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Geheimpapier über Forensik-Standorte

Geheimpapier über Forensik-Standorte

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Foto: WAZ

Unna. 

Das Gespenst der Sorge geht weiter um, ob eine neue Forensik zur Unterbringung psychisch kranker Straftäter im Kreis gebaut werden muss. Die Frist, um NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens mögliche Standorte zu benennen, wurde bis zum 23. November für die Stadtverwaltungen verlängert.

Die Fakten in Kurzform:

Geheimpapier

Nach Informationen unserer Zeitung soll ein Papier „einer übergeordneten Behörde“ existieren, das die Standorte Fröndenberg, Unna und Selm-Bork im Landgerichtsbezirk als engere Kandidaten benennt. „Ich kenne ein solches Papier nicht“, sagt Landrat Makiolla auf Anfrage. Laut Bestätigung der Bundes-Immobilienbehörde (BIMA) hat zumindest der Landesbeauftragte für Maßregelvollzug kürzlich das Ex-Bundeswehrdepot in Selm-Bork besichtigt.

Standpunkt der Stadt

„Natürlich wird auch die Stadt Unna fristgerecht eine Stellungnahme abgeben“, unterstreicht Pressesprecher Oliver Böer auf Anfrage am Freitagmorgen. Mit welchem Inhalt werde vorab nicht bekanntgegeben – und von den Stadtspitzen miteinander auf der Bürgermeisterkonferenz besprochen, die am Stichtag (23. November) zusammenkommt.

Hintergrund

Laut Gesundheitsministerium fehlen in NRW bis 2020 rund 650 stationäre Plätze für den Maßregelvollzug. Die Verwaltungschefs von 125 Städten in den Regionen, wo die meisten Plätze fehlen, wurden angeschrieben und um Standortvorschläge gebeten. Darunter der Landgerichtsbezirk Dortmund mit den Städten Dortmund und Hamm sowie dem Kreis Unna (ohne Schwerte), wo 138 Plätze fehlen.

Kriterienkatalog

Die über 20 Seiten lange Anfrage der Ministerin enthält einen umfangreichen Kriterienkatalog. Gesucht wird ein Grundstück von 50 000 qm -Fläche (5 Hektar). Entscheidungsgrundlagen sind die Lage und Verkehrsanbindung, die möglichst kurzfristige Verfügbarkeit und die Eigentumsrechte (Privat- oder in Bundes- oder Landeseigentum) sowie die planungsrechtlichen Grundlagen (Bebauungsplan).

Mögliche Standorte

Im Kreis Unna haben die meisten Kommunen schon abgewunken, da nicht genügend Fläche im städtischen Besitz zur Verfügung stünde (z.B.

Kamen

, Lünen

oder

Hamm

). Immer wieder genannt werden freie Grundstücke, die sich in Bundes- oder Landesbesitz befinden: In

Unna

das Nordareal der ehemaligen Landesstelle Massen (ca. 50 Hektar) und die Glückauf-Kaserne der Bundeswehr in Königsborn (50 Hektar). In

Holzwickede

das Areal der ehemaligen Emscher-Kaserne (8,7 Hektar). In

Selm-Bork

das ehemalige Bundeswehrdepot (53 Hektar). In

Fröndenberg

eine Angliederung an das Justizvollzugskrankenhaus.

Pro und Kontra

In

Unna

ist auf dem Südareal der Ex-Landesstelle gerade der neue Hochschulstandort eröffnet worden. Es ist geplant, den Campus nach Süden auszuweiten. Eine Forensik könnte die Entwicklung der wissenschaftlichen Einrichtung gefährden. Die Glückauf-Kaserne bleibt als Bundeswehrstandort erhalten. Trotz Personalabbaus von 1 100 auf 650 Personen ist eine Verkleinerung der optimal strukturierten Kaserne nicht angedacht. In

Holzwickede

gab es bislang Absprachen der Gemeinde mit dem Land, die ehemalige Emscher-Kaserne für Wohnbebauung zu nutzen. In

Selm-Bork

wäre reichlich Platz für eine Forensik. Das Areal, das schon von der Wehrmacht als Munitionslager genutzt wurde, ist mit Altlasten kontaminiert, die mit Millionenaufwand entsorgt werden müssten. In

Fröndenberg

ist geplant, das Justizvollzugskrankenhaus auszubauen. Für eine Forensik steht nicht genügend Fläche zur Verfügung.

Beispiel Herne

2000 wurde der Standort ausgewählt. Die Stadt wehrte sich, bis letztlich das Bundesverwaltungsgericht 2007 grünes Licht gab. Die Forensik eröffnete im Januar 2011.