In der Ostsee wachsen die „Todeszonen“. Der Klimawandel ist schuld. Das Wasser der Ostsee werden wärmer. Das hat zur Folge, dass sich Blaualgen ausbreiten können. Die Bakterien rauben den Fischen den Sauerstoff. Und das hat fatale Folgen.
Essen.
Der Kampf findet unter Wasser statt. Besucher an der Ostküste Bornholms ahnen beim Anblick seicht vor sich hinplätschernder Wellen nicht, dass sich nur ein paar Kilometer vor der Küste eine sogenannte Todeszone in der Ostsee befindet. Ein Gebiet am Meeresgrund, in dem der Sauerstoffgehalt des Wassers so gering ist, dass kein Fisch überleben kann. „Die Region ist tödlich für höhere Organismen“, sagt Karoline Kabel, Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW).
Zehn Prozent der Ostsee – oder umgerechnet 40.000 Kilometer – seien inzwischen tot. Die Gefahr, dass sich diese Gebiete in den nächsten Jahren weiter ausweiten, könne nicht ausgeschlossen werden. Der Grund: steigende Wassertemperaturen, also der Klimawandel. In einer neuen Studie haben Kabel und ihre Kollegen vom IOW herausgefunden, dass „die Oberflächentemperatur der Ostsee großen Einfluss auf den Sauerstoffgehalt des Tiefenwassers hat“. Mit Sedimentdaten und Simulationen wiesen die Wissenschaftler diese These nach.
Die Ostsee: ein Fast-Binnengewässer
Die kleine Ostsee ist mit der großen Nordsee nur über wenige Meerengen verbunden. Das hat zur Konsequenz, dass das Fast-Binnengewässer nur selten mit frischen Wasser aus dem riesigen Atlantik durchmischt wird. Aus den Flüssen werden zudem leichtes Süßwasser und Nährstoffe eingespült. Überreste einer landwirtschaftlichen Überdüngung, die die Algenblüte fördern.
„Wir wissen, dass sich Blaualgen erst bei einer höheren Temperatur als 16 Grad Celsius massenhaft vermehren“, sagt Kabel. Wobei der Begriff „Blaualgen“ irreführend ist. Es handelt sich um Bakterien, die in warmen, flachen Bereichen gedeihen. Ihre blau-grünen Blüten kann jeder Besucher am Ostseestrand erkennen. Und sollte beim Anblick das erfrischende Bad meiden.
Grenzwerte für gefährliche Blaualgen
Cyanotoxine, wie Blaualgen wissenschaftlich heißen, können laut Auskunft des Umweltbundesamtes zu Haut- und Schleimhautreizungen, Allergien und zum Teil schweren Magenverstimmungen führen. Allerdings: In Deutschland werden Badeseen und Meeresstrände auf Blaualgen regelmäßig untersucht, bei Überschreiten eines Grenzwertes wird ein Badeverbot verhängt.
Den Fischen hilft das wenig. Denn die absinkenden Reste der Blaualgen sind für die Todeszonen in der Ostsee verantwortlich. „Beim Zersetzungsprozess am Grund wird Sauerstoff verbraucht“, sagt Kabel. Da sich in der Ostsee die leichteren oberflächennahen Süßwasserschichten infolge fehlender Einströmungen mit den schweren Salzwassermassen aus den tieferen Bereichen nicht vermischen, hat der Algenabbau am Meeresgrund verheerende Konsequenzen. Er führt zu den sogenannten Todeszonen.
Todeszonen liegen in 70 Metern
Bleiben die Sommer warm, werden die Todeszonen weiter wachsen. „Alle Zeichen deuten darauf hin“, sagt Kabel, „denn alle bedeutenden globalen Klimamodelle gehen von steigenden Temperaturen im Laufe der kommenden Jahrzehnte aus.“
Gäste der Ostsee bekommen das Phänomen nicht zu Gesicht: Denn die Todeszonen liegen im dunklen Bereich des Meeres, in Tiefen unter 70 Metern. Der Überlebenskampf der Fische findet unter Wasser statt.