mitglied Uwe Böhnhardt hat den genauen Übertragungsweg nicht klären können. (zu dpa "Polizeieinsatz im Fall Peggy aufgrund neuer Erkenntnisse" am 13.09.2018) Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa

Bayreuth. 

Festnahme im rätselhaften Mordfall um das neunjährige Mädchen Peggy aus Oberfranken: Ein Polizeisprecher bestätigte das am Dienstag in Bayreuth.

17 Jahre nach dem Verschwinden der neunjährigen Peggy aus Oberfranken ist gegen den Tatverdächtigen Haftbefehl wegen Mordes erlassen worden. Ein Ermittlungsrichter am Amtsgericht Bayreuth entschied nach Angaben der Polizei am Dienstag, dass der 41-jährige Deutsche aus dem Landkreis Wunsiedel in Untersuchungshaft muss.

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Peggy: Verdächtiger gab schon zu, Leiche vergraben zu haben

Es bestehe „ein dringender Tatverdacht“, dass der Mann selbst Täter oder Mittäter an Peggys Tötung war und anschließend den leblosen Körper in einem Wald ablegte. „Es steht im Raum, dass mit der Tötung eine zuvor begangene Straftat verdeckt werden sollte“, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Der Mann wurde bereits am Montag festgenommen. Er hat keine Angaben gemacht, den Tatvorwurf aber durch seinen Verteidiger bestreiten lassen.

Knochen in Wald in Thüringen gefunden

Im September 2018 sagte der 41-Jährige dann aus, den leblosen Körper des Mädchens im Mai 2001 in einen Wald in Thüringen gebracht zu haben, wo Jahre später Knochen gefunden wurden.

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Am 7. Mai 2001 war Peggy auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Gut 15 Jahre später – Anfang Juli 2016 – fand ein Pilzsammler Teile ihres Skeletts in einem Wald bei Rodacherbrunn in Thüringen – knapp 20 Kilometer von Peggys Heimatort Lichtenberg in Oberfranken entfernt.

2004 war bereits ein der geistig behinderte Ulvi K. im Fall Peggy verurteilt worden: zu einer lebenslangen Haftstrafe.

Fall Peggy: Freispruch für vermeintlichen Täter

Ungewöhnlich an dem Gerichtsverfahren: Das Urteil stützte sich fast ausschließlich auf das Geständnis des vermeintlichen Täters, das er später widerrief. Bis dahin war weder eine Leiche gefunden worden, auch andere Beweise oder klare Indizien fehlten.

Am 30. September 2003 war der Prozess vor dem Landgericht Hof eröffnet worden – das Verfahren lief unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Weil ein Schöffe in der Kammer fehlte, wurde der Prozess im Fall Peggy zunächst abgebrochen – und im Oktober wieder aufgenommen.

Hauptindiz, das letztlich zur Verurteilung führte, war das Geständnis des Angeklagten. Ein Gutachten bescheinigte den Schilderungen eine hohe Glaubwürdigkeit. Ein Argument: Angesichts seines stark unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten von 68 sei es unwahrscheinlich, dass sich K. einen derart schlüssigen Tathergang habe ausdenken und merken können. Zudem gebe es keinen Grund, dass sich K. im Fall Peggy selbst belasten würde.

Peggy: Eltern gründen Bürgerinitiative

Die Verteidigung von K. ging im Fall Peggy in Revision, 2005 verwarf der Bundesgerichtshof die Revision, das Urteil war damit rechtskräftig.

Die Eltern von K. sowie Peggys Vater sowie ihre Großeltern glaubten indes an seine Unschuld und gründeten eine Bürgerinitiative.

2013 ordnete das Landgericht Bayreuth eine Wiederaufnahme des Verfahrens an, K. wurde 2014 freigesprochen.

Fall Peggy: Polizei findet mikroskopisch kleine Pollen

An den sterblichen Überresten des Mädchens fanden die Ermittler mikroskopisch kleine Pollen, die als Bestandteile von Torf identifiziert werden konnten. Hier ergab sich ein Bezug zu Pflanzarbeiten des Mannes am Tattag, die den Ermittlern bekannt waren. Außerdem fanden sie Farbreste, wie sie in Renovierungsmüll vorkommen. „Den Ermittlern war bekannt, dass der jetzt Beschuldigte damals umfangreiche Renovierungsarbeiten ausgeführt hatte“, hieß es im September.

Auch ein angebliches Alibi des Mannes platzte: Entgegen seinen früheren Angaben war er am Tattag in Lichtenberg unterwegs. Den Schulranzen und die Jacke von Peggy will der 41-Jährige Tage später bei sich zu Hause verbrannt haben. Sein goldfarbenes Auto haben Polizei und Staatsanwaltschaft inzwischen gefunden.

Im Lauf der Jahre gab es in dem Fall bereits mehrere Verdächtige, doch viele Spuren liefen ins Leere. Deutschlandweites Aufsehen erregte der Fall eines geistig behinderten Mannes, den ein Gericht 2004 als Mörder von Peggy verurteilte, der aber zehn Jahre später in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen wurde.

Zudem entdeckten Ermittler am Fundort von Peggys Skelett DNA des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt. Das stellte sich später aber als Verunreinigung eines Geräts der Spurensicherung heraus. (dpa/lin/pen)