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Essener fährt beim härtesten Rennen der Welt

Essener fährt beim härtesten Rennen der Welt

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### Imported per Email (2010-06-10 18:17) ### From: d.nienhaus@derwesten.de Subject: RAAM Holger Röthig Content: (See attached file: 1R0020403.jpg)(See attached file: 1RAM_9249.jpg)(See attached file: 1RAM_9253.jpg)(See attached file: 1RAM_9297.jpg)(See attached file: 1RAM_9304.jpg)(See attached file: 1RAM_9335.jpg)(See attached file: 1RAM_9339.jpg)(See attached file: 1RAM_9341.jpg) Foto: privat
Vor zwei Jahren hat es der Essener Extremsportler Holger Röthig schon einmal probiert: Er wollte das härteste Rennen der Welt bestehen, quer durch Amerika. Auf dem Fahrrad. In zwölf Tagen. Jetzt versucht er es erneut.

Essen. 

Holger Röthig ist so ein Mann, wenn ihm eine Herausforderung begegnet, dann nimmt er sie an. Und nicht nur das: Er misst sich mit ihr – bis er der Sieger ist. Diesen sportlichen Kampfgeist hat er verinnerlicht – vielleicht schon seit seinem Studium an der Sporthochschule in Köln.

Seine Herausforderung heißt „Race across America“ und gilt als das härteste Rennen der Welt. 4835 Kilometer von der West- zur Ostküste der USA muss er mit seinem Rennrad in zwölf Tagen schaffen, sonst hat er verloren – und eine Teilnehmer-Urkunde gibt es hier nicht. Nicht bei einem Rennen, gegen das der Iron Man auf Hawaii ein Schweben auf Wolken ist. „Ich muss mir nichts beweisen, aber es ist einfach eine Herausforderung, die ich gerne annehme“, sagt der Essener überzeugt.

Schon vor zwei Jahren hat er sie angenommen und sich auf der harten Strecke versucht. Ein „Anfängerfehler“ habe ihn aber zum Aufgeben gezwungen. „Ich habe irgendwann nach täglich 20 Stunden im Sattel beschlossen, zu schlafen – mehr als zweieinhalb Stunden. Den Rückstand konnte ich nicht mehr rausholen“, sagt er heute, wirkt aber kein bisschen verbittert.

Es fehlen 700 Kilometer

Denn seit Mittwoch sitzt er wieder im Sattel, will er es erneut wissen – und besser machen. Ankommen ist das erklärte Ziel – im Durchschnitt fahre er dafür nicht schneller als eine „Hausfrau auf einer Fahrradtour“, circa 20 km/h. „Ich will die fehlenden 700 Kilometer ab West Virginia sehen – und das nicht als Urlauber“, sagt der 42-Jährige. Dass der Betreiber einer Event-Agentur dafür erneut 25 000 Euro in die Hand nehmen muss, nimmt er hin. „Das ist mein Sport, meine Leidenschaft.“ So. Ganz einfach.

Die Psyche war vor zwei Jahren sein Problem, nicht das Physische. „Körperlich bin ich nicht an meine Grenzen gestoßen, sonst würde ich es nicht noch einmal versuchen.“ Damit der Versuch diesmal erfolgreich endet, hat er sein Team aufgestockt, sich neue Formen für Motivation und Schlafintensität organisiert. Ein Impulsator soll ihm zum Beispiel helfen, über Audiowellen in kurzer Zeit den erholsamsten Schlafrhythmus zu finden. Getestet hat er das bereits im Vorfeld. Klappt. Aber eine Garantie ist das noch lange nicht, hart wird es trotzdem.

Das hat er bereits bei seinem ersten Versuch schmerzlich zu spüren bekommen. Mit einem speziellen Höhentraining hatte er sich auf die Anforderung vorbereitet, von unter Null auf 4000 Metern über dem Meeresspiegel – also von der Wüste rauf zu den Rocky Mountains – zu fahren. „Aber man kann die Hitze nicht simulieren. Da gelten eigene Gesetze“, sagt Röthig.

Auch der Cowboy-Trick – ein nasses Tuch vor den Mund binden – half nicht. Er litt an der Höhenkrankheit. Die Luge war in der Wüste zu trocken, die Luft in den Bergen zu dünn. Die Lippen wurden blau.

Was ist, wenn was passiert?

Doch das waren nicht die einzigen Leiden. Natürlich werden alle Kontaktflächen – Füße, Hände, Hintern – wund. Hinzu kommt die Erschöpfung. „Gerade in der Nacht sieht man nur die Scheinwerfer des Begleitwagens, das ist auch schon mal unheimlich“, sagt Röthig. Hinzu kommt der Gedanke: Was passiert, wenn was passiert? In denen endlosen Weiten der Landstraßen kann das Handy lange nach Empfang suchen.

Aber Röthig versucht es locker zu sehen. „Ich habe zwei ausgebildete Rettungsassistenten in meinem Team“, sagt er und fügt zuversichtlich lächelnd hinzu: „Außerdem: Die ersten Siedler haben die Strecken mit Planwagen und zu Fuß geschafft, da schaffe ich das auch mit dem Fahrrad.“

Keine Zeit für Kuschelrock

Doch die Siedler kamen wenigstens zu mehreren. Holger Röthig ist die meiste Zeit allein, die anderen Fahrer sieht er nach dem Start in der Regel nicht mehr. Da ist es gut, dass sein Begleitwagen Lautsprecher auf dem Dach hat. So können sie ihn zum einen motivieren und ihn zum anderen mit Musik versorgen. So schallt es dann in die Stille der Valleys hinein. Highway to hell? Enter Sandman? Ob AC/DC, Metallica oder die Toten Hosen – „hauptsache die härtere Gangart, ich will ja nicht einschlafen“, erklärt Röthig seine Musikauswahl.

Also bloß kein Kuschelrock. Für ruhige Minuten hat Holger Röthig nun wirklich keine Zeit.