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Sinnvoll oder nur Marketing? Neuer Trend Vaginal Seeding soll Kaiserschnitt-Babys gesünder machen

Sinnvoll oder nur Marketing? Neuer Trend Vaginal Seeding soll Kaiserschnitt-Babys gesünder machen

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ACHTUNG: SPERRFRIST 23. JANUAR 20:00 UHR. ACHTUNG: DIESER BEITRAG DARF NICHT VOR DER SPERRFRIST, 23. JANUAR 20.00 UHR, VERÖFFENTLICHT WERDEN! EIN BRUCH DES EMBARGOS KÖNNTE DIE BERICHTERSTATTUNG ÜBER STUDIEN EMPFINDLICH EINSCHRÄNKEN. - ACHTUNG: DIESER BEITRAG DARF NICHT VOR DER SPERRFRIST, 23. JANUAR 20.00 UHR, VERÖFFENTLICHT WERDEN! EIN BRUCH DES EMBARGOS KÖNNTE DIE BERICHTERSTATTUNG ÜBER STUDIEN EMPFINDLICH EINSCHRÄNKEN. ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Säugling liegt am 22.08.2016 in einem Bett auf der Wochenstation in einem Universitätsklinikum. (zu dpa «Folgen von Kaiserschnitten: Seltener Inkontinenz, mehr Fehlgeburten» vom 23.01.2018) Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa - Nutzung nur nach vertraglicher Vereinbarung +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa
  • Kaiserschnitt-Kinder haben eine andere Darmflora als Babys, die auf natürlichem Weg zur Welt kommen
  • Vaginal Seeding soll Kaiserschnitt-Babys helfen
  • Experten warnen jedoch, die Methode sei noch zu unerforscht

Frankfurt/Berlin. 

Für die Gesundheit ihres Babys würden die meisten Eltern wohl vieles ausprobieren. Deshalb sind viele Mütter und Väter im Ausland bereits für diesen Trend empfänglich: Vaginal Seeding.

Diese Methode soll Kaiserschnitt-Babys helfen, ein starkes Immunsystem aufzubauen. Denn Kinder, die mit Kaiserschnitt zur Welt kommen, haben eine andere Darmflora als Babys, die auf natürlichem Wege geboren werden.

Nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts haben im Jahr 2016 knapp 232.500 Frauen durch Kaiserschnitt entbunden – das war fast jede dritte Geburt. Tendenz: leicht rückläufig. Experten warnen jedoch, die Methode sei bisher noch kaum getestet und raten dazu, Studien abzuwarten.

So funktioniert Vaginal Seeding

Beim Vaginal Seeding wird der Mutter wenige Minuten vor der Geburt eine mit steriler Kochsalzlösung getränkte Mullbinde in die Scheide eingeführt, wie Susanne Steppat vom Deutschen Hebammenverband erklärt. Mit dem so aufgesaugten Vaginalsekret wird das Neugeborene dann eingerieben.

„Ein Teil der Flüssigkeit wird auch in den Mund getropft“, sagt Steppat. „Das wird bei meinen Kolleginnen schon nachgefragt.“

Wo kommt die Methode her?

Frank Louwen von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) erklärt, woher die Idee für das Vaginal Seeding überhaupt stammt. Generell seien 90 Prozent der Zellen an und im menschlichen Körper Bakterien, die uns vor Krankheiten schützen und unseren Körper im Einklang halten.

Doch das sogenannte Mikrobiom ist bei Kaiserschnitt-Kindern anders als bei Babys, die auf natürlichem Weg geboren werden. Letztere schlucken nämlich im Geburtskanal der Mutter Vaginalsekret und können so eine gesunde Darmflora aufbauen, die der Vaginalflora sehr ähnlich sei, erklärt Louwen.

Dagegen hätten Kaiserschnitt-Kinder vor allem Bakterien im Darm, die sich sonst auf Händen und im Gesicht ansiedeln. Es sind die ersten Bakterien, mit denen diese Babys im Kreißsaal in Kontakt kommen. „Nachweislich haben Kaiserschnitt-Kinder eine höhere Wahrscheinlichkeit, Krankheiten wie Adipositas, Diabetes und Allergien zu bekommen“, sagt Louwen.

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Klinische Studien notwendig

Ob Vaginal Seeding tatsächlich eine sinnvolle Lösung für dieses Problem ist, ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht. Die Methode müsse in klinischen Studien untersucht werden. Da laufen gerade weltweit mehrere – auch unter Louwens Regie am Uniklinikum in Frankfurt am Main. Bis Ergebnisse vorliegen, werde es aber vier bis sechs Jahre dauern.

„Eine Frage ist zum Beispiel auch, ob wir genug Keime auf das Kind bekommen“, sagt Louwen. Es könne einen Unterschied machen, ob das Baby zwei Stunden in der Scheide liege oder zehn Sekunden betupft werde.

Vaginal Seeding als Marketinginstrument

Das ist nur eine Frage, die Frank Louwen davor warnen lässt, Vaginal Seeding schon jetzt anzuwenden – der Trend sei ein Marketinginstrument. „Im Moment wird aller Unsinn damit gemacht. Krankenhäuser bieten das an, ohne zu wissen, ob das was bringt. Nur um Frauen das Gefühl zu geben, up to date zu sein“, kritisiert er.

Wichtig sei, dass Ethikkommissionen die Studien unterstützen: „Dann können sich Eltern darauf verlassen, dass das Hand und Fuß hat.“

Lieber auf alte Methoden zurückgreifen

Mit dieser Meinung hat Frank Louwen viele Anhänger. Kinderarzt Michael Hauch hat in seinem Buch „Ihr unbekanntes Superorgan – Alles über das Immunsystem“ dazu einen Tipp parat: „Solange es keine gesicherten Erkenntnisse gibt über den langfristigen Nutzen und die Ungefährlichkeit des Säens von Vaginalkeimen, sollten sich junge Mütter lieber auf die Methode verlassen, die seit Millionen Jahren hilft, das Immunsystem aufzubauen: Stillen.“

Muttermilch könne die ungute Anfangszusammensetzung der Darmflora und das erhöhte Allergierisiko ausgleichen. „Sie hilft Kaiserschnittkindern, die richtigen Bakterien für ihr Immunsystem zu sammeln.“ (dpa/alka)