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Warum Mickie Krause nie ein Karnevalsprinz sein will

Warum Mickie Krause nie ein Karnevalsprinz sein will

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Die Popschlager von Mickie Krause erobern den Karneval: „Schatzi, schenk’ mir ein Foto!“ ist einer der am meisten gespielten Songs der Session. Mit traditioneller Schunkelmusik hat das eher nichts zu tun – genau wie der Schlagerbarde. Wir sprachen mit ihm über Prinzen, Brauchtum, den Wendler und das Musikgeschäft.

Oberhausen. 

Es ist der im Revier wohl am häufigsten gespielte Song der Karnevalssession und zugleich Einmarschmusik zahlreicher Tollitäten: „Schatzi, schenk’ mir ein Foto!“ Dabei erschallt hier eher Popschlager-Rhythmik denn die traditionelle jecke Mundart. DerWesten-Autor Dirk Hein sprach mit dem Schlagerbarden Mickie Krause über Prinzen, Brauchtum und das Musikgeschäft.

Mickie Krause, wie jeck sind Sie selber?

Mickie Krause: Für mich ist das ganze Jahr Karneval. Aber ich käme privat nie auf die Idee, zu einer Karnevalsveranstaltung zu gehen. Die Frage hat sich noch nie gestellt, weil ich seit 1998 von Altweiber an bis Rosenmontag immer unterwegs bin.

Schatzi, schenk’ mir ein Foto“ ist der Hit der Session, aber eigentlich ja gar kein Karnevalssong…

Krause: „Schatzi, schenk’ mir ein Foto“ ist ein Ganzjahressong. Den hört man beim Karneval, Aprés-Ski und auf Mallorca sowieso rauf und runter. Der Song ist zeitlos – ein Evergreen, den man auch noch in zehn Jahren hören wird.

In Oberhausen etwa marschiert der Karnevalsprinz zu Ihrem Song in den Saal. Ehrt Sie das?

Krause: Ich muss sagen: Dieser Prinz hat Geschmack! Ich höre das häufiger. Auch Spielmannszüge haben die Schatzi-Nummer mittlerweile in ihrem Programm. Das motiviert.

Die Garde hat den Song tänzerisch verarbeitet. Würden Sie sich das Ergebnis selber einmal anschauen?

Krause: Natürlich, das Schöne ist ja, dass es heutzutage im Internet „YouTube“ gibt, wo man sich anschauen kann, was aus dem Song gemacht wurde. Er ist einer der wenigen gesellschaftstauglichen Mickie-Krause-Songs – mit „Jan Pillemann Otze“ oder „Finger im Po Mexiko“ könnte man als Prinz nicht so leicht einmarschieren – und als Tanzgarde könnte man auch Schwierigkeiten bekommen. (lacht)

Karnevalsprinz? Kommt nicht in Frage

Also würde Mickie Krause selbst auch einmal Prinz werden?

Krause: Bei uns in Wettringen ist kürzlich das Prinzenpaar bekannt gegeben worden. Ich hab’ zu meiner Frau gesagt: Ich meld’ uns schon mal fürs nächste Jahr an. Aber ernsthaft: Wenn ich auf irgendetwas gar keinen Bock habe, dann wäre das Karnevalsprinz und Schützenkönig.

Warum?

Krause: Weil die Verpflichtungen über das gesamte Jahr viel zu groß sind. Ich hätte gar keine Zeit dafür – und das ist einfach nicht mein Ding.

Im Karneval – gerade im Ruhrgebiet – gibt es immer weniger Mundart- und immer mehr Schlagermusik. Ein Konflikt?

Krause: Das ist völlig legitim. Die typische Mundart-Musik hat sich einfach nicht vergrößert. Heute gibt es nur drei große Gruppen – da muss man sich eben der Schlagermusik bedienen. Ich glaube allerdings auch nicht, dass man glücklich fährt, wenn man Willi Herren und „Big Brother Jürgen“ in den Kölner Karneval packt.

Ist das eine Mentalitätsfrage?

Krause: Das ist eine Traditionsfrage. Die Kölner pflegen ihre Tradition, die es im Ruhrgebiet gar nicht so sehr gibt. Da geht es in erster Linie darum, den Karneval zu feiern. Wie sie musikalisch unterhalten werden, ist eigentlich egal. Wenn ich als Westfale im Gürzenich sitze, verstehe ich ja nur die Hälfte. In Köln sind es die Älteren, die versuchen eine Tradition zu bewahren und wahrscheinlich ein Problem damit haben, wenn frische Leute an den Start kommen. Mundart zu bewahren, ist grundsätzlich nicht verkehrt. Ich kann Plattdeutsch, denke aber auch, dass Plattdeutsch in 20 Jahren keiner mehr sprechen wird. Dann verschwindet eine Sprache – genau davor haben auch die kölschen Jecken Angst.

Mickie Krause ist auch privat wie Mickie Krause

Karneval ist Verkleidungszeit, gibt es Parallelen zum Schlagerzirkus. Spielt man dort auch eine Rolle?

