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Gas-Fracking soll ab 2016 erprobt werden

Gas-Fracking soll ab 2016 erprobt werden

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Foto: Getty Images
Trotz breiter Proteste soll das Gas-Fracking in Deutschland unter strengen Auflagen ab 2016 erprobt werden. Das Kabinett beschloss einen Gesetzentwurf.

Berlin. 

Trotz breiter Proteste soll das Gas-Fracking unter strengen Auflagen in Deutschland ab 2016 erprobt werden. Das Bundeskabinett beschloss einen entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministeriums.

Gegen die umstrittene Gasförderung mittels Fracking will die Bundesregierung hohe Hürden errichten. Landesregierungen sollen Bohrungen verhindern dürfen, wenn Wasservorkommen für Mineralbrunnen oder die Getränkeproduktion gefährdet sind. Auch in Gebieten mit altem Steinkohle-Bergbau sind weitere Verbote möglich. Aus den Regierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, sowie den Bundestagsfraktionen von Union und SPD kommt trotzdem Kritik.

„Wir wollen Fracking soweit einschränken, dass es für Mensch und Umwelt keine Gefahr mehr ist“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am Mittwoch zu ihrem gemeinsam mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) erarbeiteten Gesetzentwurf. Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten gepresst, damit durch kleine Risse Erdgas gefördert werden kann. Wegen des Booms des Verfahrens in den USA ist dort der Gaspreis stark gesunken.

„Dieses Gesetz darf so nicht in Kraft treten“

„Dieses Gesetz darf so nicht in Kraft treten“, erklärte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Er hält es für eine „Mogelpackung“. Für ihn steht im Vordergrund, dass Unternehmen wie Exxon künftig grundsätzlich Gas mittels Fracking fördern dürfen, wenn sie strenge Vorschriften einhalten. Augenblicklich gilt in Nordrhein-Westfalen noch ein Moratorium, dass Fracking komplett verhindert.

Auch die rot-grüne Landesregierung von Baden-Württemberg würde die umstrittene Fördermethode am liebsten komplett untersagen. Der grüne Umweltminister Franz Untersteller befürwortet weitere Einschränkungen im Gesetzentwurf. Im Südwesten machen sich Bürger und Politiker Sorgen beispielsweise um die Wasserversorgung rund um den Bodensee. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen.

Umweltministerin Hendricks antwortete auf die Kritik: Weil in Deutschland Forschungs- und Gewerbefreiheit herrsche, könne man Fracking nicht einfach verbieten. Sonst bringe sich die Regierung in die Gefahr, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz kippe. Hendricks und Gabriel wollen einen tragbaren Kompromiss finden, um ökologische Risiken weitgehend auszuschließen, einen Teil des Erdgases in Deutschland aber fördern zu lassen.

Große Flächten des Landes bleiben tabu

Grundsätzlich verboten ist Fracking laut Gesetz künftig in Naturschutzgebieten, Naturparken, Gegenden mit Schutz für Wasser und Heilquellen, sowie in Einzugsgebieten der Wasserversorgung. Große Flächen des Landes bleiben deshalb in jedem Fall tabu. Außerdem wollen Hendricks und Gabriel das Fracking in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein in Tiefen bis zu 3000 Metern mit Ausnahmen untersagen. In diesen Gesteinsschichten befinden sich die Grundwasservorräte. Vorläufig sind hier nur wissenschaftliche Probebohrungen möglich. Eine Expertenkommission, in der unter anderem das Umweltbundesamt vertreten ist, sowie die örtlichen Wasser- und Bergbaubehörden können kommerzielle Fracking-Bohrungen ab 2018 genehmigen, wenn sie „nicht wassergefährdend“ sind.

Möglich bleibt dagegen weiter Fracking ab 3000 Metern und tiefer. Damit haben Bohrfirmen seit den 1960er Jahren bereits Erfahrungen in Niedersachsen gesammelt. Künftig sollen sie allerdings verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfungen absolvieren. Außerdem wird die juristische Beweislast neu geregelt, wenn es zu Erdbeben und Schäden an Gebäuden kommt. Dann muss die Bohrfirma nachweisen, dass der Unfall nicht auf ihr Fracking zurückzuführen ist. Kann sie das nicht, haftet sie.

„Auflagen sind vollkommen überzogen“

Trotzdem weisen die Kritiker auf zahlreiche Mängel hin, die aus ihrer Sicht im Gesetz bestehen. So will der niedersächsische CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt durchsetzen, dass das sogenannte Lagerstättenwasser aus tiefen Bohrungen vor der Beseitigung vollständig gereinigt wird. Laut Gesetzentwurf kann Lagerstättenwasser dagegen in tiefe Gesteinsschichten gepresst werden, wenn es dort sicher eingeschlossen sei. Manche Wasserexperten halten die Grenze von 3.000 Metern für willkürlich. Und bei der SPD im Bundestag gibt es Kritik an den Kompetenzen der Kommission, die über kommerzielle Bohrungen entscheiden soll.

Die Haltung von Unternehmen und ihren Verbänden ist gemischt. „Es ist ein positives Signal, dass die Schiefergas-Gewinnung in Deutschland nicht mehr völlig ausgeschlossen wird“, sagte Markus Kerber, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. „Doch die Auflagen für die Erdgasförderung insgesamt sind vollkommen überzogen.“