Veröffentlicht inVermischtes

Helau! Die Jecken erobern die Rathäuser

Helau! Die Jecken erobern die Rathäuser

11.11 Uhr ist der Straßenkarneval gestartet. Zehntausende Weiber feiern in den Karnevalshochburgen.

Köln/Düsseldorf. 

Bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen haben die Jecken und Narren am Donnerstag in den rheinischen Karnevalshochburgen den Beginn des Straßenkarnevals gefeiert. Alleine in der Kölner Altstadt waren am Weiberfastnachtstag tausende Menschen dabei, als um Punkt 11.11 Uhr Oberbürgermeister Jürgen Roters dem Dreigestirn aus Prinz, Jungfrau und Bauer für die närrischen Tage den Schlüssel zum Rathaus übergab. „Köln hat was zu beaten“, lautet das Motto der Feiern.

In Düsseldorf aber auch anderen Städten stürmten wieder Frauen die Rathäuser und übernahmen symbolisch für einen Tag die Macht, Krawattenabschneiden bei den Männern inklusive. Düsseldorf feiert in diesem Jahr unter dem Motto „jebuddelt, jebaggert, jebützt“ – „gebuddelt, gebaggert, geküsst“. Höhepunkt der „fünften Jahreszeit“ sind die großen Karnevalszüge am Rosenmontag in Köln und Düsseldorf, zu denen über eine Million Zuschauer erwartet werden.

Letzter Zug in Unna

Während in den Hochburgen der alljährliche Ansturm der Massen losging, ging in der Karnevals-Diaspora eine Ära zu Ende: In Unna veranstaltete der Jeck Helmut Scherer nach 55 Jahren zum letzten Mal den nach eigenen Angaben kleinsten Karnevalsumzug der Welt. Der 77-Jährige war erstmals 1956 in der am Rand des Ruhrgebiets gelegenen Stadt mit einem Puppenwagen zum Rathaus gezogen. In den folgenden Jahrzehnten etablierte er den Weiberfastnachtstag als Datum seines individuellen Zugs und sah nun – im Jahr 11 des Jahrhunderts, am 3.3., nach 55 Jahren und im Alter von 77 den besten Zeitpunkt zum Aufhören, wie er beim Einzug ins Rathaus nach Angaben eines Sprechers der Stadt sagte.

Während Scherer gerade in den ersten Jahren viel Ablehnung im protestantisch geprägten Unna entgegen schlug, genoss der Zug in den vergangenen Jahren einen regelrechten Kultstatus. Bei seinem letzten Gang durch die Fußgängerzone wurde Scherer von seiner Managerin, Bodyguards, einer Konfetti-Kanone und hunderten Fans – vor allem Kinder – begleitet. Das Motto des Abschiedszugs: „Ich geh“ jetzt ins Altersglück – Unna bleibt allein zurück“..

Fasching, Karneval, Fastnacht …

Es gibt in Deutschland viele regionale Eigenheiten, was die Traditionen, Bezeichnungen und Veranstaltungen Karneval betrifft. So wird etwa unterschieden zwischen dem rheinischen Karneval, der Fastnacht in Mainz, der schwäbisch-alemannischen Fasnet und der Bezeichnung Fasching, die sich vor allem im bayerischen und österreichischen Raum findet.

Das Wort Fastnacht setzt sich zusammen aus dem althochdeutschen „fasta“ für Fastenzeit und „naht“ für Vorabend. Ursprünglich war damit nur der Abend vor dem Beginn der Fastenzeit gemeint, der heutige Fastnachtsdienstag. Die Bezeichnung Fasching leitet sich ab von der mittelhochdeutschen Zusammensetzung „vast-schanc“, womit der Ausschank vor der Fastenzeit gemeint ist.

Dies weist auf den ursprünglichen heidnischen Hintergrund der Fastnachtszeit hin, der von christlichen Bräuchen überlagert wurde. Bereits lange vor dem zwölften Jahrhundert, als der Begriff Fastnacht entstand, wurde ein altes Vorfrühlings- und Fruchtbarkeitsfest gefeiert, mit dem die Menschen die Angst vor Kälte und Krankheit vertrieben. Später wurde die bevorstehende Fastenzeit zum Motiv für die ausgelassenen Feiern. Die Kirche lehnte die Ausschweifungen lange ab.

Schlemmen, was das Zeug hält

Unter dem Eindruck der wechselnden französischen und preußischen Obrigkeiten entstand in Köln der typisch rheinische Karneval, der Hofstaat, Uniformen, Garden und Orden parodierte und sich zunächst in ganz Deutschland durchsetzte. Zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es aber im schwäbisch-alemannischen Raum eine Art Fastnachts-Konterrevolution, mit der sich das vorromantische Fastnachtsbrauchtum wieder durchsetzte.

Da in der Fastenzeit früher nicht nur der Verzehr von Fleisch, sondern auch der von Eiern, Schmalz, Fett und Butter strengstens verboten war, wurde während der Fastnachtszeit nochmals ausgiebig geschlachtet und geschlemmt, wobei natürlich auch die verderblichen Produkte wie Eier und Fett verbraucht werden mussten. So entstand die noch heute beliebte Fastnachtssitte des Schmalzgebackenen mit viel Eiern, bekannt als Fastnachtsküchle oder -kreppel, in vielen Regionen auch Berliner genannt. (dapd)