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Drittstaat, Duldung, subsidiärer Schutz – was bedeutet das?

Drittstaat, Duldung, subsidiärer Schutz – was bedeutet das?

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Flucht nach Deutschland: Wir klären wichtige Begriffe rund ums Thema Asyl. Foto: Archiv/dpa
Was ist eine Duldung? Was bedeutet subsidiärer Schutz? Die Begriffe rund ums Thema Asyl sind ganz schön kompliziert. Wir erklären das Wichtigste.

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Hunderttausende Geflüchtete sind in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen – Kontingentflüchtlinge, Menschen unter subsidiärem Schutz, Asylberechtigte nach der Genfer Konvention. Menschen, die geduldet oder abgeschoben werden. Menschen, denen Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Daueraufenthalt gewährt wird. Aber was bedeutet das alles? Wir erklären die wichtigsten Begriffe rund ums Thema. (Stand 10/2018)

Aufenthaltserlaubnis: Drittstaatsangehörige (Menschen aus Nicht-EU-Ländern) brauchen eine Aufenthaltserlaubnis. Sie ist befristet und zweckgebunden (Arbeit, Ausbildung, Familie, humanitäre/politische Gründe). Allerdings beinhaltet sie meist keine Erwerbsberechtigung.

Niederlassungserlaubnis: unbefristeter Aufenthaltstitel inklusive Arbeitserlaubnis. Voraussetzungen sind unter anderem: Sprachkenntnisse, eigenes Einkommen, fünf Jahre legal in Deutschland, keine Vorstrafen. Dieser Aufenthaltstitel wird nach zu langem Auslandsaufenthalt (mehrere Monate) aberkannt.

Daueraufenthaltserlaubnis: unbefristeter Aufenthaltstitel inklusive Arbeitserlaubnis – anders als bei der Niederlassungserlaubnis dürfen Ausländer aber länger in anderen EU-Staaten leben. Der Titel wird dann erst nach mehreren Jahren aberkannt.

Duldung: eine „Aussetzung der Abschiebung“ von ausreisepflichtigen Ausländern. Gründe für eine befristete Duldung können Krankheit, Schwangerschaft oder fehlende Papiere sein. Nach 15 Monaten hat ein Geduldeter das Recht auf eine Aufenthaltserlaubnis – sofern er seine Abschiebung nicht selbst mutwillig verzögert hat. Arbeiten darf ein Geduldeter erst nach drei Monaten – und dann auch nur auf Antrag. Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe besteht nicht.

Visum: muss vor der Einreise bewilligt werden und wird dann im Pass vermerkt. Ein Visum berechtigt zum befristeten Aufenthalt oder zur Durchreise.

Einbürgerung: Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit. Voraussetzungen für eine Einbürgerung sind eine Mindestaufenthaltsdauer, gute Deutschkenntnisse und eigenes Einkommen/Vermögen.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: entscheidet das Asylverfahren für jeden Einzelfall. Das BAMF lädt den Antragsteller zum persönlichen Gespräch und sammelt Fakten und Einschätzungen. Dann wird entschieden, ob Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz gewährt wird – oder abgelehnt. Das BAMF ist aufgeteilt in 1. Ankunftszentren (Registrierung, medizinische Untersuchung, Antrag), 2. Außenstellen (Anhörung) und 3. Entscheidungszentren (Entscheidung).

Ausländerbehörden der Länder: sitzen in den meisten Landkreisen und Großstädten und stellen nach der Asylentscheidung des Bundesamts einen Aufenthaltstitel aus. Bei abgelehntem Asylantrag organisiert die Ausländerbehörde die Abschiebung. Zudem stellen die Behörden Passersatzpapiere aus und entscheiden über den Familiennachzug.

Erstaufnahmeeinrichtung des Landes (Ankunftszentrum): Seit 2017 müssen Menschen, die in NRW Asyl beantragen wollen, in die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) nach Bochum. Dort werden die persönlichen Daten gespeichert und abgeglichen, oder der Antragsteller schon im System ist. Dann werden alle Flüchtlinge nach dem bundesweit festgelegten „Königssteiner Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt. Berechnet wird die Verteilquote mit dem EASY-Verfahren direkt am Computer.

Asyl: ist ein Schutz, den der Staat bestimmten Ausländern gewährt. Laut §16 Grundgesetz haben politisch Verfolgte ein Asylrecht. Zudem kann Asyl gewährt werden, wenn Ausländer unter die Genfer Flüchtlingskonvention fallen. Wenn nicht, greift gegebenenfalls der subsidiäre Schutz.

