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Hass auf die Schule trieb Georg R. zum Amoklauf

Hass auf die Schule trieb Georg R. zum Amoklauf

Der Amokläufer von Ansbach, Georg R. Foto: ddp
Der Amokläufer von Ansbach, Georg R. Foto: ddp Foto: Foto: ddp

Ansbach. Die Polizei hat vier Tage nach dem Amoklauf von Ansbach erste Details ihrer Ermittlungen bekannt gegeben. Demnach lassen Aufzeichnungen des Täters auf ein mögliches Motiv schließen. Der 18-jährige Georg R. ist inzwischen aus dem Koma erwacht und soll bald verhört werden.

Der Amokläufer von Ansbach hat bei seiner Tat aus allgemeinem Hass auf die Menschen und die Schule gehandelt. Das geht aus Aufzeichnungen des 18 Jahre alten Täters hervor, die Ermittler auf seinem Laptop rekonstruierten, wie Oberstaatsanwältin Gudrun Lehnberger am Montag in Ansbach sagte. Für die Tat habe sich der Schüler eigens ein T-Shirt mit der Aufschrift «Made in School» besorgt. Schreiben des 18-Jährigen an eine «fiktive Ansprechpartnerin» zeigten, dass er sich ausgegrenzt gefühlt habe. Er habe Angst gehabt, das Abitur nicht zu bestehen und schwer zu erkranken.

Erste Aufzeichnungen schon im April

Erklärtes Ziel des Täters sei gewesen, möglichst viele Schüler zu töten und das Schulgebäude niederzubrennen. Erste Notizen dazu machte er laut Staatsanwaltschaft bereits im April. Anfang Mai seien die Pläne konkreter geworden, und er habe sich bereits auf seine Bewaffnung festgelegt: eine Axt, Messer und Molotowcocktails. Anfang Juni habe er die dritte Etage des Schulgebäudes als Tatort benannt und den Tatzeitraum bestimmt.

Unterdessen ist der schwer verletzte Täter vier Tage nach dem Amoklauf an einem Gymnasium aus dem künstlichen Koma erwacht. Da der 18-Jährige zu den wenigen überlebenden Amokläufern überhaupt gehört, erhoffen sich die Ermittler nun von seiner Befragung Aufschluss über seine Beweggründe. Er sei ansprechbar, aber bisher noch nicht vernommen worden, sagte Oberstaatsanwältin Gudrun Lehnberger.

Sollte sich der Gesundheitszustand des 18-Jährigen nicht wieder verschlechtern, werde noch im Laufe des Tages der Haftbefehl wegen zehnfachen versuchten Mordes gegen ihn eröffnet.

In Ansbach hatte der 18-jährige Täter am Donnerstag mit fünf Brandsätzen, vier Messern und einer Axt bewaffnet einen Anschlag auf seine Schule verübt. Dabei wurden neun Schüler und ein Lehrer verletzt. Zwei 15-jährige Mädchen erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Der Täter selbst wurde von einem Polizisten niedergeschossen und schwer verletzt. Mit einem ökumenischen Gottesdienst gedachten rund 1.000 Menschen am Sonntagabend in der evangelischen Johanniskirche den Verletzten und ihren Angehörigen.

Schüler möchten wieder Unterricht haben

Eine der beiden lebensgefährlich verletzten Schülerinnen aus der zehnten Klasse erlitt ein offenes Schädel-Hirn-Trauma durch einen Schlag mit der Axt auf den Kopf, ihre Mitschülerin schwere Brandwunden. Beide Mädchen sind seit Freitag außer Lebensgefahr und weiter auf dem Weg der Besserung, wie es aus gut informierten Kreisen hieß. Die Schülerin mit den Brandverletzungen könne wohl bereits in der kommenden Woche aus der Klinik entlassen werden.

Unterdessen versuchen die rund 700 Schüler des Gymnasiums Carolinum, zur Normalität zurückzufinden, wie Schuldirektor Franz Stark der AP sagte. Am Morgen hätten sich etwa 400 Gymnasiasten zu einer Besprechung in der Sporthalle eingefunden und den Wunsch geäußert, wieder Unterricht zu haben. Bei Bedarf stehe aber weiterhin ein Team zur psychologischen Betreuung zur Verfügung. «Wir wollen sie langsam wieder and die Normalität gewöhnen», sagte Stark.

Auch die Schüler der Klassen 9c und 10b, in deren Klassenräume der 18-Jährige je zwei Brandsätze geworfen hatte, hätten sich für eine Wiederaufnahme des Unterrichts ausgesprochen. Ihnen würden Ausweichräume zur Verfügung gestellt, da die Tatorte im dritten Stock des Schulgebäudes weiterhin nicht zugänglich seien.

Amokläufer war bisher nicht gewalttätig

Den Amoklauf hatte der angehende Abiturient als «Apocalypse Today» in seinen Kalender für den 17. September eingetragen. Außerdem hatte er ein Testament verfasst und auf den Jahrestag des Terroranschlags von New York, 9/11, datiert.

Bei zurückliegenden Amokläufen an Schulen in Deutschland, den USA und Finnland waren die Täter meist von der Polizei getötet worden oder hatten sich selbst umgebracht. (ddp/ap)