Berlin/Johannesburg.
Erst vergangene Woche stand Winnie Mandela wieder auf einer Bühne in Südafrika und redete laut in ein Mikrofon. „Eine ganze Menge läuft verkehrt in unserem Land“, sagte sie am Donnerstag. „Wir alle wissen, die Universitäten brennen gerade, die Studenten sind auf der Straße, aber Bildung wird so schnell nicht kostenlos werden.“ Das hat sie ein Leben lang geübt: Sich gerade hinstellen und eine mitreißende Rede halten. Heute wird sie 80 Jahre alt.
Während der Rede steht hinter ihr eine Wand, auf der die Worte „Mandelas Erbe“ geschrieben sind. Und schon wird auf einen Blick deutlich, was diese Frau wirklich darstellt: Sie trägt die Fackel der Freiheit oder zumindest der Hoffnung auf die Freiheit noch weiter. Auch in dieser Rede wird sie die Korruption anprangern, sie wird die Zuhörer zum Lachen bringen, und auch dieses Mal wird sie schließlich wieder einen kontroversen Satz sagen, den sie später wohl wieder zurücknehmen muss. Sie sagt: „Ich bin der ANC.“
Dabei ist sie nicht einmal die Präsidentin des African National Congress, sondern nur Mitglied in der Partei, die einst die Apartheid in Südafrika beendete. Aber einst stand an deren Spitze lange ihr Ex-Mann: Nelson Mandela. Der Freiheitskämpfer starb vor fast drei Jahren, eine Legende wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. Während er 27 Jahre im Gefängnis saß, wartete sie auf ihn: Nomzamo Winifred Zanyiwe Mandela, kurz Winnie Mandela. Ihre Fans nennen sie: „Mutter der Nation“.
Kennengelernt haben sich die beiden an einer Bushaltestelle in Soweto. Es war 1958 und Nelson hatte schon drei Kinder mit einer anderen Frau. Zum ersten Date holte er sie mit einem Auto ab, doch vor dem Lunch wollte er noch Gewichte stemmen. „Ich sollte ihm beim Schwitzen zusehen“, erinnerte sie sich. „Außerdem war das schon eine Zeichen für unsere Beziehung: Ich würde mitkommen und sollte ihn dann von Ferne anhimmeln.“ Etwas verbittert bringt sie es auf den Punkt: „Schon damals war das Leben mit ihm ein Leben ohne ihn.“
Nach der Trennung weiterhin politisch aktiv – aber verbittert
Die beiden heirateten noch im gleichen Jahr, und ihnen blieben zunächst nur vier gemeinsame Jahre. Im Jahr 1963 wurde Mandela inhaftiert, und auch Winnie Mandela wurde während dieser Zeit oft verhört, gefoltert, inhaftiert und schließlich in ein kleines Dorf verbannt. Als Mandela im Februar 1990 wieder freikam, lief sie Hand in Hand an seiner Seite. Sie stand auch neben ihm auf dem Balkon, als er der Bevölkerung mit erhobener Faust zurief: „Amandla!“ Das Wort bedeutet „die Macht“.
Die Ehe der Mandelas hält noch offiziell zwei Jahre, dann trennt sich das Paar, im Jahr 1996 ist die Scheidung offiziell und sie nimmt ihren Mädchennamen Madikizela wieder an, ohne Mandela abzulegen. Schon damals schwang die Verbitterung der späteren Jahre mit, als sie kommentierte: „Ich will nicht jemandes Blume sein, die nur als Verzierung Bedeutung erlangt.“ Diese könnte daher rühren, dass viele sie schon als die Führungsperson sahen, zumindest solange ihr Mann im Gefängnis war.
Politisch leistete sie sich Skandale: In einer Rede deutete sie an, dass sie Gewalt und Mord gutheiße. Ihr Bodyguard war verwickelt in Morde und beschuldigte Winnie Mandela, ihn beauftragt zu haben. Im Jahr 1991 wurde sie wegen Entführung verurteilt, nicht aber wegen Mordes. Als sie später Kultur-Vizeministerin wird, muss sie nach elf Monaten zurücktreten – ausgerechnet wegen Korruptionsvorwürfen. Vor der Wahrheitskommission gab sie zu: „Manche Dinge waren einfach wirklich falsch.“
Die Reden zu ihrem 80. Geburtstag sind im Internet zu sehen, die Elite Südafrikas sitzt beisammen, darunter ihre gemeinsamen Töchter Zenani und Zindziswa. Winnie Mandelas eigene Rede ist kurz, aber sie sieht dabei fantastisch aus, sie trägt ein schwarz-weißes Kleid, die Haare sind hochgesteckt. Sie ist schwer zu verstehen, aber bringt ihre Zuhörer zum Lachen. Am Ende ruft sie laut mit erhobener Faust: „Amandla!“