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Flugzeugentführung in Belarus: „Ryanair hat ihn einfach ausgeliefert“ – Passagierin schildert Drama

Flugzeugentführung in Belarus: „Ryanair hat ihn einfach ausgeliefert“ – Passagierin schildert Drama

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Ein Spürhund inspiziert das Gepäck vor dem Ryanair-Flugzeug. Belarussische Behörden hatten das Flugzeug auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gebracht. Foto: picture alliance/dpa/ONLINER.BY/AP | Uncredited

Die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Belarus und die Festnahme des bekannten Oppositionellen Roman Protasewitsch (26) und dessen Freundin schlägt hohe Welle. Eine Passagierin filmte die Flugzeugentführung und schildert dramatische Details.

Der festgenomme Protasewitsch, ein Gegner des Belarus-Diktators Alexander Lukaschenko, habe die Crew von Ryanair um Hilfe gebeten, doch man habe ihn „einfach ausgeliefert“, empört sich die Zeugin.

Flugzeugentführung in Belarus: Passagierin schildert dramatische Festnahme von Protasewitsch

Am Sonntag wurde das Ryanair-Flugzeug zu einer außerplanmäßigen Landung in Minsk gezwungen, angeblich wegen einer Bombendrohung der radikalislamischen Hamas. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte diese Erklärung „vollkommen unglaubwürdig“. In einem EU-Gipfel am Montag beschlossen die Regierungschef weitreichende Sanktionen gegen Belarus.

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EU-Sanktionen nach der Flugzeugentführung gegen Belarus:

  • Sperrung des Luftraums für Flugzeuge aus Belarus sowie ein Landeverbot auf EU-Flughäfen. Diese Maßnahme betrifft auch Firmen aus der EU, die in Belarus tätig sind.
  • Airlines aus der EU sollen den belarussischen Luftraum meiden.
  • Die Liste mit Personen und Unternehmen aus Belarus, gegen die Kontensperrungen und Einreiseverbote gelten, wird erweitert.
  • Ein Investitionspaket der EU über drei Milliarden Euro wird eingefroren.

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Offenbar diente die ganze Aktion dazu, den Exil-Oppositionellen Roman Protasewitsch, der mit dem Flugzeug von Athen nach Vilnius (Litauen) fliegen wollte, zu verhaften. Eine Passagierin schilderte danach auf Instagram, wie sie die dramatischen Minuten erlebte.

Protasewitsch bat Ryanair-Crewmitglied: „Tun Sie das nicht! Sie werden mich töten“

Die Influencerin aus Griechenland filmte, wie die Flugzeuginsassen in Minsk aussteigen mussten. Spürhunde untersuchten anschließend das vor der Ryanair-Maschine ausgeladene Gepäck. Dann postete sie ein weiteres Foto, zu dem sie schrieb, was Protasewitsch zu einem Crew-Mitglied gesagt haben soll: „Tun Sie das nicht! Sie werden mich töten, ich bin ein Flüchtling.“

Der Ryanair-Mitarbeiter habe lediglich geantwortet: „Wir müssen, wir haben keine Wahl. Das steht in Ryanairs rechtlichen Vereinbarungen.“ Die Influencerin zeigte sich schockiert: „Er wusste, es ist das Ende. Ryanair hat ihn einfach ausgeliefert.“

Auch andere Mitreisende schilderten, dass Protasewitsch beim Landeanflug auf Minsk nervös geworden sei und gesagt habe, die Maschine lande seinetwegen und ihm drohe die Todesstrafe.

Folter-Verdacht: Vater von Protasewitsch sieht Video und erhebt Vorwürfe

Tatsächlich befürchtet auch der Vater von Protasewitsch, dass seinem Sohn Gewalt angetan wird. Mittlerweile ist nämlich ein Video aufgetaucht, das den Regimegegner nach der Festnahme zeigt. Protasewitsch muss in dem Clip eine Art „Geständnis“ aufsagen. Er sagt außerdem: „Ich werde gut behandelt und es erfolgt alles nach Gesetzen.“

Sein Vater erhebt Folter-Vorwürfe gegen Diktator Lukaschenko und dessen Sicherheitsapparat. Er glaubt, dass man seinen Sohn zu dem Schuldeingeständnis gezwungen habe. Man sehe in dem Video Make-up-Puder im Gesicht seines Sohnes, offenbar um Spuren von Schlägen zu vertuschen. „Die ganze linke Seite seines Gesichts ist abgepudert“, so der Vater gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Er hält es für möglich, dass dem 26-Jährigen auch die Nase gebrochen wurde.

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Protasewitsch war früher Chefredakteur des oppositionellen Telegram-Nachrichtenkanals Nexta. Über Nexta waren nach der von massiven Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl in Belarus im vergangenen August hunderttausende Demonstranten mobilisiert worden. Protasewitsch wird vorgeworfen, Massenproteste ausgelöst zu haben, worauf in Belarus bis zu 15 Jahre Haft stehen. (mag mit AFP)