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Misstöne bei der Wahl zur Miss NRW

Misstöne bei der Wahl zur Miss NRW

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Foto: Felix Heyder

Die neue Miss NRW heißt Elya Kreyndel, ist 18 Jahre alt und kommt aus Münster. Samstagabend wurde sie im Kölner Club „Diamonds“ gekürt. Allerdings: Miss-Wahlen haben an Strahlkraft längst verloren. Die Wahl in Köln wollten nur knapp 100 Zuschauer sehen.

1927 wurde in Deutschland die erste Miss Germany gekürt. Seither träumen Mädchen zwischen Buxtehude und Garmisch-Patenkirchen davon, als Schönheitskönigin eine Model- oder Schauspielkarriere zu starten. Die Szene spricht von über 6000 Bewerberinnen pro Jahr. Doch der Titelkampf hat Schönheitsfehler. Die Glanzzeiten sind vorbei. Abseits der schillernden Schärpen-Schau gibt es schrille Misstöne.

Früher war alles ganz einfach. Bis Ende der 80er war Horst Klemmer, Chef der Miss Germany Corporation (kurz: MGC) in Oldenburg, alleiniger Ausrichter der traditionsreichen Schönheits-Konkurrenz. „Das Original seit 1960“, werben die Niedersachsen. 1988 mischte Detlef Tursies die Beauty-Branche auf. Der Bergheimer gründete die Miss Germany Association (MGA) und ließ fortan ebenfalls eine Miss Germany küren. Das Missverständnis war komplett, zumal sich auch kleinere Veranstalter des lukrativen Titels bedienten – von der Miss Germany Foundation (MGF) bis zur Miss Germany Productions (MGP).

Gerangel hinter der Kulissen – wie in der Box-Szene

Das Gerangel erinnerte mitunter stark an die Box-Szene mit ihren konkurrierenden, untereinander verfeindeten Weltverbänden. Inzwischen hat sich der Markt gelichtet. Nach jahrelangen vergeblichen Versuchen ist es Familie Klemmer gelungen, Miss Germany als Markenzeichen beim Europäischen Markenamt schützen zu lassen. Detlev Tursies, nun unter der Flagge der MGO (Miss Germany Organisation), vergibt derweil exklusiv den Titel der Miss Deutschland und kann seine Referenzliste mit prominenten Ex-Krönchenträgerinnen wie Verona Pooth und der Brasilianerin Janaina schmücken.

Mittendrin: die Heerscharen von Mädchen und jungen Frauen zwischen 17 und 26, die sich nicht zu schade sind, in spärlichen Bikinis vor einem eben solchen Publikum über den Laufsteg zu stöckeln. An Kandidatinnen herrscht kein Mangel. „Täglich gehen bei mir E-Mails junger Damen aus ganz Deutschland ein“, berichtet Detlef Tursies. Das Dummchen-Image ist falsch: Fast alle Mädchen sind angehende Abiturientinnen oder Studentinnen. Allein: Die Strahlkraft der Wahl-Abende glimmt längst auf Wunderkerzen-Niveau. Nur noch wenige Diskos oder Freizeittempel lassen sich die Rechte für eine Miss-Wahl vierstellige Gebühren kosten. Stadt- und Regional-Missen werden häufig nicht mehr in lokalen Schönheitskonkurrenzen ermittelt, sondern per Aktenlage vergeben.

Das Ruhrgebiet war gut vertreten

Selbst die Miss-NRW-Wahl ist nur noch hübsches Beiwerk. Knapp über 100 Besucher verloren sich im Kölner Club „Diamonds“, als die MGO am Samstagabend 20 Anwärterinnen aufmarschieren ließ. Die Jury: eine Ansammlung namenloser Doku-Soap-Darsteller bis hin zum Bergheimer Geschäftsmann für Tapeten und Bodenbeläge.

Das Ruhrgebiet war zwar prächtig vertreten. Die Stadt-Missen Vanessa Pötter (Castrop-Rauxel), Stella Mayer (Recklinghausen), Lena Kirschner (Herten) und Jennice Brinkmann (Herne) gaben allesamt eine gute Figur ab. Aufs Podest jedoch schaffte es das Revier nicht. Einen klaren Punktsieg landete die Schülerin und Miss Münster Elya Kreyndel, gefolgt von Miss Monheim Celine Kül (22) und Miss Köln Moulka Boateng (18).

Elya („Ich bin so glücklich“) darf Mitte 2014 bei der Miss Deutschland-Wahl ins Rennen gehen. Derweil planen die Miss-Macher neue Formate. Der demografische Wandel scheint unaufhaltsam: Nach Mister und Misses soll demnächst die „Miss 50 Plus“ gekrönt werden. Die Schönste im ganzen Land darf bald gern auch Falten haben.