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Mit Strom gegen Kopfschmerz

Mit Strom gegen Kopfschmerz

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Foto: imago stock&people
Anfallartig und pulsierend überfällt der Migränekopfschmerz meistens Frauen und bleibt manchmal tagelang. Männer leiden dagegen eher unter einem schweren, stechenden Schmerz hinter einem Auge. Dieser Clusterkopfschmerz hält bis zu 180 Minuten an und kann bis zu achtmal pro Tag über Wochen und Monate immer wiederkommen.

München. 

Anfallartig und pulsierend überfällt der Migränekopfschmerz meistens Frauen und bleibt manchmal tagelang. Männer leiden dagegen eher unter einem schweren, stechenden Schmerz hinter einem Auge. Dieser Clusterkopfschmerz hält bis zu 180 Minuten an und kann bis zu achtmal pro Tag über Wochen und Monate immer wiederkommen. „Etwas mehr als 100.000 Deutsche leiden mehrfach täglich unter diesen schwersten, einseitigen, um das Auge lokalisierten Schmerzattacken“, sagt Professor Andreas Straube, Kopfschmerzspezialist am Universitätsklinikum Großhadern in München und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN). In einigen Fällen seien Medikamente nicht wirksam. Helfen soll nun eine Behandlung mit Strom.

„Es gibt eine neue Therapie, bei der bis zu zwei kleine Elektroden direkt unter der Haut am Nacken eingepflanzt werden“, erläutert Straube. Der Eingriff könne unter Vollnarkose oder mit örtlicher Betäubung erfolgen. Die elektrischen Reize wirkten direkt auf den Hinterhauptsnerv, auf den sogenannte großen Okzipitalnerv. Bei mehr als 70 Prozent der Patienten mit chronischem Clusterkopfschmerz würden die Schmerzen gemindert, bei den Migräne-Patienten berichteten bis zu 40 Prozent von einer deutlichen Besserung dank der Okzipitalen Nervenstimulation (ONS).

Derzeit gibt es laut Straube sechs bis neun Zentren in Deutschland, die den Eingriff durchführen – beispielsweise das Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf. Prinzipiell würden die Krankenkassen die Kosten übernehmen.

Nach vier bis sechs Wochen setzt der Therapieeffekt ein

„Es kann aber vier bis sechs Wochen dauern, bis der Therapieeffekt einsetzt“, sagt Straube. Habe die Methode wirklich angeschlagen, werde den Betroffenen dauerhaft ein kleiner Stromgenerator im Fettgewebe oberhalb des Schlüsselbeins oder alternativ unterhalb des Rippenbogens oder in der Gesäßregion eingepflanzt.

Mittels eines Geräts in Größe einer Scheckkarte können die Patienten die Elektroden an- und ausschalten. Die meisten Stimulatoren sind laut Straube batteriebetrieben und halten drei bis fünf Jahre. „Auch noch nach fünf Jahren war ein Großteil der Clusterkopfschmerz-Patienten schmerzfrei“, sagt Straube. Bei Migräne-Patienten stünden Langzeitstudien noch aus.

Wie genau die ONS wirkt, ist unklar. „Wahrscheinlich unterbinden die elektrischen Reize die Weiterleitung der Schmerzsignale im Hirnstamm beziehungsweise aktivieren das hirneigene schmerzunterdrückende System“, vermutet Straube. Das ONS-Verfahren sei sicher, reversibel und die Risiken seien insgesamt überschaubar. „Schlägt die Stimulation nicht an, werden die Elektroden einfach wieder entfernt und auch die möglichen Komplikationen sind nicht lebensgefährlich“, sagt Straube. Bis auf den kleinen Schnitt in der Haut bleibe nichts zurück. (dapd)

2012-07-23 09:32:28.0