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58-Jähriger wollte Jugendliche nur gegen Geld aus Aufzug befreien

58-Jähriger wollte Jugendliche nur gegen Geld aus Aufzug befreien

Wesel. Wegen unterlassener Hilfeleistung wurde ein 58-jähriger Hartz IV-Empfänger vor dem Weseler Amtsgericht zu 500 Euro Geldstrafe verurteilt. Der ehrenamtliche Aufzugwart hatte fünf junge Erwachsene nicht aus einer stecken gebliebenen Fahrstuhlkabine befreit, statt dessen hatte er sie beschimpft.

Es hatte ein lustiger Abend werden sollen, den fünf Jugendliche im April geplant hatten. Doch zum Lachen war am Ende keinem von ihnen mehr zumute. Statt auf einer Party zu tanzen, blieben die drei Mädchen und zwei Jungen im Aufzug stecken. Und statt ihnen zu helfen, machte sich ein 58-jähriger ehrenamtlicher Aufzugswart über sie lustig, beleidigte sie und verlangte Geld für ihre Rettung. Das Weseler Amtsgericht verurteilte Ludwig T. (Name geändert) gestern wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Geldstrafe von 500 Euro.

Die Jugendlichen hatten sich in der Wohnung einer Freundin getroffen, die im gleichen Haus wohnt wie Ludwig T. Gegen 23 Uhr wollte die Gruppe sich auf den Weg zu einer Party machen.

Alarm per Notruftaste

Ohne nachzudenken, stiegen alle fünf in den Aufzug des Hauses, der allerdings nur für vier Personen zugelassen ist und steckenblieb. Per Notruftaste alarmierten sie Aufzugswart Ludwig T.

Als zuverlässiger Helfer in der Not stellte sich der vorbestrafte Hartz IV–Empfänger aber nicht heraus, wie die Jugendlichen gestern vor dem Weseler Amtsgericht beschrieben. Statt sie mit einem Schlüssel schnell aus dem Fahrstuhl zu befreien – was nach Aussagen der Feuerwehr leicht möglich gewesen wäre – beschimpfte der 58-Jährige sie als dumm und sagte, er wolle Geld von ihnen, sonst würde er sie bis morgens im Fahrstuhl sitzen lassen. Als der Angeklagte die Jugendlichen daraufhin allein ließ, riefen diese die Feuerwehr und wurden kurz später befreit.

Er habe die Geldforderung nicht ernst gemeint und sei nur fortgegangen, um „der Vorschrift nach“ im Betriebsraum den Strom abzuschalten und den Fahrstuhl per Hand 30 Zentimeter hoch auf die nächste Etage zu kurbeln, beteuerte Ludwig T. Zwar sei er sehr wütend über die Dummheit der Jugendlichen gewesen, habe ihnen aber helfen wollen.

18-Jährige bekam Panik-Attacke

So richtig kaufte Richter Hermann Dreßler das dem 58-Jährigen nicht ab. „Wenn jemand bei Rot über die Ampel geht und angefahren wird, können sie dem auch nicht sagen, er sei selbst Schuld und ihn da liegen lassen, um erstmal ein Bier trinken zu gehen“, sagte er. Zumal das „Zappelnlassen“, mit dem T. die Jugendlichen offensichtlich bestrafen wollte, schwere Folgen hätte haben können: Eine 18-jährige Asthmatikerin wurde ohnmächtig, eine weitere 18-Jährige hyperventilierte. „Im schlimmsten Fall hätten wir hier eine fahrlässige Tötung verhandelt“, machte Dreßler deutlich. „Beim nächsten Mal Helfen statt Sprüche reißen.“ Ein nächstes Mal wird es vermutlich aber nicht geben: Ludwig T. ist nicht mehr als Aufzugswart tätig. (gasch)