Von Eisenmangel können Menschen mit Hämochromatose nur träumen. In ihrem Körper lagert sich zu viel des Spurenelements an – mit manchmal schwerwiegenden Folgen. Bei Männern tritt die Erkrankung meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf, bei Frauen nach den Wechseljahren. Was Betroffene wissen sollten und wo ihnen geholfen wird.
Hattingen.
„Es sind oft leistungsstarke Typen gewesen – und dann kommt ein richtiger Knick in ihrem Leben.“ So beschreibt Dr. Barbara Butzeck den Patiententypus mit der Eisenspeicherkrankheit, der ihr als Ärztin und Vorsitzende der Hämochromatose Vereinigung Deutschland (HVD) immer wieder begegnet. Bleierne Müdigkeit, drückende Schmerzen im Oberbauch und unerklärliche Gelenkbeschwerden – alles Symptome, die auf eine Ablagerung des Eisens im Gewebe verschiedener Organe hinweisen können.
Bei der hereditären, also erblich bedingten Hämochromatose, liegt eine Genveränderung auf dem HFE-Gen vor. Dadurch wird zu wenig Hepcidin gebildet, ein Eiweißstoff, der unter anderem die Aufnahme von Eisen aus dem Dünndarm reguliert. „Das Stoppsignal fehlt dadurch, und der Darm nimmt ungebremst Eisen auf“, sagt Babara Butzeck. Ein gesunder Körper hat etwa vier bis fünf Gramm Eisen im Umlauf – Hämochromatosepatienten schon mal 20 Gramm oder mehr.
Frauen erkranken oft später
Etwa zehn Prozent der nordeuropäischen Bevölkerung, so die HVD, tragen eine Genmutation für die Eisenspeicherkrankheit. Liegt die Veränderung auf nur einem Gen (heterozygote Träger), bleibt man in der Regel gesund – kann aber die Anlage an die Kinder weitergeben. Sind beide Gene (homozygote Träger) betroffen, besteht das Risiko zu erkranken.
„Bei etwa 25 Prozent der homozygoten Träger bricht die Erkrankung aus.“ Das Geschlecht der Betroffenen hat großen Einfluss auf den Zeitpunkt des Ausbruchs. „Männer erkranken im Schnitt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, Frauen eher nach den Wechseljahren“, so die Medizinerin aus Hattingen. Der Grund dafür ist simpel: Durch die Menstruation bei den Frauen kommt es monatlich zu einem natürlichen Aderlass, mit dem Menstruationsblut verlieren sie auch Eisen.
Bei Hämochromatose-Patienten lagert sich das überschüssige Eisen „vor allem in der Leber, Bauchspeicheldrüse und den Gelenken ab“, weiß Butzeck. Das Gewebe der Organe wird dadurch nach und nach zerstört. Die Beschwerden schleichen sich teilweise regelrecht ein. Die ersten Anzeichen wie extreme Müdigkeit und Leistungsabfall sollte man auf jeden Fall ernst nehmen – vor allem, wenn die Eisenspeicherkrankheit in der Familie schon auftrat. Auch, wenn diese Symptome alles und nichts sein können – bei der Hämochromatose ist schnelles Handeln sehr wichtig.
Mit Spätfolgen sei es schwierig umzugehen, betont Barbara Butzeck. Sie sprechen auf die Therapie wenig bis gar nicht mehr an. „Die ausgeprägten Gelenkbeschwerden sind so ein Beispiel dafür, sie lassen sich durch die Aderlass-Therapie so gut wie nicht mehr lindern.“ Auch die Schäden, die das Eisen in der Leber hervorruft, können gravierend sein. Nicht wenige Patienten, bei denen die Diagnose zu spät gestellt wurde, entwickeln eine Leberzirrhose mit dem erhöhten Risiko, an Krebs zu erkranken.
InfoNebenwirkungsarme Therapie
Aderlässe sind die erste Wahl bei der Therapie. Hier wird zu Beginn der Behandlung, je nach Höhe des Eisengehaltes im Körper, in einem ein- bis zweiwöchigen Turnus etwa 500 Milliliter Blut aus der Vene abgelassen. Dadurch sinkt der Anteil roter Blutkörperchen und mit ihnen das im Hämoglobin gebundene Eisen.
Dies wird anhand des Abfalls des so genannten Serumferritinwertes kontrolliert. Ferritin ist ein Eiweiß, das Eisen im Körper bindet und speichert – es ist damit ein aussagekräftiger Parameter für die Höhe des Speichereisens im Körper. Dass die Aderlasstherapie der Goldstandard ist, betont auch Prof. Uta Merle, leitende Oberärztin am Universitätsklinikum Heidelberg: „Es ist die nebenwirkungsärmste Methode bei der erblichen Hämochromatose“. Zwar gebe es auch Medikamente, wie zum Beispiel Deferoxamin, das Eisen im Blut bindet – aber hier könnten stärkere Nebenwirkungen auftreten, ein Aderlass sei effektiver.
Schäden durch MRT und CT abklären
Für die Diagnosestellung und die Kontrolle des Krankheitsverlaufs sind, so Barbara Butzeck, zwei Laborparameter wichtig: Der Serumferritinwert und die Transferrinsättigung. Transferrin ist ein Protein, das im Blut das Eisen transportiert. Die Sättigung gibt damit also an, wie viel Eisen es mit sich „herumträgt“.
Die möglichen Folgeschäden in den Organsystemen sollten durch bildgebende Verfahren wie MRT oder CT abgeklärt werden. Einen Gentest gibt es seit Mitte der 90er Jahre: „Er wird bei den Verwandten ersten Grades auch bezahlt.“