„Puh, das war knapp! Sieben Fehler in der theoretischen Prüfung und bei der praktischen eine durchgezogene Linie überfahren. Ich stand aber auch unter einem gewaltigen Druck.
Mein Kollege Klaus hatte 1978 seine Prüfung schon eine Woche vorher bestanden, musste auf seine Aushändigung aber noch neun Tage bis zum seinem 18. Geburtstag warten. Richtig neidisch war ich aber darauf, dass vor seinem Elternhaus schon ein frisch polierter VW Scirocco I in Grün auf seinen Einsatz mit ihm wartete. Mich hingegen empfing zu Hause ein topgepflegter VW Käfer in blau mit 34 PS, der aber meinen Eltern gehörte. Das sorgte bei mir, nach dem die erste Euphorie über den erlangten „Lappen“ verflogen war, für Ernüchterung.
Ein eigener Wagen musste nun her. Nachdem ich meine Fahrstunden in der Fahrschule auf einem BMW 2002 absolviert hatte und mein Lieblingsauto ein Lamborghini Miura ist und war, konnte es unmöglich ein Käfer werden. In die engere Wahl kamen deshalb der Opel Kadett B Coupe und der Ford Capri. Im Essener Autokino stand er dann endlich vor mir. Ein roter Ford Capri 1700 in der GT-Ausstattung mit Zusatzinstrumenten. Meine kompetenten Begleiter in Form meines Vaters und Großvaters waren skeptisch, aber ich hatte meine Wahl getroffen. Für 1750 DM war der Wagen dann mein.
Zu Hause angekommen, bekam meine Mutter einen mittleren Nervenzusammenbruch, was die Pflege des Innenraums betraf. Umgehend wurde mit ihrer Hilfe eine Grundreinigung durchgeführt. Nun konnte ich mit meinem eigenen Auto die Welt erobern. Nach kurzer Zeit endete aber meine Glückseligkeit. Bei einem Check in der örtlichen Ford Werkstatt wurde eine ganzseitige Mängelliste erstellt und beseitigt. Am Ende stand dort der Hinweis Vorderachse schlägt !!! Sowie 1. Gang kracht. Einem Kollegen aus der Lehre kaufte ich ein Ersatzgetriebe ab, das dann ein Bekannter meines Vaters, den alle nur „Ameise“ nannten, auf einem Garagenhof einbaute. Die Achse wiederum wurde bei einem Reifenhändler neu justiert. Zu dieser Zeit absolvierte ich meinen Grundwehrdienst in Munster.
Der Ort liegt 320 km entfernt in der Lüneburger Heide. An einem Freitagnachmittag auf dem Weg nach Hause passierte dann der Supergau. Ein komisches Geräusch aus dem Motorraum ließ meine Kameraden und mich mit letzter Kraft einen Rastplatz kurz vor Walsrode erreichen. Mein Kumpel Olaf, gelernter Automechaniker, verzog ein ernstes Gesicht und diagnostizierte einen kapitalen Motorschaden. Ein netter Vertreter aus Augsburg brachte uns zum Hauptbahnhof nach Hannover. Unsere Heimfahrt ging dann weiter per Zug nach Hause.
Nach dem deprimierenden Wochenende mit meiner Freundin in Hattingen und zurück in Munster angekommen, organisierte ich die Bergung meines gar nicht mehr so heiß geliebten Capri. Wir schleppten ihn vom Rastplatz zu einer Ford Werkstatt in Soltau. Nach der Durchsicht wurde ich vor die Entscheidung gestellt, Austauschmaschine oder verschrotten. Ich entschied mich mit Blick auf meinen Wehrsold für Letzteres. Nun wurde der Ford zu meinem reservierten Kasernenparkplatz gezogen, wo ich alle Zusatzteile, wie die auf der Stoßstange montierten Nebel- und Fernscheinwerfer, die Felle für die Sitze und das Lenkrad entfernte. Auch der Sprit wurde abgesaugt und in einem Kanister aufgefangen.
Seine letzte Fahrt machte der Capri dann am Abschleppseil eines Opel Commodore B GSE zum örtlichen Schrottplatz. Meine Trauer über den Verlust hielt sich aber nur kurz. Beim nächsten Heimatwochenende erstand ich, wieder begleitet von meinem fachkundigen Anhang, Vater und Großvater, für 2000 DM einen Opel Ascona A in Costa-Rica-Braun-Metallic mit schwarzem Vinyldach und unglaublichen 80 PS. Aber das ist eine andere Geschichte.“