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Warum sich Büro-Hochhäuser in der Region nicht mehr rechnen

Warum sich Büro-Hochhäuser in der Region nicht mehr rechnen

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Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
Am Beispiel von Projekten in Bochum, Essen und Dortmund zeigt sich, wie unberechenbar der Markt für Büroimmobilien geworden ist. Mancher Prachtturm steht leer, und manches Bauvorhaben mangels Interesse schon vor dem Startschuss auf der Kippe.

Ruhrgebiet. 

Thomas Durchlaub ist ein Mann, der so schnell nicht aufgibt. Jemand mit Visionen. In seiner Heimatstadt Bochum wollte der gelernte Rechtsanwalt hoch hinaus. Nahe dem Bochumer Schauspielhauses ließ Durchlaub einem alten Weltkriegs-Hochbunker 15 asymmetrische Glasetagen aufpfropfen. Auf 89 Höhenmetern entstanden 5000 Quadratmeter exklusivster Bürofläche. Mit dem sogenannten Exzenterhaus verhalf er der krisengeschüttelten Ruhrmetropole tatsächlich zu einem neuen Wahrzeichen.

In Bochum sprang der Ankermieter ab

Durchlaubs jüngstes Projekt strebt zu noch Höherem. Mit 28 Etagen, verteilt auf 105 Metern, wäre der „Stadtturm“ nach der RWE-Zentrale in Essen und dem Essener Rathaus das dritthöchste Bürogebäude im Ruhrgebiet. Wenn er denn je gebaut wird. Denn das 90 Millionen Euro teure Vorhaben stockt, geriet sogar in die überregionalen Schlagzeilen, weil dem Rechtsanwalt, der eine öffentlichkeitsscheue Investorengruppe hinter sich weiß, ein prominenter Ankermieter absprang: die Bochumer BP/Aral-Europazentrale. Das Geschäft scheiterte. Dem Mineralölkonzern soll die angepeilte Miete zu hoch gewesen sein.

Letzte Woche zog Thomas Durchlaub einen Plan B aus dem Hut. Jetzt soll die Sparkassen-Akademie NRW dem Turm am Bochumer Hauptbahnhof auf die Beine helfen. Durchlaub rechnet sich gute Chancen aus. Akademie plus Parkhaus und Hotel: Damit, so der Bochumer, wäre das Haus zu 70 Prozent belegt und durchfinanziert. Doch um den künftigen Sitz des Fortbildungsinstituts der NRW-Sparkassen rangeln in der Region viele. Gut möglich also, dass aus der Sache nichts wird. Denn ohne Ankermieter will Durchlaub keinesfalls bauen. Der Mann ist gewarnt: Im Exzenterhaus stehen noch immer 40 Prozent der Büroflächen leer.

Auch RWE will seinen Turm wieder loswerden

Nicht nur das Bochumer Beispiel zeigt, wie unberechenbar das Geschäft mit Büroimmobilien in unserer Region geworden ist. Ob die Architektur attraktiv ist oder nicht, scheint keine Rolle mehr zu spielen. Dass sogar der RWE-Konzern seinen zum Revier-Blickfang stilisierten Essener Turm verkaufen will, wirft besonders lange Schatten auf die Branche. Für angeblich 120 Millionen Euro will der Energieriese den 127 Meter hohen Zylinder am Essener Opernplatz an Investoren verkaufen, um die Büroflächen postwendend wieder zurückzumieten. Erbaut wurde der Turm vor nicht einmal 20 Jahren für umgerechnet 150 Millionen Euro. Zumindest auf dem Papier ein klares Verlustgeschäft.

Zu teuer, zu sanierungsaufwendig, wenig zweckmäßig: Besonders Hochhäuser sind für Investoren kaum noch rentabel. Ab 60 Meter Höhe steigen die Ausgaben für Brandschutz und Klimatisierung sprunghaft an. Dann nützt auch die verdichtete Bauweise auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche nichts mehr. „Um ein Hochhaus zu finanzieren, müssen sie Mieten von 15 Euro pro Quadratmetern erzielen“, weiß der Essener Immobilienmakler Eckhard Brockhoff. „Das bekommen Sie in Frankfurt, nicht jedoch im Ruhrgebiet.“ Die Spitzenmiete für Büros liege gerade mal bei 13,50 Euro.

Westfalentower fünf Jahre nach Fertigstellung noch fast leer

Völlig vergaloppiert haben sich so auch die Geldgeber des mit Mitteln eines Immobilienfonds der Credit Suisse hochgezogenen Westfalentower in Dortmund. Der 22-geschossige, ultramoderne Koloss direkt an der B1 steht fünf Jahre nach seiner Fertigstellung noch immer fast vollständig leer. Nur 16 Prozent der 27 500 Quadratmeter sind vermietet. Weil die Rendite weit unter den Erwartungen lag und viele Anleger aussteigen wollten, beschloss die Schweizer Großbank, den Fonds, dem 98 weitere Immobilien gehören, aufzulösen. Bis 2017 muss einer der größten Vermietungsflops im Ruhrgebiet nun verkauft werden.