Genfer Konvention: legt seit einem UN-Sondergipfel 1951 fest, wer international als Flüchtling anerkannt wird. Darunter fallen Ausländer, die in ihrer Heimat wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Zugehörigkeit verfolgt werden. Krieg, Armut und Katastrophen gehören nicht dazu.

subsidiärer Schutz: wird gegebenfalls gewährt, wenn ein Flüchtling nicht unter die Genfer Konvention fällt. Anerkannte Gründe können Naturkatastrophen, Krieg oder Terror sein.

Kontingentflüchtlinge: Flüchtlinge aus Krisenregionen, die im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen werden. Ein Asylverfahren müssen sie nicht durchlaufen. Beispiel Vietnam: 1985 nahm Deutschland rund 10.000 Bootpeople auf. Syrien: 2013/14 durften 10.000 Syrer aus Flüchtlingscamps per Chartermaschinen einreisen.

Ausreiseaufforderung: geht Ausländern nach abgelehntem Asylantrag zu. Binnen einer bestimmten Frist muss er das Land verlassen. Die Ausländerbehörde überwacht die Einhaltung der Ausreisepflicht.

Abschiebungsandrohung: geht dem Abgelehnten zusammen mit der Ausreiseaufforderung zu. Ein Flüchtling kann dagegen Widerspruch einlegen – und unter Umständen eine Duldung erzwingen, etwa wegen Krankheit oder Lebensgefahr. Die Abschiebung wird dann ausgesetzt.

Abschiebung: erzwungene Ausreise. Reist ein abgelehnter Asylbewerber nicht freiwillig aus, wird er mit (polizeilichen) Zwangsmitteln außer Landes gebracht. Zuständig ist die Ausländerbehörde.

Abschiebungs-Anordnung: wird ausgesprochen, wenn ein Geflüchteter über einen sicheren Drittstaat eingereist ist. Dann muss er dorthin zurück und dort den Asylantrag stellen – sofern der Staat den Asylbewerber übernimmt.

Geförderte Ausreise: finanzielle Unterstützung mit Förderprogrammen. REAG (Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany) zahlt freiwilligen Rückkehrern Bahn-/Flugtickets, Benzin und Reisebeihilfen. GARP (Government Assisted Repatriation Programme) zahlt Starthilfen für einen Neuanfang in der Heimat, sofern es ein Drittstaat ist, aus dem viele Flüchtlinge kommen. So können pro Familie mehrere Tausend Euro zusammenkommen.

Einreisesperre: Verbot der Einreise nach Deutschland. Wurde ein abgelehnter Asylbewerber abgeschoben, darf er nicht wieder einreisen. In der Regel ist das Einreiseverbot auf zwei Jahre befristet, es kann aber verkürzt, verlängert und sogar entfristet werden.

Flughafenverfahren: Asylverfahren vor der Einreise im Transitbereich des Flughafens. Das Verfahren gilt für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten und Flüchtlinge ohne Ausweis. Es wird nur in Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München angewendet, weil es nur dort Unterbringungsmöglichkeiten gibt.

sicherer Herkunftsstaat: Sichere Herkunftländer sind Staaten, in denen weder politische Verfolgung noch unmenschliche Bestrafung oder Behandlung stattfinden. Für den Balkan sehen das viele Kritiker wegen der Situation für Sinti und Roma anders – aber aktuell sind alle EU-Länder, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien. Die Liste der Staaten steht in §29 Asylverfahrensgesetz.

sicherer Drittstaat: alle EU-Länder, Norwegen und die Schweiz – also alle Nachbarländer Deutschlands. Definiert sind sicherer Drittstaaten laut Grundgesetz dadurch, dass dort die Genfer Konvention und die Menschenrechtskonvention eingehalten werden. Ist ein Flüchtling durch einen sicheren Drittstaat eingereist, bekommt er eigentlich kein Asyl. (s. Dublin-Abkommen).

Dublin-III-Verordnung: regelt, welcher Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Grundsätzlich gilt, dass ein Geflüchteter in dem EU-Land Asyl beantragen muss, das er als erstes betreten hat. Deutschland hatte das Dublin-Abkommen wegen der Flüchtlingswelle 2015 ausgesetzt – aber der EuGH bestätigte 2017, dass das Dublin-Abkommen auch im Ausahmezustand zu gelten habe.

Königsteiner Schlüssel: legt fest, wie viele Asylsuchende ein Bundesland aufnehmen muss. Die Quote richtet sich nach Steuereinnahmen und Einwohnerzahl. Die wird jährlich neu berechnet.