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Ukraine-Krieg: Deutschland liefert Panzerhaubitzen – doch Kiew meldet große Probleme mit den Geschützen

Ukraine-Krieg: Deutschland liefert Panzerhaubitzen – doch Kiew meldet große Probleme mit den Geschützen

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© IMAGO/Sven Eckelkamp

Gazprom drosselt Gas-Lieferungen nach Deutschland weiter

Der russische Energiekonzern Gazprom liefert jetzt noch weniger Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland als zuvor. Der Bundesnetzagentur zufolge wurde die Durchflussmenge auf 20 Prozent der Kapazität gedrosselt. Russland führt technische Gründe für die Drosselung an. of the pipeline Nord Stream 1

Der Kreml will eine vaterlandstreue Jugendorganisation aufbauen. Diese Art Putin-Jugend könnte gefährlich werden für den Westen.

Derweil schickt die Bundesregierung plötzlich immer mehr schwere Waffen in den Ukraine-Krieg. Und Wolodymyr Selenskyj richtet sich mit einer bewegenden Botschaft an sein Volk.

News-Ticker zum Ukraine-Krieg

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Freitag, 29. Juli

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18.22 Uhr: Kiew meldet Probleme mit deutschen Haubitzen

Nur einen Monat nach der Lieferung deutscher Panzerhaubitzen an die Ukraine weisen die Artilleriegeschütze nach einem Pressebericht bereits deutliche Verschleißerscheinungen auf. Mitte der Woche habe die Regierung in Kiew das Verteidigungsministerium in Berlin informiert, dass einige der sieben Ende Juni gelieferten Panzerhaubitzen 2000 nach intensivem Beschuss russischer Stellungen Fehlermeldungen anzeigten. Mehrere Haubitzen seien deswegen reparaturbedürftig.

Die Bundeswehr gehe davon aus, dass die Probleme mit der hohen Feuergeschwindigkeit zusammenhängen, mit der die ukrainischen Streitkräfte die Geschütze einsetzen, heißt es in dem Bericht. Der Lademechanismus der Haubitze werde dadurch enorm belastet. In Deutschland würden schon 100 Schuss pro Tag als hochintensiver Einsatz gelten, die Ukrainer hätten aber offenbar weitaus mehr Granaten abgeschossen.

Zudem hätten die Soldaten an der Front anfangs versucht, Spezialmunition auf zu große Entfernung zu verschießen, berichtete der „Spiegel“ weiter. Die Bundeswehr sagte demnach zu, schnell weitere Ersatzteilpakete zur Behebung der Probleme in die Ukraine zu schicken. Parallel verhandele die Bundesregierung mit der Rüstungsindustrie über den Aufbau eines Instandsetzungszentrums in Polen. Dort könnten notwendige Reparaturen an geliefertem Material schneller ausgeführt werden.

Neue Probleme sind laut „Spiegel“ auch beim Munitionsnachschub für den Flugabwehrpanzer Gepard aufgetaucht, von dem die ersten fünf Systeme kürzlich in die Ukraine ausgeliefert wurde. Beim Testschießen in Deutschland habe sich herausgestellt, dass das Abschusssystem des Gepard die Munition eines norwegischen Herstellers nicht erkennt. Nun müsse an den Geschossen nachgebessert werden. Im August solle die angepasste Munition erneut getestet werden.

12.51 Uhr: Klitschko dankt Hamburger Feuerwehr für Rettungswagen-Spende

Mit einer Videobotschaft hat sich Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko für Rettungswagen der Hamburger Feuerwehr bedankt. „Danke Hamburger Gemeinde für fünf Rettungswagen“, sagte Klitschko in einem am Freitag von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) auf Twitter geteilten Video. Grote schrieb dazu: „Immer gerne @Vitaliy_Klychko! Wir freuen uns, wenn unsere Rettungswagen @FeuerwehrHH gut angekommen sind.“ Zuvor hatte das „Hamburger Abendblatt“ darüber berichtet.

Ende Juni hatte die Feuerwehr die Spende angekündigt. Die Aktion werde von Hanseatic Help und der Initiative #WeAreAllUkrainians des früheren Profiboxers Wladimir Klitschko unterstützt. Die Feuerwehr hatte bereits im April zwei Fahrzeuge gespendet und an die ukrainische Grenze gebracht. Die beiden Gerätewagen waren für den Katastrophenschutz in Tscherkassy, einer Stadt südöstlich von Kiew, bestimmt.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Klitschko hatten Ende April eine Partnerschaft zwischen ihren Städten vereinbart. Dabei geht es um schnelle humanitäre Hilfe und Unterstützung beim Wiederaufbau, sobald der Krieg beendet ist.

