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Manche Bankkunden müssen lange auf ein Schließfach warten

Manche Bankkunden müssen lange auf ein Schließfach warten

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Foto: Matthias Graben
Wer Bargeld und Wertgegenstände bei seiner Hausbank einlagern will, muss mitunter mit jahrelangen Wartezeiten rechnen. Tresorhersteller freut’s.

Essen. 

Frank L. hat eine Marotte. Seit Jahren hat der Mülheimer zu Hause eine fünfstellige Summe Bargeld stets griffbereit. „Für den Notfall.“ Neulich aber entschloss sich Frank L., das Geldbündel in einem Bankschließfach zu deponieren. „Wegen der vielen Wohnungseinbrüche in letzter Zeit.“ Auch wichtige Dokumente, Wertgegenstände und ein paar besonders schöne Stücke vom Familienschmuck sollten in dem Tresorraum sicher deponiert werden.

Nichts leichter als das, dachte sich Frank L. – und lag damit komplett falsch. Seine Hausbank, die Spardabank West, hat zwar nicht die Schließfächer abgeschafft, aber die Warteliste dafür. Der Grund: Weil die Nachfrage kontinuierlich zunimmt, müssen Sparer jahrelang auf die Miettresore warten. „Deshalb haben wir uns entschlossen, keine weiteren Kunden auf die Wartelisten für Schließfächer zu setzen“, teilte eine Spardabank-Sprecherin mit.

Niemand führt Buch über die Zahl der Schließfächer

Das genossenschaftliche Kreditinstitut mit starkem Kundenstamm im Ruhrgebiet ist kein Einzelfall. Auch andere Leser berichten von Wartezeiten von zum Teil mehreren Jahren, etwa bei der Sparkasse in Kamen. Der Bankenverband beobachtet diesen Trend ebenfalls, auch wenn das Bild nicht einheitlich ist. So stehen bei der Sparkasse Essen aktuell 6000 der insgesamt 25 000 Schießfächer leer. „Allerdings“, räumt Sprecher Volker Schleede ein, „gibt es nicht an jedem unserer Standorte jedes Schließfach in jeder gewünschten Größe.“ Auch bei der Sparkasse Duisburg ist ein Engpass bei Schließfächern „aktuell kein Thema“.

Fakt aber ist: Niemand führt Buch darüber, wie viele Bankschließfächer es in Deutschland gibt. „Doch da seit Jahren die Zahl der Bankfilialen abnimmt, kann man davon ausgehen, dass auch die der Tresorräume zurückgeht“, sagt Tanja Beller vom Bankenverband. Der Bedarf sei aber sehr wohl da. Angesichts sinkender Zinsen und steigender Einbruchszahlen rückt der eigene Tresor als Aufbewahrungsort für Wertsachen und Bargeld also wieder stärker ins Visier der Sparer. „Auf dem Sparbuch gibt es praktisch keine Zinsen mehr, da steigt auch die Neigung, sein Bargeld hinter Schloss und Riegel aufzubewahren“, glaubt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale NRW. Das sei zwar nicht besonders klug, aber immer noch besser, als das Ersparte unter dem Kopfkissen zu verstecken.

Die Tresorbranche brummt

In Zeiten, in denen Geldströme im Internet verschoben werden und viele Menschen dem aufwendigen Vor-Ort-Service der Sparkassen und Volksbanken aus Kostengründen den Rücken kehren, wirkt das Bankschließfach wie aus der Mode gekommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Essener Geldschrankfabrik EGF, einer der führenden deutschen Tresorhersteller, verzeichnet seit Jahren volle Auftragsbücher speziell im Bereich Mietschließfächer. „Die Branche brummt. Wir können uns vor Nachfrage kaum retten“, so EGF-Geschäftsführer Rainer Scheitling. Weniger Filialen – weniger Schließfächer: diese Gleichung geht für Scheitling nicht auf. „Wenn eine Bank eine Filiale schließt, folgen oft Um- oder Neubau an anderer Stelle und damit auch neuer Tresorraum“, so der Tresorfabrikant.

Hinzu kommt, dass es immer mehr Anbieter von Tresorräumen auch außerhalb von Kreditinstituten gibt. Erst kürzlich stellte EGF eine Anlage mit über 2000 Mietschließfächern für einen Hamburger Goldhändler fertig, die größte bankenunabhängige Schließfachanlage Norddeutschlands. Außerdem, so Scheitling, seien Aufbau und Handhabung von Tresorräumen leichter geworden. Elektronische Kontrollsysteme vereinfachen den Zugang auch ohne die obligatorische Begleitung durch den Bankmitarbeiter. Und wo einst mindestens 80 Zentimeter dicke Betonwände Tresorknackern das Leben schwer zu machen trachteten, reichen dank neuer Baustoffe heute Wandstärken von 15 bis 19 Zentimetern aus.