Veröffentlicht inEssen

Wieder ein Stück alte Innenstadt weniger

Wieder ein Stück alte Innenstadt weniger

Kommentar.jpg
Foto: WAZ FotoPool
Die Schließung des Café Overbeck ist nur der vorläufig letzte Fall: Familienbetriebe haben es schon lange schwer, in der Essener Innenstadt zu überleben. Immerhin soll das schöne Haus seinen Charakter behalten.

Essen. 

Es hat alles nichts genutzt: Weder die Anhänglichkeit treuer Stammkunden noch die Appelle von Liebhabern der Kaffeehauskultur noch mahnende Artikel der fernen Frankfurter Allgemeinen Zeitung konnten am Ende die Schließung von Café Overbeck verhindern. Es ist sehr bedauerlich, dass es so kommen musste. Musste es das?

Nun, generell haben es Familienbetriebe heute schwer, in einer Innenstadt zu überleben. Nur sehr innovative, sehr flexible Unternehmen, die sich in profitablen Marktnischen regelrecht festkrallen, haben eine kleine Chance. Bei Overbeck fehlte am Ende wohl neben dem Kapital auch ein wenig die Kraft, sich auf Neues einzustellen. Von einem Mythos allein kann man auf Dauer nicht leben, und sei er noch so schmeichelhaft.

Tatsache bleibt, dass die Filialisierung der Innenstadt nun wieder ein Stück vorangeschritten ist, was zwar keine Essener Spezialität ist, das macht es aber nicht besser. Namen wie Cramer und Meermann (Wäsche), Roßkothen (Spielzeug) oder Baedeker (Bücher) waren neben vielen anderen einst Garanten dafür, dass Essen in den 1950er Jahren den Ruf als „Einkaufsstadt“ erhielt und lange halten konnte. Noch heute werden solche Fachgeschäfte von Kunden schmerzlich vermisst, die individuelle Einkaufserlebnisse schätzen – und ein Kännchen Kaffee im sympathisch verstaubten Café Overbeck rundete die Sache ab.

Aber es hat keinen Sinn, sich in Nostalgie zu ergehen. Die Entwicklung zumindest in der Innenstadt ist nicht zurückzudrehen. Und zur Wahrheit gehört eben auch: Viele alteingesessene Kaufmannsfamilien sind nicht nur Opfer der Verhältnisse geworden. Kinder oder Enkel haben gern die Gelegenheit genutzt, die immens wertvoll gewordenen Immobilien zu versilbern, statt wie die Eltern täglich bei sinkenden Umsätzen hinter der Ladentheke zu stehen. Wer will es ihnen verdenken?

Immerhin ist im konkreten Fall anscheinend eine Lösung gefunden, die zumindest der architektonischen Bedeutung des Overbeck-Hauses gerecht wird. Die Ankündigung des neuen Eigentümers, aus echter Begeisterung das Gebäude denkmalgerecht sanieren zu wollen, lässt hoffen. Es wäre schön, wenn neben dem Baedeker-Haus nicht eine zweite wichtige City-Immobilie zum Zankapfel zwischen Denkmalschützern und Eigentümern würde.

So oder so: Auf dem herrlichen 50er-Jahre-Balkon mit einem Stück Kuchen zu sitzen und auf das Gewimmel herabzublicken – das wird es nie mehr geben. Wie schade.