9.02 Uhr: Ukraine will Russland zum Terrorstaat erklären lassen

Nach dem mutmaßlichen Artillerieangriff auf ein Lager mit ukrainischen Kriegsgefangenen hat die Regierung in Kiew die internationale Gemeinschaft aufgefordert, Russland zu einem Terrorstaat zu erklären. „Die Russen haben ein weiteres schreckliches Kriegsverbrechen verübt und das Gefängnis im besetzten Oleniwka beschossen, in dem sie ukrainische Kriegsgefangene halten“, schrieb Außenminister Dmytro Kuleba am Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter. Alle Partnerstaaten sollten diesen „brutalen Verstoß gegen das internationale Recht“ hart verurteilen.

In Gefängnis bei Oleniwka in dem von Separatisten kontrollierten Teil des Donezker Gebiets waren zuvor nach russischen Angaben über 50 Kriegsgefangene durch ukrainischen Beschuss getötet worden. Mehr als 100 Gefangene seien verletzt worden. Moskauer und örtlichen Angaben zufolge erfolgte der Angriff durch die ukrainische Armee mit Präzisionsraketenwerfern des Typs Himars. Kiew wies die Anschuldigungen zurück und warf wiederum der russischen Armee einen gezielten Beschuss der Baracke mit Angehörigen des umstrittenen Regiments Asow vor. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.

Donnerstag, 28. Juli

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16.32 Uhr: Ukraine meldet russische Angriffe im Zentrum des Landes

Landesweit sind in der Ukraine am Donnerstag zahlreiche Ziele von der russischen Armee intensiv unter Beschuss genommen worden. Bei einem Angriff im Zentrum des Landes starben nach Angaben der ukrainischen Behörden mindestens fünf Menschen, nahe Kiew trafen Raketen einen Militärstützpunkt, die von der Halbinsel Krim abgeschossen wurden. „Wieder einmal haben wir den Terror der Raketen“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

11.54 Uhr: Selenskyj mit bewegender Botschaft ans Volk: „Wird für immer so sein“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich an einem neuen Feiertag zur Staatlichkeit des Landes mit Blick auf den russischen Angriffskrieg siegessicher gezeigt. Es sei ein unruhiger Morgen mit Raketenterror, aber die Ukraine werde nicht aufgeben, teilte Selenskyj am Donnerstag in Kiew mit. Er gratulierte den Bürgern zum erstmals gefeierten Tag der ukrainischen Staatlichkeit, der neben dem Tag der Unabhängigkeit am 24. August begangen wird.

„Die Ukraine ist ein unabhängiger, freier und unteilbarer Staat. Und das wird für immer so sein“, sagte Selenskyj. Er veröffentlichte dazu ein emotionales Videos über den Kampf des Landes gegen die russischen Besatzer. Das Land kämpfe um seine Freiheit.

Zuvor hatte der prorussische ostukrainische Separatistenführer Denis Puschilin gesagt, dass es an der Zeit sei, auch die Städte Charkiw, Odessa und Kiew einzunehmen. In dem Krieg, der in den sechsten Monat gegangen ist, hat die Ukraine nach Aussagen von Selenskyj bisher die Kontrolle über rund 20 Prozent ihres Staatsgebietes verloren. Er forderte vom Westen noch mehr schwere Waffen, um die russischen Angriffe zu stoppen und besetzte Gebiete zu befreien.

Mit dem neuen Feiertag, den Selenskyj im vergangenen Jahr festgelegt hatte, tritt die Ukraine auch russischen Behauptungen entgegen, sie sei gar kein richtiger Staat, sondern ein künstliches Gebilde. Selenskyj hatte das immer wieder entschieden zurückgewiesen. So hatte er etwa im vergangenen Jahr erklärt, dass von Kiew aus vor mehr als 1000 Jahren das orthodoxe Christentum verbreitet wurde.

In Kiew hatte der Großfürst Wolodymyr (Wladimir) das Christentum am 28. Juli 988 zur Staatsform erklärt. In der Vergangenheit hatten Russen und Ukrainer das gemeinsam gefeiert. Das russische Parlament hatte den Tag 2010 ebenfalls zum nationalen Gedenktag erhoben. Der Jahrestag der Christianisierung war in der Ukraine zwar bisher schon ein gesetzlicher Gedenktag, aber kein arbeitsfreier Tag.

