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Wie Private mit Krankenhäusern Geld verdienen

Wie Private mit Krankenhäusern Geld verdienen

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In Duisburg saniert Helios die katholischen Kliniken. Die private Krankhaus-Kette beweist, dass das Klinikgeschäft rentabel sein kann. Wie das geht? Die WAZ-Mediengruppe hat nachgefragt.

Duisburg. 

Die Retter tragen Krawatten und dunkelblaue Anzüge, mal mit, mal ohne Streifen. Ihr Patient ist ein altes Schätzchen, hat reichlich Patina angesetzt auf dem denkmalgeschützten Kupferdach und Moos zwischen den Ziegeln. Das St. Johannes Hospital in Duisburg hat schon bessere Tage erlebt, wie so viele kirchliche Kliniken im Ruhrgebiet. Vor einem halben Jahr hat deshalb das Bistum Essen die private Helios-Kette um Beistand gebeten. Und siehe da: Noch in diesem Jahr soll der Dienst am Patienten wieder Rendite abwerfen. Wie das geht? Fragen wir die Manager.

Nimmt man die Klagen der Krankenhauslobby wörtlich, dürfte es private Kliniken gar nicht geben. Schließlich sind Krankenhäuser chronisch unterfinanziert – und Konzerne wollen bekanntlich Geld verdienen. Doch während viele staatliche und kirchliche Häuser Defizite schreiben, ziehen private Kliniken fast durchweg zweistellige Renditen aus dem Geschäft mit den Patienten. Dies, obwohl sie für ihre Leistungen von den Kassen keinen Cent mehr erhalten als andere.

„Wir werden immer erst dann gefragt, wenn’s nicht mehr weitergeht“, sagt Hans Walter Singer. Er ist Helios-Regionalgeschäftsführer und hat im Ruhrgebiet schon so manche Klinik aus tiefroten Zahlen in schwarze geführt. Die städtische Klinik in Krefeld übernahm er 2007 mit einem Jahresverlust von 35 Millionen Euro. Heute stehen noch immer 35 Millionen unterm Strich, aber als Gewinn.

Abriss und Neubau

In Duisburg hat Helios mit den katholischen Kliniken gleich vier Häuser in der Stadt übernommen. Maßnahme eins: zwei werden 2016 geschlossen. Bis dahin buttert Helios 176 Millionen Euro in zwei Neubauten, eine Klinik im Norden, eine im Süden. Dies ist der größte Vorteil der Privaten: Die vier großen Ketten – Helios, Rhön, Asklepios und Sana – können sich dank guter Bonität an den Finanzmärkten günstig Geld leihen. Dagegen warten kommunale Kliniken oft vergeblich auf Investitionen, die das klamme Land bezahlen muss. Um eine defizitäre Klinik in die Gewinnzone zu führen, müssen die Kosten runter, die Einnahmen rauf. Die Ziele sind klar gesteckt: „Im ersten Jahr drei Prozent Rendite, im zweiten fünf und nach fünf Jahren 15 Prozent“, sagt Geschäftsführerin Anna Wassermann, die den Standort im Duisburger Süden führt.

Dafür dürfen die 1034 Betten nicht mehr so oft leer bleiben. Aus 77 Prozent Bettenauslastung sollen 85 Prozent werden. Dass dies nur über Qualität ginge, klingt nach Manager-Sprech. Doch weil schwarze Zahlen nur mit hohen Fallzahlen, also vielen Operationen zu schaffen sind, ist das Image einer Klinik tatsächlich Geld wert. Das medizinische Programm wird erweitert, die Notaufnahme umgebaut, Fachbereiche verschiedener Standorte zusammengelegt.

Zum Image gehört laut Singer auch, unrentable Stationen nicht zu schließen. St. Johannes bleibt ein Krankenhaus mit Maximalversorgung. „Die Kinderklinik etwa rechnet sich nicht, wir erhalten sie trotzdem. Allein schon als Ergänzung zur Geburtsstation“, sagt er.

Größe bringt Rabatte

Viel sparen lässt sich beim Einkauf von Arzneien und Geräten. Je größer eine Kette, desto besser kann sie handeln. Auch deshalb will der Mutterkonzern Fresenius die Rhön-Kliniken für drei Milliarden Euro dazukaufen. Mit Helios und Rhön würde ein Unternehmen der Pharmaindustrie gegenübertreten, das sich um fünf Millionen Patienten pro Jahr kümmert und sechs Milliarden Euro Umsatz macht. Da lassen sich schöne Mengenrabatte aushandeln.

Doch am meisten kostet noch immer das Personal. Der Vorwurf der Gewerkschaften, die Privaten würden die Löhne drücken, stimmt allenfalls zum Teil. Richtig ist, dass die großen Ketten auf Haustarife setzen, die zum Teil unter denen im öffentlichen Dienst liegen. In Duisburg haben die 1700 Mitarbeiter ihre alten Verträge behalten. Reinigungs- und Küchenpersonal wurde noch unter katholischer Führung ausgegliedert. Bis Mitte 2014 sind Kündigungen ausgeschlossen. Und dann? „Es wird Anpassungen geben“, sagt Singer.

Ändert sich etwas für die Patienten? In den von der staatlichen und kirchlichen Konkurrenz dominierten Dachverbänden hört man hinter vorgehaltener Hand, in privatisierten Kliniken nehme die Behandlungsqualität eher zu. Und den im Gesundheitswesen angeblich so deplatzierten Renditehunger teilt sich Helios in Duisburg mit dem Bistum Essen. Es bleibt zu 49 Prozent am Klinikum beteiligt.