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Grenzenlos gefragte Dienste

Grenzenlos gefragte Dienste

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La Jonquera. 

Grelle Neonfarben leuchten durch die Nacht. Der gigantische Schriftzug „Paradise“ prangt in Lila an der Fassade des zweistöckigen Gebäudes. „Night Club“ steht über dem Eingangsportal, das ohne die kitschigen Neonblitze auch gut ein Mittelklasse-Hotel schmücken könnte. Kunden schlendern vom Parkplatz die Stufen hoch.

Das „Paradise“ am Rand des nordspanischen Dorfes La Jonquera gilt als Beweis dafür, dass in Spanien auch in der tiefen Wirtschaftskrise das Geschäft mit dem Sex blüht. Dieses vermeintliche Paradies der käuflichen Körperdienste ist, nur sechs Kilometer von der französischen Grenze entfernt, gleich an der Mittelmeerautobahn AP7, gerade erst eröffnet worden. Und in der Eigenwerbung wird behauptet, dass es sich um das „größte Bordell Europas“ handelt.

Auch wenn dies vermutlich nicht ganz richtig ist. Und das größte Freudenhaus Spaniens sich zweifellos unter freiem Himmel befindet: An den Landstraßen des katholischen Königreichs, wo -zigtausende Dirnen ihre Dienste anbieten. Doch das Getrommel des „Paradise“ war laut genug, um das Geschäft anzukurbeln: In der Eröffnungsnacht standen die Männer Schlange vor dem Rotlicht-Etablissement, in dem 150 Prostituierte in 80 Zimmern beschäftigt sein sollen.

Jordi Cabezas, Bürgermeister des früheren 3000-Einwohner-Kuhdorfes La Jonquera, war nicht zur Eröffnung gekommen. Stattdessen schimpfte er, dass der Landkreis sich in das „Hurenhaus Frankreichs“ verwandelt habe. Denn die meisten Kunden des „Paradise“ und anderer Clubs in der katalanischen Grenzregion, die „Madam’s“, „Moonlight“ oder „Babydoll“ heißen, kommen aus dem nahen Nachbarland. Das Bauernnest La Jonquera ist heute ein „Dienstleistungsort“, der vor allem von den Franzosen lebt.

In Frankreich sind Bordelle verboten, und auch gegen Straßenprostitution wird verschärft vorgegangen. Im Nachbarland Spanien ist derweil fast alles erlaubt: Paradise-Chef José Moreno bekam sogar vom Obersten Gericht der Region Katalonien grünes Licht, um seinen Mega-Puff gegen den Widerstand des Bürgermeisters durchzusetzen. Auch gegen jene leichtbekleideten jungen Frauen, die am Rande vieler Straßen die Unfallgefahr beträchtlich erhöhen, unternehmen Gesetzgeber und Ordnungshüter erstaunlich wenig.

Überraschend tolerant

Überraschende Toleranz in einem traditionell immer noch eher konservativen Land. In einem Land, in dem offenbar nicht nur im Immobilienmarkt lange Zeit per Bestechung bürokratische Hindernisse aus dem Weg geräumt werden konnten. Sondern auch im lukrativen Sexgeschäft Amtsträger regelmäßig in Erklärungsnöte kommen: Gerade erst wurden im westspanischen Galicien elf Polizeibeamte beschuldigt, in die Prostitutionsmafia verwickelt zu sein.