München.
Fünf Jahre nach seinem gewaltsamen Tod ist Rudolph Moshammer fast vergessen -obwohl er zu Lebzeiten ein Meister der Selbstvermarktung war. Heute erinnert nur noch eine Marmortafel mit dem früheren Geschäftsnamen an Mosis Glanz.
Es war einer der größten Trauerzüge, die München je gesehen hat. Tausende Menschen säumten die Straßen, als Rudolph Moshammers Sarg durch die Innenstadt gefahren wurde. Wenige Tage zuvor, am 14. Januar 2005, war der schrille Modeschöpfer in seinem Haus in Grünwald vor den Toren Münchens von einem Sexpartner erdrosselt worden. Doch «Mosis» Mythos starb mit seinem Schöpfer. Heute, fünf Jahre nach seinem Tod, ist die Figur Moshammer nicht nur in seiner Heimatstadt so gut wie vergessen.
In der noblen Maximilianstraße pflegte Mosi in seinem aufgedonnerten Klamottenladen «Carnaval de Venise» Hof zu halten. Jeden Morgen fuhr er hier mit seinem weißen Rolls Royce vor, chauffiert von seinem Adlatus Andreas Kaplan, und stets in Begleitung von Schoßhündchen Daisy, die stets genauso gestylt war wie sein Herrchen und in einer Handtasche residierte. An den Schaufenstern des Geschäfts drückten sich Touristen die Nase platt, um einen Blick zu erhaschen auf den merkwürdigen Mann mit der helmartigen, schwarz glänzenden Frisur und dem affektiert wirkenden Gehabe.
Heute erinnert nur noch eine Marmortafel mit dem früheren Geschäftsnamen an Mosis Glanz. Verkauft werden hier nicht mehr Klamotten, sondern Schweizer Luxusuhren. Nur gelegentlich, sagt ein Verkäufer, fragten noch Touristen, wo denn der «Carnaval de Venise» geblieben sei. Wer heute Mosi-Couture sucht, wird nur noch beim Internettrödler fündig. Dort gibt es jede Menge Mosi-Krawatten, einst ein gerne und oft gekauftes Münchner Mitbringsel, aber auch Edleres wie einen Kaschmir-Mantel oder ein Daisy-Plüschtier.
Die weitere Spurensuche führt zu Münchens ältestem Gasthaus, der «Hundskugel», das einst gleichfalls zu Mosis Einflussbereich gehörte. Ein entsprechender Schriftzug auf der Wand des Hauses in der Münchner Altstadt zeugt noch davon. Drinnen hängt sogar noch ein Foto des früheren Besitzers samt Daisy über der Kasse. Das Gasthaus gehöre heute einer Erbengemeinschaft, berichtet der Kellner. Wer im Münchner Stadtmuseum nach Mosi-Erinnerungsstücken sucht, wird enttäuscht. Es sei leider nicht gelungen, den mobilen Nachlass des Mannes «umfangreicher» zu sichern, sagt der stellvertretende Museumsleiter Florian Dering. Falls in Zukunft einmal eine Sonderschau zu Münchner Originalen gezeigt werde, sei Mosi «natürlich dabei», versichert Dering.
Meister der Selbstvermarktung
Rudolph Moshammer galt als Meister der Selbstvermarktung. Er kreierte ein ganzes Arsenal von Mosi-Merchandising-Produkten, darunter auch ein «Daisy-Fellglanzspray für Hunde». In seinen zahlreichen Büchern präsentierte er die selbstgeschaffene Kunstfigur «Mosi», eine Mischung aus König-Ludwig-Double und ewigem Muttersöhnchen, garniert mit einem Hauch Halbwelt. Moshammer war homosexuell, ging damit aber nicht offen um. Auf der Suche nach sexueller und vielleicht auch emotionaler Erfüllung hielt er nachts auf der Straße Ausschau nach willigen jungen Männern. Eine dieser Straßenbekanntschaften wurde ihm dann zum Verhängnis.
Dass Mosi ein Liebling der Münchner Schwulenszene war, dementiert der Inhaber des schwulen Buchladens «Max & Milian». «Dafür war er zu verklemmt.» Die Bücher des Meisters mit Titeln wie «Mama und ich», «Elegant kochen ohne Schnickschnack» oder «Ich, Daisy, Bekenntnisse einer Hundedame» seien höchstens mal als kuriose Geschenke über den Tresen gegangen. Dagegen flogen offenbar nicht nur ältere Damen auf Mosis Enthüllungen. «Das waren alles Bestseller», sagt Sissi Klausner, Vertriebschefin der Verlagsgruppe Herbig. Sie erinnert sich noch gut an eine Buchpräsentation mit Moshammer im Jahre 1995. «Die Leute haben uns fast totgetrampelt.» Heute seien die Schwarten schlicht unverkäuflich.
Wirklich in Ehren gehalten wird Mosis Andenken nur noch bei den Münchner Obdachlosen, für die sich der in einfachen Verhältnissen aufgewachsene Modeschöpfer, dessen Vater selbst in der Gosse endete, stets engagiert hatte. 460 000 Euro vermachte er der Obachlosenzeitschrift «Biss». Aus dem Nachlass werden unter anderem Patenschaften für ins Rentenalter gekommene «Biss»-Straßenverkäufer finanziert. Auch Moshammers Verein «Licht für Obdachlose e.V.» ist noch aktiv. Er unterstützt etwa die Obdachlosenhilfe der Münchner Benediktinerabtei St. Bonifaz.
Der Handel mit Mosi-Devotionalien war nach der Beerdigung, spätestens aber nach der Verurteilung seines Mörders, des Irakers Herisch A. zu lebenslanger Haft, schnell abgeebbt. Ein Mosi-Musical und sogar eine Mosi-Oper floppten. Jetzt verströmt nur noch das pompöse Mausoleum der Moshammers auf dem Münchner Ostfriedhof ein wenig Glanz. Hier liegt Mosi an der Seite seiner 1993 verstorbenen Mutter, die jahrelang in der Öffentlichkeit nicht von der Seite ihres Sohnes gewichen war. Mosis Lieblingshündin starb 2006 in der Obhut von Chauffeur Andreas Kaplan, der die Urne mit ihren sterblichen Überresten in seiner Vitrine aufbewahrt. (ddp)