Krause: Wenn ich eine Rolle spielen würde, wäre ich nicht mehr dabei. Man muss als Typ glaubwürdig sein. Wenn sich die Figur Mickie Krause zu sehr von der Privatperson unterscheidet, kann das nicht funktionieren. Ich bin auch privat ziemlich durchgeknallt – obwohl ich Familie und Kinder habe.

In Ihren Songs geht es in der Wortwahl deftiger zur Sache. Gibt es Grenzen?

Krause: (überlegt) Eine Grenze gibt es sicherlich. Aber ich bin mit diesen Grenzen noch nicht konfrontiert worden. Einer meiner Kumpel ist professioneller Comedy-Schreiber, der weiß, wenn eine Grenze erreicht ist. Es gibt Kollegen, die wesentlich schärfer formulieren. Da ist noch Luft nach oben.

Dürfen Ihre Kinder alle Songs hören?

Krause: Meine Kinder haben sehr viel zu lachen. Sie hören zwischendurch auch mal sehr gerne „Finger im Po Mexiko“. Damit hab’ ich gar kein Problem.

Leidet als Mickie Krause das Privatleben?

Krause: Nein, ich lebe in einem kleinen Dörfchen. Meinen Freuden ist ziemlich egal, was ich beruflich mache. Wir unterhalten uns darüber, dass Gladbach wieder gewonnen hat – und Bayern verloren. Wenn ich die Kinder zum Handball-Training bringe, gibt es schon mal Aussagen wie: „Ey, das ist doch Mickie Krause!“ Meine Tochter sagt dann: „Hätte ich nicht gedacht, das ist aber auch mein Papa!“ Ich bin nicht 24 Stunden am Tag Mickie Krause. Das kann man gar nicht. Dann würde ich durchdrehen und die Leute um mich herum auch.

Warum Mickie Krause dem Wendler wieder die Hand schüttelt

Ihr Kollege Michael Wendler füllt jedes Jahr die Arena in Oberhausen mit 12000 Fans. Wäre das auch mal was für Sie?

Krause: Nein, mit der Musik, die wir machen, würde das gar nicht funktionieren. Ich absolviere 250 Auftritte im Jahr. Ich singe in jeder Gießkanne. Ich denke nicht, dass unsere Musik auf einmal so viel hermacht, um eine Halle mit 12000 Menschen zu füllen. Ich glaube, dass selbst bei Meister Wendler nicht alles mit rechten Dingen zugehen könnte. Das finde ich gegenüber anderen Künstlern unfair. Ich muss mir keinen Laden vollmachen, um das Gefühl zu haben: Ich hab’s jetzt aber geschafft! Ich feiere genau so gerne vor 100 oder 200 Leuten, spiele gerne Unplugged-Konzerte. Etwas, damit die Leute sehen, dass ich auch fernab der Mallorca-Fraktion Spaß haben kann.

Sie gelten als jemand, der sich nichts gefallen lässt: Beim Schlagerfestival „Oberhausen Olé“ wurde ihnen vor zwei Jahren von Michael Wendlers Manager nach Sticheleien auf der Bühne der Saft abgedreht…

Krause: Das Schlagergeschäft ist schon ziemlich verlogen. Und ich habe keine Lust, auch zu lügen. Darum habe ich vor zwei Jahren den Mund aufgemacht. Und wenn damit Kollegen ein Problem haben, muss man mir eben den Strom abstellen. Ich zieh’ mein Ding durch, wenn andere das nicht hören wollen, ist das deren Problem.

Dem Kollegen Wendler geben Sie mittlerweile wieder die Hand?

Krause: Ich bin nicht nachtragend. Da bin ich ganz entspannt!

Warum Jürgen Drews der König der Stimmungsbranche bleibt

Denkt man im stressigen Musikgeschäft schon mal an die Zeit danach?

Krause: Eine Pause kann ich mir nicht vorstellen. Dafür bin ich viel zu jung. Wir haben für das aktuelle Jahr rund 20 Prozent mehr Aufträge bekommen. Da wäre ich schön blöd. Was ich mir vorstellen kann, ist, dass wir erst einmal bis 2015 planen und dann weiterschauen. Wer weiß, wie sich das Geschäft in drei Jahren verändert hat und die Party- und Schlagerszene auf Mallorca aussieht.

Wie hat sich das Geschäft für Stimmungssänger zuletzt verändert?

Krause: Wenn man zwei Jahre nichts macht, ist man weg vom Fenster. Es wird schwieriger, die Leute zu begeistern. Das liegt nicht an der Leistung des Künstlers, sondern am Überangebot. Es tauchen jede Woche neue Partykünstler auf, die sich für die besten halten. Der Prinz von Arenal, der wahre Prinz von Arenal. Leute, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Solche Leute machen das Geschäft kaputt. Die stellen sich auf die Bühne. Und die Leute davor denken, das bekomme ich selber auch noch hin. Stimmungssänger zu sein, ist nicht so einfach, wie die Leute immer denken.

Wer ist also der Größte in ihrer Branche?

Krause: Für mich ist das immer noch Jürgen Drews. Da kann Michael Wendler so viel trommeln, wie er will. Ihm kann man nicht das Wasser reichen. Jürgen genießt auch die viel größeren Sympathien.