Der Tachometer hat Geburtstag. Vor 110 Jahren meldete der Stettiner Ingenieur Otto Schulze den Wirbelstromtacho beim kaiserlichen Patentamt an und legte damit den Grundstein für das Geschwindigkeitsmessgerät. Seit der Tacho-Geburtsstunde im Oktober 1902 sind Autos zwar deutlich schneller geworden, bei der Tacho-Technik hat sich jedoch vergleichsweise wenig getan.
München/Babenhausen (dapd). Der Tachometer hat Geburtstag. Vor 110 Jahren meldete der Stettiner Ingenieur Otto Schulze den Wirbelstromtacho beim kaiserlichen Patentamt an und legte damit den Grundstein für das Geschwindigkeitsmessgerät. Seit der Tacho-Geburtsstunde im Oktober 1902 sind Autos zwar deutlich schneller geworden, bei der Tacho-Technik hat sich jedoch vergleichsweise wenig getan, sagt ADAC-Ingenieur Arnulf Thiemel. Bis in die 90er Jahre sei das Prinzip des mechanischen Tachos in den Grundzügen unverändert geblieben, erklärt der Fachmann. Dann hätten elektronische Tachos nach und nach den Markt erobert.
Die ersten Tachos waren laut Thiemel simple Zeigerwerke, die von den Rädern angetrieben wurden und mehr oder minder grob und zitternd zeigten, wie schnell der Fahrer unterwegs war. Bei den ersten Autos habe die Höchstgeschwindigkeit wohl bei zehn bis 15 Stundenkilometern (km/h) gelegen, meint der Fachmann. Heute reichten die Tachos bis zu 400 km/h und mehr. Die Geschwindigkeitsmessung erfolge bei einem mechanischen Tacho in der Regel über ein Zahnrad am Getriebe, erklärt der Fachmann vom ADAC. Dieses greife in ein zweites Zahnrad, das über eine flexible Welle den Tacho antreibe.
Die Tachonadel hat sich bis heute gehalten
Eines hat sich in den vergangenen 110 Jahren, von den Fahrzeugen von Berta Benz bis zu heutigen Supersportwagen, nicht geändert: die Tachonadel. „Menschen können Geschwindigkeitsänderungen bei einer analogen Anzeige deutlich besser erfassen“, sagt Thiemel. Das funktioniere intuitiv. Bei einer digitalen Zahlenanzeige müsse der Fahrer hingegen erst rechnen. Deshalb hätte sich die Tachonadel bis heute gehalten – auch wenn sie manchmal digital dargestellt werde.
Das bestätigt auch Eelco Spoelder, Leiter des Geschäftsbereiches Instrumentation beim Zulieferer Continental. „Tacho und Drehzahlmesser sind meist rund. Das hat in erster Linie ergonomische Gründe, da runde Instrumente intuitiv abzulesen sind“, erklärt der Fachmann. Deshalb müsse der Fahrer nur wenig Konzentration aufwenden und könne besser auf den Verkehr achten. Kurze Design-Ausflüge hat es in der Vergangenheit dennoch gegeben. Der wohl bekannteste ist der Walzentacho, der laut Thiemel in den Sechzigern und Siebzigern populär war. Er funktionierte wie ein quer gelegtes Nudelholz, das sich dreht und auf dem Zahlen geschrieben wurden. 1986 kam dann erstmals eine volldigitale LCD-Anzeige im Golf II GTI auf den Markt, erinnert sich Spoelder.
Die Idee hinter dem Tacho ist heute noch aktueller
Generell sind Menschen dank ihres Gleichgewichtsorgans fähig, positive und negative Beschleunigung wahrzunehmen, sagt der Experte von Continental. Konstante Geschwindigkeiten könnten sie jedoch nicht erfühlen, was einen Tacho notwendig mache. Angesichts stetig schneller werdender Fahrzeuge sei die Idee hinter dem Tacho heute sogar noch aktueller als zu seiner Anfangszeit.
Die Geschwindigkeitsanzeige im Auto zeigt immer ein wenig mehr als das Auto tatsächlich fährt. Damit wollen die Hersteller laut Thiemel sicherstellen, dass der Tacho niemals zu wenig anzeigt, denn das ist gesetzlich verboten. In der Regel erfolgt die Messung dem Ingenieur zufolge am Reifen. Da verschlissene Reifen einen geringeren Durchmesser haben, drehten sie bei gleicher Strecke öfter und das Auto fahre vermeintlich schneller. Bei neuen Autos mit Navigationsgerät werde dieser Messfehler jedoch korrigiert, da GPS viel genauer arbeiten könne. Heutzutage sind fast alle Tachos elektrisch. „In den meisten Fahrzeugen ist die treibende Kraft hinter der Tacho- und Drehzahlmessernadel ein sogenannter Schrittmotor“, sagt Spoelder.
Die Herausforderung für die Tachos der Zukunft ist dem Experten zufolge, dass der Fahrer immer mehr Informationen während der Fahrt aufnehmen muss oder möchte. Eine strikte Trennung zwischen fahrrelevanten Informationen und Unterhaltung sei angesichts von Radio, Navigation, Mobiltelefon und Internet kaum mehr möglich. Dieser Trend verlange nach neuen Strategien. An der guten alten Tachonadel wird sich laut den Experten jedoch erst einmal nichts ändern.
dapd
2012-10-31 09:44:31.0