Weil sie unter schweren Depressionen litt, soll eine Frau in Viersen ihren neunjährigen Enkel und sich selbst angezündet haben. Die Großmutter überlebte, das Kind starb wenige Tage später. Die Staatsanwaltschaft fordert jetzt sieben Jahre und neun Monate Haft für die 55-Jährige. Die Verteidigung plädiert auf fahrlässige Tötung.
Mönchengladbach.
Um sich und ihren Enkel zu töten, soll eine 55-Jährige im Februar in Viersen Verdünner im Auto ausgegossen und angezündet haben. Der Neunjährige starb einige Tage später, die Großmutter überlebte. Vor dem Landgericht Mönchengladbach hat am Mittwoch die Staatsanwaltschaft 7 Jahre und neun Monate Haft gegen die Frau wegen Totschlags in einem minderschweren Fall gefordert.
Als die Frau die Flüssigkeit entzündete, hatte der neunjährige Junge neben ihr gesessen. Er starb Tage später. Die Frau aus Viersen war Vormund des Jungen. Zur Tatzeit litt sie unter einer schweren Depression.
Die leibliche Großmutter habe den Jungen allein großgezogen, sei aber damit überfordert gewesen, sagte Staatsanwalt Stefan Lingens. „Sie hat schlichtweg resigniert und sich gefragt, was soll das alles“, sagte Lingens. Mit dem Jungen und ihrem Hund fuhr sie laut Anklage zu einem Parkplatz, wo sie oft mit beiden war. „Sie wollte sich umbringen“, sagte Lingens und im Affekt habe sie beschlossen, auch den Jungen zu töten.
Großmutter lag im Koma
Laut Anklage setzte sie den Jungen in den Kindersitz neben sich auf die Rückbank, steckte den Autoschlüssel ins Zündschloss und verschloss die Fenster. Mit dem Feuerzeug oder einer Zigarette habe sie das Gasgemisch entzündet. „Der Samy war nicht mehr in der Lage, sich aus der Situation zu befreien“, sagte der Staatsanwalt. Der Junge sei in seinem Sitz bewusstlos geworden und Tage später im Krankenhaus gestorben. Die Großmutter überlebte schwer verletzt und lag im Koma. Der Verhandlung folgte sie weitgehend unter Tränen. Sie kann sich angeblich nicht mehr an die Tat erinnern.
Die Frau habe sich aufopferungsvoll um den Jungen gekümmert, sagte Verteidigerin Gabriele Reinartz. Die Großmutter war demnach seit der Geburt Vormund des Kindes. Beide hätten einander „abgöttisch“ geliebt, berief sie sich auf Zeugen. Die Anwältin ging davon aus, dass sich die Großmutter vor der eigentlichen Tat eine Zigarette angezündet hat, um noch einmal nachzudenken. Aus diesem Grund plädierte sie auf fahrlässige Tötung. Das Urteil soll am Donnerstag (17. Oktober) verkündet werden. (dpa)