Nach einer ersten Erkrankungsreihe in Leipzig und Sachsen sind die multiresistenten Darmkeime KPC nun auch in Berlin aufgetaucht: Die Charité meldet einen Ausbruch auf einer Intensivstation. Der Keim ist offenbar in Südeuropa weit verbreitet.
Berlin.
An der Berliner Charité haben sich Schwerkranke mit
hoch resistenten Darmkeimen angesteckt, gegen die kaum noch ein Antibiotikum
hilft. „Auf einer Intensivstation des Virchow-Klinikums sind derzeit drei
Patienten infiziert, zwei weitere besiedelt“, berichtete der Ärztliche Direktor
der Charité, Prof. Ulrich Frei, am Dienstag. Das Virchow-Klinikum gehört zu
Charité. Im Februar starb zudem eine schwerstkranke Frau mit dem Keim namens KPC
im Blut, laut Frei aber ursächlich an ihrer Krebserkrankung.
Der Zustand der drei Patienten sei im Moment noch kritisch, ergänzte
Prof. Steffen Weber-Carstens von der Klinikleitung. „Aber wir gehen davon aus,
dass die Mehrheit von ihnen überlebt.“ Derzeit werden infizierte und
Keim-besiedelte Patienten getrennt voneinander in isolierten Bereichen behandelt
und in Einzelpflege betreut.
Bakterien-Stamm ist resistent gegen Antiotika
Weil herkömmliche Notfallantibiotika gegen KPC nicht mehr wirken,
bekommen sie nun ein Antibiotikum, das wegen seiner Nebenwirkungen eigentlich
nicht mehr eingesetzt wird. Die Station ist spezialisiert auf schwerstkranke
Patienten mit Blutvergiftung sowie Lungen- oder Multiorganversagen, die aus
anderen Kliniken im nord- und ostdeutschen Raum nach Berlin verlegt werden.
Bereits im Herbst hatte es demnach auf der Station nacheinander
einzelne Erkrankungsfälle gegeben. Einer der damals insgesamt fünf Patienten
starb im September ebenfalls mit dem Keim im Blut. Ende des Jahres schien die
Infektionskette durchbrochen, in den wöchentlichen Extra-Screenings auf die
Gruppe der gram-negative Bakterien und anderen erweiterten Hygieneuntersuchungen
fanden sich keine Nachweise mehr. Doch Anfang Februar tauchten mehrere neue
Fälle auf. „Der Keim war identisch“, berichtete Prof. Petra Gastmeier, die das
Hygieneinstitut der Charité leitet.
Am 15. Februar meldete die Charité das Problem der
Gesundheitsbehörde. Treten zwei oder mehr Infektionen mit einem Erreger in
zeitlichem oder räumlichen Zusammenhang auf, muss dies als Ausbruch gemeldet
werden. Der entdeckte Bakterien-Stamm entwickelt ein Enzym, das ihn gegen
Antibiotika der Gruppe der Carbapeneme resistent macht. Diese werden sonst als
Notfall-Medikamente gegen Erreger eingesetzt, die bereits gegen andere
Antibiotika resistent sind. Die Buchstaben KPC stehen für Carbapenemase-bildende
Bakterien der Art Klebsiella pneumoniae.
Multiresistenter Keim „KPC“ ist in Südeuropa weit verbreitet
„Wir nehmen den Ausbruch mit diesem Keim sehr ernst, weil er wegen
der eingeschränkten Behandlungsmöglichkeit und der zunehmenden Verbreitung in
Europa eine Herausforderung für die Intensivmedizin in Zukunft darstellt“, sagte
Frei. KPC ist vor allen in den Ländern Südeuropas, speziell in Griechenland, ein
Problem. Dort ist etwa die Hälfte der Bevölkerung mit dem Keim besiedelt. Grund
dafür ist vor allem die Tatsache, dass Antibiotika dort frei käuflich sind und
viel zu häufig sowie falsch dosiert genommen werden. Das erleichtert die Bildung
resistenter Keime. Bislang gibt es aber keine Hinweise darauf, dass der Erreger
von außerhalb Deutschlands nach Berlin gelangte.
An der Uniklinik in Leipzig hatte von 2010 bis 2012 eine lange
Erkrankungsserie mit KPC gegeben, in deren Verlauf 30 Menschen starben. Der
Darmkeim ist für gesunde Menschen unproblematisch. Gelangt er jedoch in die
Blutbahn, kann er bei immungeschwächten Menschen zu schweren Infektionen wie
Lungenentzündungen führen. (dpa)