8.17 Uhr: Bericht: Etwa 75 000 Russen in Ukraine-Krieg getötet oder verletzt

Im Krieg gegen die Ukraine sind auf russischer Seite nach Schätzungen aus den USA mehr als 75 000 Menschen getötet oder verwundet worden. Das berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses am Mittwoch (Ortszeit). „Wir wurden darüber informiert, dass mehr als 75 000 Russen entweder getötet oder verletzt wurden, was enorm ist“, zitierte der Sender die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin, die zuvor an einem geheimen Briefing der US-Regierung teilgenommen hatte. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte zuletzt geschätzt, dass auf russischer Seite bereits 15 000 Menschen ums Leben gekommen seien. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht.

27. Juli 2022

22.25 Uhr: Kreml will Putin-Jugend in Stellung bringen – „Künftige Soldaten“

Plant der Kreml eine Art Putin-Jugend, die auf die imperalistischen Ziele des Staates eingeschworen werden soll? Im Juli hatte das Parlament, die Staatsduma, die Gründung einer neuen „allrussischen Jugendbewegung“ beschlossen. Sie soll traditionell-konservative gesellschaftliche Werte, die Liebe zum russischen Vaterland und das orthodoxe Weltbild vermittelt – und wohl auch einen aggressiven Patriotismus gegen den Westen.

Das jedenfalls befürchtet unter anderem die Historikerin Dr. Kathleen Beger von der Universität Regensburg. Die Jugendorganisation unter Oberaufsicht von Putin könnte ein neues, antidemokratisches Erziehungsorgan in Russland werden. „Die Vermutung liegt natürlich nahe, dass versucht wird, die Jugend auf Russlands außen- wie innenpolitische Ziele einzuschwören, darunter auch den Ukraine-Krieg. Denn die Jugend – das sind letztendlich auch künftige Soldaten“, so Beger gegenüber dem österreichischen Blatt „Der Standard“.

Doch gleichzeitig äußert die Expertin für staatliche Umerziehung in der Sowjetunion auch Zweifel, ob das Putin-Regime überhaupt die nötigen Ressourcen für ein flächendeckendes Angebot an die Jugend in ganz Russland hat. Dies sei „angesichts der Wirtschaftskrise, die dem Land droht, unwahrscheinlich“, so die Historikerin auf Anfrage von „Der Standard“.

26. Juli 2022

20.50 Uhr: Ukraine-Krieg: Plötzlich macht Scholz richtig ernst – Hammer-Waffen geliefert

Es scheint so, als habe Deutschland nun sämtliche Zurückhaltung bei den Waffenlieferungen abgelegt. Nun geht es Schlag auf Schlag! „Die zugesagten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II und weitere drei Panzerhaubitzen 2000 sind geliefert. Wir halten Wort“, erklärte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Dienstag.

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Erst am Montag hatte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow berichtet, die ersten drei Flugabwehrpanzer des Typs Gepard seien aus Deutschland eingetroffen. Dazu seien auch mehrere Zehntausend Schuss Munition übergeben worden.

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Lambrecht sprach von inzwischen fünf gelieferten Gepard-Flugabwehrkanonenpanzern. Insgesamt werde die Ukraine 30 Gepard-Systeme von der Industrie mit rund 60.000 Schuss Munition vor allem von der Bundeswehr bekommen. Ebenfalls aus Bundeswehr-Beständen stammten die drei Mehrfachraketenwerfer Mars II sowie die insgesamt zehn Panzerhaubitzen 2000.

Allesamt schweres Kriegsgerät, das die Ukraine zur Verteidigung im Osten ihres Landes gegen die Armee von Putin dringend gebrauchen kann. Der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, versprach auf Twitter: „Wir garantieren, dass die Russen eine heiße Antwort auf ihre Aggression und Politik des Terrors und der Erpressung bekommen werden“, schrieb er auf Deutsch dazu.

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Mit dem Zusatz „Erpressung“ könnte er auf die Gas-Lieferungen aus Russland an Europa anspielen. Immer deutlicher wird, dass Putin seine Gasexporte als politische Waffe einsetzen wird und die Liefermengen je nach Lage drosselt. Die neuen Lieferungen von Panzerhaubitzen, Gepard-Flugabwehrkanonenpanzern sowie Mehrfachraketenwerfern vom Typ Mars II dürften im Kreml nicht dazu führen, den Gashahn schneller wieder aufzudrehen.

Die Waffen könnten nämlich sehr bedeutsam in den kommenden Schlachten werden. Der ukrainische Journalist Denis Trubetskoy schrieb nach der Meldung auf Twitter: „Danke, Deutschland, gerade die Erhöhung der Anzahl der Mehrfachraketenwerfer-Systeme spielt gerade eine Schlüsselrolle.“