Veröffentlicht inPanorama

Bettina Wulff – die unperfekte First Lady

Bettina Wulff – die unperfekte First Lady

wulff.jpg
Sie ist die Frau des Bundespräsidenten. Und sie hat herrlich unabgehobene Einstellungen. Bettina Wulff sagt: „Es muss nicht immer alles perfekt sein.“ Ein Besuch bei der 37-Jährigen.

Berlin. 

Pferdeschwanz, flache Schuhe, Kräutertee: Die Aufregung ist weg, der Alltag ist eingezogen bei der bekanntesten Patchwork-Familie der Republik. Gut so, findet Präsidentenfrau Bettina Wulff. Sieht ganz so aus, als sei sie es leid, dass jeder nur darauf achtet, „welches Kleid ich trage“. Ihre Botschaft an die Mütter im Land: „Leute, es muss nicht immer perfekt sein.“

Schloss Bellevue, ein ganz normaler Vormittag, ein knappes Jahr nach dem Köhler-Rücktritt. Die Tür geht auf. Der Präsident kommt herein, stutzt, dann grinst er. „Sie wollen gar nicht zu mir, oder? Sie warten auf meine Frau.“ Christian Wulff fährt mit der Hand über die Intarsien in der Tischplatte, überlebensgroße Käfer auf altmodischem Furnier. „Sie ist die Einzige, die hier Gespräche führt“, sagt Wulff, „aber sie mag diesen Raum.“ Ein Relikt aus der Lübkezeit, 50er-Jahre, Retro-Schick.

Aber seine Frau hat sich dann doch anders entschieden. Arbeitszimmer statt Lübke-Kabinett. Schade. Das Büro der Präsidentengattinnen hat weniger Charakter, es ist klein, praktisch, elegant. Die 37-Jährige legt ihr Handy weg, steht vom Schreibtisch auf und ist groß. Sehr groß für diesen Raum. Einsvierundachtzig. Und das bei flachen Ballerinas. Sie macht einen schnoddrigen Witz, lacht kehlig, wie es Mütter von Jungs am Rand von Fußballplätzen lernen. Nein, die Grande Dame, die liegt ihr nicht. Dann schon eher der Typ lässiger Sportsfreund. „Cool“ findet ihr Mann seine Frau und steckt schon wieder den Kopf durch die Tür. „Ach, seid ihr jetzt doch hier gelandet?“

Bettina Wulff wendet sich in gespielter Verzweiflung an den Gast. Männer! Können die einen denn nicht mal in Ruhe lassen? Man sieht: Die beiden haben’s nett miteinander in ihrem Schloss.

Es ist leiser geworden um Bettina Wulff. Die Hysterie der ersten Monate um Deutschlands jüngste Präsidentenfrau und das meistdiskutierte Tattoo der Republik ist abgeklungen. Die Stilkritiker haben gelobt und geätzt, sie wollten eine deutsche Carla Bruni herbeireden, aber diese 37-jährige PR-Expertin aus Niedersachsen ist so klug, dass sie das alles von sich weist. „Am Anfang hat mich das erschreckt, dass so sehr auf Äußer­lichkeiten geschaut wird, darauf, was ich anhabe.“

Im Präsidentengarten steht ein Trampolin

Sie will Aufmerksamkeit erreichen mit ihren Themen, „und nicht damit, welches Kleid ich trage“. Vier Schirmherrschaften hat sie angenommen: für Unicef und das Müttergenesungswerk, für „Eine Chance für Kinder“ und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.

Seit Jahresbeginn leben die Wulffs jetzt alle zusammen in Berlin. In der Dienstvilla in Dahlem ist der Alltag eingekehrt. Söhnchen Linus (2) ist im Kindergarten, Bettina Wulff hat eine neue Joggingstrecke. Leander, der Siebenjährige aus einer früheren Beziehung, bringt nachmittags Freunde aus der Schule mit, im Präsidentengarten steht neuerdings ein Trampolin. Die Jungs sieht man aber auch auf dem Spielplatz oder auf dem Wannseedampfer. „Wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin, lebe ich ein ganz normales Leben.“ Nun ja. „Mal die Nacht durchfeiern und ausgehen – das konnte ich schon in Hannover nicht mehr.“

Die Ehefrau, der beste Coach des Mannes? „Ich gebe meinem Mann keine Empfehlungen. Aber ich lese seine Reden, wenn sie mich persönlich interessieren.“ Auch jene Rede mit dem umstrittenen Satz vom Islam, der zu Deutschland gehöre? „Ich finde, dass es der richtige Satz ist. Aber es war auch richtig, dann in der Türkei zu sagen, dass das Christentum zur Türkei gehört.“

Überparteilich sein – das ist eben nicht immer leicht. Schon gar nicht mit einem Siebenjährigen im Gepäck. Aber Bettina Wulff hat sich schon entschieden: Will Leander mal mit dem Hannover 96-Trikot in Schule, darf er das. Sogar ein Anti-Atomkraft-Button wäre okay: „Mein Mann ist Bundespräsident, aber die Kinder haben kein Amt.“