Ein Krawall-Rap sorgt für Empörung: Bushido pöbelt sich durch einen Song für seinen Kollegen Shindy. Die Betroffenen wollen sich juristisch wehren, zugleich gibt es eine Debatte um den Integrationsbambi für den Musiker.
Berlin.
Vom bösen Buben zum neuen Liebling der deutschen Unterhaltungsbranche: Im November 2011 war für Bushido, so schien es, genau dieser Moment gekommen. Der Burda-Konzern bedachte den Sohn einer Deutschen und eines Tunesiers mit dem Integrations-„Bambi“. „Er gilt“, meinte die Jury damals, „als der erfolgreichste Rap-Musiker Deutschlands und ist ein hervorragendes Beispiel für gelungene Integration.“ Mehr noch: „Bushido setzt sich ein gegen Gewalt und für ein respektvolles Miteinander.“
„Ich verkloppe blonde Opfer so wie Oli Pocher“
Pustekuchen. In dem Stück „Stress ohne Grund“ seines Sangesbruders Shindy pöbelt Gangsta-Rapper Bushido so peinlich wie plump. Bedrohungen und Beleidigungen personalisiert er. „Ich verkloppe blonde Opfer so wie Oli Pocher“, heißt es beispielsweise. Zwei Politikern wünscht der 34-jährige gebürtige Bonner gar den Tod. „Ich will, dass (FDP-Politiker) Serkan Tören jetzt ins Gras beißt.“ Und: „Ich schieß auf (Grünen-Chefin) Claudia Roth, sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz.“ Und für Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit hat Bushido derb schwulenfeindliche Zeilen bereit.
Sozialdemokrat Wowereit und FDP-Integrationsexperte Tören wollen das nicht auf sich beruhen lassen. Sie kündigten am Wochenende Strafanzeigen an. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast empörte sich, sah einen „eindeutigen Aufruf zu Gewalt und Mord“.
Kopien geistern weiter durch den digitalen Orbit
Im Netz wurde das Video am Samstag gesperrt. In Kopien geistert es aber weiter durch den digitalen Orbit. Bushido verbreitete über sein Twitter-Profil unterdessen weiter Artikel und Kommentare zu der Diskussion. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft das Lied bereits.
Senatssprecher Bernhard Schodrowski sagte, Wowereit werde am Montag Strafantrag stellen. Zudem wolle Berlins Regierender weitere rechtliche Schritte prüfen. Es geht um Unterlassung, möglicherweise auch um Geldentschädigung.
„Das Video ist voller Hass, ich verstehe es so, dass es zu einem Mord aufruft“, sagte Tören der „Berliner Morgenpost“.
Politiker verurteilten die rüden Verbal-Angriffe auf ihre Kollegen. Künast forderte die Staatsanwaltschaft in der „Bild am Sonntag“ auf, mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ein Zeichen zu setzen: „Bushido hat die Grenzen des Rechts überschritten.“
Christdemokrat Bosbach verlangt Solidarität mit Kollegen
Innenausschuss-Chef Wolfgang Bosbach verlangte laut „B.Z.“, die Betroffenen zu schützen. „Die Todesdrohung ist ein sehr ernstzunehmender Vorgang.“ Für Tören und Roth verlangte Christdemokrat Bosbach parteiübergreifende Solidarität.
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck forderte laut „Handelsblatt“, Bushido den Integrationsbambi abzuerkennen. „Wenn Burda den Integrationsbambi nun nicht zurückzieht, ist dieser Preis nur noch für die Tonne gut“, sagte Beck. Eine Sprecherin des Verlags hielt sich bedeckt: „Wir kommentieren das Thema nicht.“ Das verwundert. Denn für Burda erweist sich die Aktion, die damals die verschnarchte Gala verjüngen sollte, mit zunehmender Dauer als PR-Desaster.
Bambi steigerte die Quote, Bushido kokettierte mit Polit-Karriere
Dabei schien die Rechnung für Burda und Bushido tatsächlich eine Zeit lang aufzugehen. Der biedere „Bambi“ steigerte seine Quote, und der Rapper machte, mit Smoking und Beredsamkeit, positive Schlagzeilen. Er kokettierte sogar mit Polit-Ambitionen.
Vorbei. Spätestens seit den wiederkehrenden Spekulationen über Bushidos Nähe zur organisierten Kriminalität in Berlin ist dem Musiker klar, dass er keine Chance hat, jemals zum Lieblingsschwiegersohn der Nation zu werden. Jetzt übt er sich in der Pose des verstoßenen Rap-Rüpels. Mit seinem Video hat er allerdings ein Ziel erreicht: mit minimalem Aufwand ein Maximum an Aufmerksamkeit zu erreichen. Bushido macht Stress. Mit Grund.