Beim Weihnachts-Flashmob trifft Tradition auf Improvisation: Musiker, Tänzer oder Sänger bieten an öffentlichen Orten eine unangekündigte Aufführung. Dabei geht es nicht um Perfektion, sondern um die spontane Freude. So bekommt, was sonst oft totgedudelt und abgenutzt wirkt, neuen Charme.
Essen.
Wem zwei Wochen vor Heiligabend schon fast die Zimtsterne zur Nase wieder rauskommen, der kann sich bei Youtube wieder mit der Weihnachtszeit versöhnen. Dort verbreiten Filme von Weihnachts-Flashmobs festliche Stimmung, ohne dass es allzu kitschig wird.
Der Klassiker dieses Formats stammt aus den USA – und zwar aus der Fressecke eines Einkaufszentrums. Wie dort nach und nach Einkäufer von ihren Plastikstühlen aufstehen und den Halleluja-Chor aus Händels „Messias“ singen, ist großes Kino.
Aktueller und näher gibt es Weihnachts-Flashmobs aber auch, sogar diverse gute aus NRW. Ganz frisch hat zum Beispiel der WDR einen am Kölner Hauptbahnhof inszeniert. Ein Deko-Weihnachtsman wird aufgestellt, ein Kind wirft eine Münze ein und der Mann beginnt zu singen.
Nicht jeder Sänger ist auf Anhieb zu erkennen
Touristen, Schaffner, der Bauarbeiter in oranger Weste – sie alle entpuppen sich als Profi-Sänger, die gemeinsam den Weihnachts-Klassiker „Adeste Fideles“ präsentieren. Klar, dass da viele Reisende die Handykamera zücken.
Im berühmten Smithsonian-Museum in Washington beginnt alles mit einem uniformierten Cellisten. Was dann folgt, ist so spontan und locker, wie eine Gruppe Musiker in Uniform halt spontan und locker sein kann: Die Band der US Air Force spielt den Museumsbesuchern ein Medley aus „Jesu bleibet meine Freude“ und „Joy To The World“ vor – manchmal ganz schön zackig, aber auf jeden Fall mit Wucht und einer ordentlichen Ladung Pathos.
Deutlich mehr auf Spielfreude ausgelegt ist der Bläser-Flashmob auf der Treppe zwischen Kölner Hauptbahnhof und Domplatte. Wobei: „Bläserflashmob“ vernachlässigt natürlich den einsamen Mann an der Kesselpauke, der den Auftakt schlägt. Dann strömen immer mehr Bläser auf die Treppenstufen – Saxofone und Trompeten, Hörner und Tuba.
Kamera auf die Posaune montiert
Das ist nicht immer sauber und manchmal auch so geschnitten, dass der Dirigent aus dem Takt zu sein scheint. Aber es macht Spaß, sich das anzusehen und anzuhören – und wer Glück hat, findet als Schmankerl die Stelle rund um die Anderthalb-Minuten-Marke, bei der die Kamera offenbar auf der Posaune selbst montiert war.
Das ChorWerk Ruhr flashmobbte schon 2012 im Essener Hauptbahnhof mit „Tochter Zion“ – und verkniff sich im Gegensatz zu vielen anderen Profimusikern den Impuls, das so entstandene Video nachträglich neu zu vertonen. Denn dabei siegt Sänger-Eitelkeit gerne mal über Atmosphäre – so hat sich schon mancher Flashmobber den Effekt zerschossen. Das ChorWerk Ruhr dagegen bleibt beim Original:
Wie viel Aufwand es sein kann, den richtigen Ton beim Flashmob aufzuzeichnen, zeigt die Version mit „Oh Du Fröhliche“ in einer Stuttgarter Straßenbahn. Wer diesen Clip anguckt, sieht nicht nur, wie vorab in der Bahn geschickt kleine Mikrofone angebracht werden.
Ein Flashmöble in Stuttgart – eher supekt
Er begreift auch schnell, dass dem Schwaben an sich das Flashmöble eher suspekt ist. In der Bahn aufstehen und singen? Ja wo komme mer denn do no?
Und wer seine Weihnachtslieder gerne mit einem Hauch von Star Wars hat, der sollte sich das Flashmob-Video aus einer amerikanischen Uni-Bibliothek ansehen: Das „Carol Of The Bells“ dirigiert am Algonquin College nämlich Darth Vader persönlich.