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Eine Kampagne fordert: Eltern, legt euer Smartphone weg!

Eine Kampagne fordert: Eltern, legt euer Smartphone weg!

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plakatessen~9b97a072-6125-457d-95b1-78b244a8f226.jpg Foto: Lakost
Eltern, legt eure Smartphones weg! Eine Kampagne will, dass Eltern wieder mit ihren Kindern reden – und dafür auf das Handy verzichten.

Berlin. 

„Mama, Mama, guck mal!“ Stolz präsentiert das fünfjährige Mädchen seine selbstgebaute Sandburg. Doch von Mama gibt es kein Lob, keine Aufmerksamkeit. Mama schaut nur kurz hoch, winkt genervt und wendet sich dann wieder ihrem Smartphone zu. Die WhatsApp-Nachricht ist gerade wichtiger.

Nicht nur auf dem Spielplatz, auch im Zug, in der Kita oder im heimischen Wohnzimmer spielen sich ähnliche Szenen ab: Mama und Papa schauen auf ihre Handydisplays, das Kind fühlt sich vernachlässigt.

Eltern sollen Auszeit vom Smartphone nehmen

Eine Plakataktion in Mecklenburg-Vorpommern soll das ändern. Seit dem 20. Oktober hängen dort Plakate, die vor allem junge Eltern dazu anregen sollen, Auszeiten vom Handy zu nehmen – und den Kindern mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Plakate halten den Eltern den Spiegel vor: Die Motive zeigen Mama und Papa auf dem Spielplatz oder in der Küche. Beide blicken auf das Handydisplay, während das Kind daneben steht. Dazu die Frage: „Heute schon mit ihrem Kind gesprochen?“

„Wenn niemand zuhört, ziehen sich Kinder zurück“

„Erzieher haben uns immer häufiger davon berichtet, dass Eltern ihre Kinder aus der Kita abholen und nicht mal „Hallo“ sagen, weil sie telefonieren“, sagt Birgit Grämke von der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen in Schwerin unserer Redaktion. Eltern sollten daher mehr über ihre Handynutzung nachdenken, fordert Grämke. Mit der Landeskoordinierungsstelle hat sie die Kampagne „Medien-Familie-Verantwortung“ gestartet.

„Die Kinder haben ja auch einen Arbeitstag hinter sich und wollen ihren Eltern davon berichten. Aber wenn keiner zuhört, ziehen sie sich zurück.“ Der Nachwuchs denke, dass das Handy wichtiger sei, erklärt Birgit Grämke.

Kampagne will Eltern sensibilisieren

3000 Poster hängen landesweit, 1600 davon in Kitas. Sie sollen den Erziehern helfen, das heikle Thema auch bei den Eltern anzusprechen. Die seien durchaus einsichtig, wenn sie auf ihren intensiven Smartphonegebrauch aufmerksam gemacht würden, sagt Birgit Grämke. Manchen sei das noch gar nicht bewusst. „Wir wollen sensibilisieren“, so Grämke.

Denn dass der eigene Handygebrauch Auswirkungen auf das Kind haben kann, zeigen mehrere Studien. In Norwegen fühlen sich einer Umfrage zufolge elf Prozent der Mädchen und Jungen wegen des Internets von ihren Eltern vernachlässigt. In Schweden leidet jedes dritte Kind darunter, dass sich seine Eltern mehr mit dem Handy als mit ihm beschäftigen.

Fehlende Aufmerksamkeit kann Depressionen auslösen

In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild. Einer Studie des Antivirus-Herstellers AVG zufolge finden 54 Prozent der befragten Kinder zwischen acht und 13 Jahren, dass die Eltern zu oft auf das Smartphone schauen. Ein Drittel ist sogar der Meinung, dass ihre Eltern dem Handy mehr Aufmerksamkeit widmen als ihnen.

Experten sehen darin eine Gefahr. So kann es beim Nachwuchs zu Verzögerungen in der Sprachentwicklung kommen, wenn die Eltern lieber im Internet surfen als sich mit dem Kind zu beschäftigen.

Das bestätigt Birgit Grämke. Erzieher berichteten ihr, dass Kinder immer später sprechen lernten. Auch Bindungsprobleme zwischen Eltern und Kind seien möglich, so Grämke. Und Psychologen warnen davor, dass die fehlende Aufmerksamkeit im schlimmsten Fall sogar Depressionen auslösen kann.